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Ulrike Schweikert – Das Jahr der Verschwörer

AutorUlrike Schweikert
TitelDas Jahr der Verschwörer
SerieJos und Sara Band 1
Seitenzahl350
VerlagKnaur
ISBN978-3-426-63357-1
Bewertung

Inhalt
Schwäbisch Hall, 1450: Der 15-jährige Jos ist entsetzt, als er eines Tages die Leiche seines Freundes Stefan im Fluss findet. Stefan galt eigentlich als guter Schwimmer, dennoch wird von einem Unfall ausgegangen. Einzig die Henkerstochter Rebecca bemerkt, dass es sich um Mord handeln könnte. Doch warum sollte jemand Stefan umbringen wollen?
Zusammen mit Rebecca, seiner Freundin Sara, die als Magd arbeitet, und der Hinke-Anna, einem Bettelkind, versucht Jos, den Mord an seinem Freund aufzuklären. Dabei stößt er auf weitere merkwürdige Begebenheiten, die sich in Hall und der Umgebung ereignen. Gibt es vielleicht einen Zusammenhang?

Meine Meinung
Das Jahr der Verschwörer ist ein historischer Krimi, der sich vorwiegend an Jugendliche richtet. Dies wird nicht nur durch das Alter der Protagonisten, sondern auch durch die Art und Weise, wie die Geschichte erzählt ist, deutlich. Doch auch als Erwachsener kann man sich mit diesem Krimi gut unterhalten lassen.
Die Hauptpersonen sind überwiegend um 15 Jahre alt und müssen Vollzeit arbeiten, um sich selbst und zum Teil auch ihre Familie zu ernähren. Zeit für Müßiggang gibt es wenig. Auch die Ermittlungen bleiben deshalb gelegentlich auf der Strecke, denn eine sichere Arbeitsstelle geht nun einmal vor, und vage Vermutungen, denen sonst niemand Beachtung schenkt, sind da einfach Nebensache. Und so dauert es mehrere Wochen, bis die Geschichte richtig Fahrt aufnimmt. Da Zeitangaben aber fast völlig fehlen, kam es mir beim Lesen gar nicht mal so lange vor, auf die Tage und Wochen zwischen den einzelnen Ergebnissen der Ermittlungen wird nämlich nicht weiter eingegangen. Da muss man schon genau lesen, um die zeitlichen Abstände besser einschätzen zu können.
Hintergrundinformationen werden geschickt und leicht verständlich eingeflochten. So findet man hier sowohl ein paar politische Hintergrundinformationen zur Stadt Hall und dem Städtekrieg als auch Informationen über die Arbeit des Salzsieders. Ebenso werden der Status des Henkers und seiner Familie sowie die Probleme, die sich dadurch ergeben, genauer beleuchtet. Dabei sind die Hintergrundinformationen nie überladen oder zu kompliziert dargestellt.
Die Charaktere selbst verhalten sich so, dass sie in ihre Zeit passen, und fallen nicht durch allzu moderne Ansichten aus dem Rahmen. Und so sind die Einstellungen, wie wir heute als scheinheilig ansehen würden, für sie einfach Alltag und völlig normal. Zwar scheint Rebecca hier ein wenig gegen ihre Rolle als Henkerstochter aufzubegehren, und auch Jos erkennt, wie unsinnig manche Regelungen sind, doch sind dies einfach normale Entwicklungen, die sich im Verlauf des Romans ergeben und entstammen nicht modernen Vorstellungen.
Eine Liebesgeschichte darf auch in diesem Roman nicht fehlen. Hier wird auch noch einmal deutlich, welches die Zielgruppe des Krimis ist, denn die Liebesgeschichte ist absolut jugendfrei beschrieben, es geht um die erwachende Sexualität von Jugendlichen, die sich immer bewusst sind, wer sie sind und was von ihnen erwartet wird.
Die Handlung selbst ist zunächst wenig überraschend, schon früh konnte ich mir vorstellen, wie es weitergehen könnte. Dennoch weist der Krimi mit einigen interessanten Wendungen auf, auch entwickeln sich einzelne Personen durch ihre Erlebnisse weiter. Eine detaillierte Charakterbeschreibung der meisten Personen bleibt jedoch aus, dazu ist der Roman einfach zu dünn geraten. Einige Wendungen waren mir dagegen dann doch zu abenteuerlich. Das Ende selbst hätte ich so nicht erwartet, doch ist es insgesamt stimmig und auch glaubwürdig.

Fazit
Für mich hätten es gerne 100 Seiten mehr sein können, in denen die Charaktere und die Hintergrundinformation besser ausgebaut hätten werden können, doch auch so weiß dieser Krimi gut zu unterhalten. Wer gerne historische Krimis liest, die nicht ins Kitschige abdriften, darf hier genauer hinschauen.

Andrea Schacht – Die Lauscherin im Beichtstuhl

AutorAndrea Schacht
TitelDie Lauscherin im Beichtstuhl
Seitenzahl478
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-36263-9
Bewertung

Inhalt
Kloster Knechtsteden, 1502: Mirza ist eine dreifarbige Katze, die bisher bei der alten Moen gelebt hat. Doch kurz nach deren Tod wird sie von dem Gärtner Meiko aufgegriffen und ins nahegelegene Kloster gebracht, wo sie die Bibliothek vor Mäusen schützen soll. Mit dem Bibliothekar Pater Melvinius versteht Mirza sich ausgezeichnet, doch Meiko ist ihr ein Rätsel, da er mehr zu sein scheint, als er vorgibt.
Doch nicht nur er scheint ein Geheimnis mit sich herumzutragen, auch Meister Clemens, ein Maler, der mit der Ausschmückung der Basilika beauftragt wurde, legt ein merkwürdiges Verhalten an den Tag…

Meine Meinung
Bei diesem Roman handelt es sich um einen historischen Fantasyroman mit Krimi-Elementen, der aus Sicht einer Katze beschrieben wird, die auch die Hauptrolle spielt und wesentlich zur Handlung beiträgt. Man sollte also keinen allzu ernsten Roman erwarten, aus dem man viel über vergangene Zeiten lernen kann. Schließlich ist die Erzählerin eine Katze, die sich einfach nur mit ihrem Umfeld beschäftigt. Und so dient das 16. Jahrhundert hauptsächlich als Kulisse, nur durch wenige Gespräche zwischen den Menschen erhält man eine geschichtliche Einordnung.
Mirza ist eine noch nicht allzu alte Katze, die sehr neugierig ist und gerne Rätsel löst. Sie kann die Sprache der Menschen verstehen, auch wenn sie nicht immer alle Zusammenhänge erkennt, schließlich legen sich die Menschen mit ihren Regeln selbst Steine in den Weg. Und so erfährt sie nach und nach, wozu Geld dient und was Sünde ist. Auf eher ironische Weise werden Verhaltensmuster der Menschen aus kätzischer Sicht beschrieben, während Mirza selbst eher der Natur folgt und so ein wenig über den Katzenalltag plaudert, über Rolligkeit, tägliche Routen, Reviermarkierungen und Gefahren, wie sie für Katzen allgegenwärtig sind. Auch über die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen der Mäuse aus Kräutergarten, Apfelscheune und Bibliothek wird berichtet. Obwohl die Beschreibungen aus dem Katzenalltag recht nett beschrieben sind und ich gelegentlich schmunzeln musste, war es mir dann manchmal zu viel, auch durch diverse Wiederholungen.
Zu Beginn verhält sich Mirza also durchaus so, wie man sich das Leben einer normalen Katze vorstellt. Im späteren Verlauf weicht sie jedoch nach und nach davon ab und verhält sich zunehmend menschlicher, sie mischt sich in die Belange der Menschen ein und versucht, deren Probleme zu lösen. Die Darstellung finde ich durchaus gelungen, für einen Fantasyroman ist es auch durchaus passend.
Schon etwa ab der Mitte des Romans wird ein weiterer Fantasyaspekt hinzugefügt, der nach und nach mehr Raum einnimmt und mir gegen Ende dann doch etwas zu viel war.
Einen echten historischen Krimi darf man hier nicht erwarten, da viele der Rätsel schon recht bald zumindest im Ansatz geklärt werden, auch wenn die große Auflösung natürlich am Ende erfolgt. Die paar wirklichen Straftaten, die hier begangen werden, sind aber schon zu Beginn gelöst, da Mirza anwesend ist, als sie begangen oder geplant werden. Spannend finde ich den Roman trotzdem, schließlich wollte ich wissen, welche Geheimnisse die einzelnen Personen umgeben und wie die Menschen die Dinge auffassen, die Mirza schon lange weiß.

Fazit
Ein Katzenroman vor historischer Kulisse, der recht gut unterhält und auf humorvolle Weise geschrieben ist. Wer diese Art von Katzenromanen mag, könnte durchaus seine Freude an diesem Roman haben.

Derek Meister – Rungholts Ehre

AutorDerek Meister
TitelRungholts Ehre
SerieRungholt Band 1
Seitenzahl544
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-37484-7
Bewertung

Inhalt
Lübeck, 1390: Der fünfzehnjährige Daniel ist Lehrling bei dem Händler und Ratsmitglied Rungholt und in dessen jüngste Tochter Mirke verliebt. Die erwidert seine Liebe, doch soll sie in wenigen Tagen mit Attendorn, einem wohlhabenden Händler und ehemaligen Bürgermeister der Stadt, verlobt werden.
Bei einem ihrer heimlichen Treffen stoßen Daniel und Mirke auf eine Leiche, die in der Trave treibt – ausgerechnet mit diesem Mann ist Daniel am Vorabend vor Zeugen aneinander geraten! Und so entschließt er sich, sein Heil in der Flucht zu suchen, wird aber sofort als Täter festgesetzt.
Um die Ehre seines Hauses wiederherzustellen, mischt sich Rungholt in die Ermittlungen ein, doch erweist sich dies als schwieriger als angenommen…

Meine Meinung
Bei diesem ersten Band einer Reihe handelt es sich um einen typischen Mitelalterkrimi. Neben dem Mordfall, der das direkte Umfeld des Ermittlers betrifft, spielen auch persönliche Dinge mit in die Handlung des Romans hinein. Dies sind in diesem Fall die Vorbereitungen für die Verlobungsfeier, die Umgestaltung des Hauses sowie einfach Zahnschmerzen des Protagonisten, aber auch Einblicke in seine Vergangenheit, die nicht direkt mit der Ermittlung zu tun haben, füllen die Seiten. Dies führt zu einer eher gemächlichen Ermittlungsarbeit – an einigen Stellen sogar zu gemächlich für mein Empfinden, steht Rungholt doch unter starkem Zeitdruck.
Zudem finde ich es unverständlich, dass die Vorbereitungen für die Verlobung einfach so weiter verlaufen, wenn ein Mitglied des Haushalts, noch dazu jemand, der in Rungholts Augen der Braut nahesteht wie ein Bruder, kurz vor der Hinrichtung steht. Ich hätte eher erwartet, dass eine Verschiebung zumindest in Erwägung gezogen wird, stattdessen wird einfach so getan, als wäre nichts passiert.
Rungholt ist zudem nicht unbedingt der Mensch, den man sich in der Rolle des Ermittlers vorstellt. Mit knapp fünfzig Jahren und etwa drei Zentnern Gewicht ist er kaum in der Lage, körperliche Anstrengungen zu bewältigen, zudem ist er kurzsichtig und verlegt regelmäßig seine Brille. Auch seine Persönlichkeit kann dies nicht ausgleichen, er ist aufbrausend und wird schnell handgreiflich, wenn etwas nicht nach seinem Willen geschieht. Ereignisse in seiner Vergangenheit haben ihn stark geprägt und beeinflussen ihn noch immer. Andererseits verfügt er über einen wachen Verstand sowie Vorwissen über Verhörmethoden, welches er ebenfalls in seiner Vergangenheit erworben hat. Auf die Vergangenheit wird nur andeutungsweise eingegangen, man erhält eine grobe Vorstellung darüber, was er erlebt haben könnte, doch aufgeklärt werden die Ereignisse nicht.
Die Krimihandlung ist relativ spannend beschrieben. Zwar bekommt man als Leser recht bald einen möglichen Täter präsentiert und weiß in dem Moment mehr als Rungholt, die Motive jedoch bleiben sehr lange unklar, zudem gibt es immer wieder interessante Wendungen. Andererseits gibt es gelegentlich Logiklöcher. So halte ich es für unwahrscheinlich, dass ein Händler aus Lübeck einen anderen, der zudem Ratsmitglied ist, nicht zumindest einmal gesehen hat. Selbst bei etwa 19.000 Einwohnern, die zu diesem Zeitpunkt in Lübeck gewohnt haben dürften, sollten Gildebrüder einander oberflächlich kennen.
Größtenteils ist der Roman in Hochdeutsch gehalten, nur gelegentlich wird Dialekt eingebunden. Einer der Freunde Rungholts wirft auch gerne mit lateinischen Sprichwörtern um sich. Ein Glossar hilft bei der Übersetzung, meist habe ich allerdings diese Sätze einfach ignoriert.

Fazit
Ein unterhaltsamer Krimi, der in seiner Handlung aber nicht immer schlüssig ist.

Wolf Serno – Hexenkammer

AutorWolf Serno
TitelHexenkammer
Seitenzahl350
VerlagKnaur
ISBN978-3-426-62953-6
Bewertung

Inhalt
Kirchrode im 16. Jahrhundert: Die junge Kräuterfrau Freyja wird als Hexe angeklagt und soll peinlich befragt werden, doch diagnostiziert der Alchimist Lapidius, der als medizinischer Berater hinzugezogen wird, bei ihr eine Syphilis. Lapidius setzt durch, dass er sie behandeln darf und die Folter so lange ausgesetzt wird.
Während die junge Frau in der Hitzkammer eingeschlossen und einer Quecksilberbehandlung ausgesetzt ist, ermittelt der Alchimist und versucht, die Beschuldigungen zu widerlegen und Freyjas Namen reinzuwaschen. Doch dann geschehen einige Morde, und Lapidius wird immer tiefer in die Geschehnisse verstrickt.

Meine Meinung
Wolf Sernos Erzähltempo ist sehr gemächlich. Es gibt nicht sehr viele hektische oder sehr spannende Szenen, doch ist das für einen historischen Krimi genau richtig, schließlich handelt es sich bei Lapidius nicht um einen Vollzeitermittler, sondern um einen Laien ohne Erfahrung auf diesem Gebiet. In der Regel war ich Lapidius gedanklich schon einen Schritt voraus und hätte ihn auch gerne mal auf den richtigen Weg gebracht. Die Geschichte fand ich von Beginn an schlüssig, doch große Überraschungen habe ich nicht erlebt.
Neu für mich war, dass es schon so früh erste und zum Teil erfolgreiche Behandlungsmethoden (wenn auch mit schwerwiegenden Nebenwirkungen) gegen die Syphilis gab, ist diese doch nur etwa 50 Jahre zuvor erstmals aufgetreten, deshalb war dieser medizinische Teil für mich sehr interessant. Nicht neu war dagegen, wie schnell es doch passieren konnte, dass jemand als Hexe angeklagt wird, doch ist dies hier verständlich und nicht übertrieben dargestellt.
Mit einigen Charakteren bin ich nicht besonders gut warm geworden. Lapidius scheint überheblich und herablassend in seiner Gelehrsamkeit, allerdings erfährt man so nach und nach, wie er zu dem geworden ist, was er heute ist, und man kann ihn gegen Ende besser verstehen. Marthe hat mich in ihrer Art einfach nur genervt, sie ist zwar fürsorglich, übertreibt es aber. Freyja dagegen, die ja gezwungenermaßen über einen Großteil des Romans eher passiv vorhanden ist, hat mir gefallen, denn sie ist keine einfache Person und spricht, wie es ihr gefällt, und macht deutlich, was sie von der Behandlung hält.
Ein besonderes Merkmal dieses historischen Krimis ist, dass Serno einige seiner Charaktere ihrer Bildung entsprechend reden lässt. So spricht die Magd Marthe ausschließlich umgangssprachlich, während Lapidius als studierter Mann reinstes Hochdeutsch, gelegentlich gespickt mit ein wenig Latein, spricht. Dies mag mir nicht wirklich gefallen, da es in meinen Augen einfach inkonsequent durchgeführt wurde. Viel mehr Personen aus Kirchrode müssten wohl mehr oder weniger umgangssprachlich reden, denn die meisten, mit denen Lapidius ins Gespräch kommt, werden kaum schulische Bildung genossen haben und ähnlich gebildet oder ungebildet sein wir die Magd Marthe. Insbesondere Freyja selbst, die als fahrende Händlerin wohl kaum eine Schule besucht hat, ist mir hier aufgefallen, denn sie verwendet nur wenige umgangssprachliche Ausdrücke.

Anmerkung
Der historische Krimi ist als Hardcover schon unter dem Titel Die Hitzkammer erschienen.

Fazit
Alles in Allem ein solider historischer Krimi, nicht unbedingt ein Höhepunkt im Genre, dabei aber trotzdem unterhaltsam.

Elizabeth Redfern – Der Fluch der Sterne

AutorElizabeth Redfern
TitelDer Fluch der Sterne
OriginaltitelThe Music of the Spheres
ÜbersetzerMarion Sohns
Seitenzahl573
VerlagBLT
ISBN3-404-92140-2
Bewertung

Inhalt
London 1795: England liegt im Krieg mit Frankreich, doch viele Franzosen, Flüchtlinge vor der französischen Revolution, befinden sich im Land.
Jonathan Absey arbeitet tagsüber im Ministerium für innere Sicherheit, zu dessen Aufgaben es gehört, französische Spionagetätigkeit zu verhindern. In seiner Freizeit aber sucht Absey nach dem Mörder seiner Tochter.
Plötzlich werden kurz nacheinander mehrere rothaarige Frauen ermordet aufgefunden, die Taten weisen Parallelen mit dem Mord an Abseys Tochter auf. Kurz vor ihrem Tod wurden die jungen Frauen in Begleitung eines verwirrt wirkenden Franzosen gesehen, der von Sternen geredet und mit französischem Gold für die Dienste der Damen bezahlt haben soll. Dabei soll auch mehrfach der Name Selene gefallen sein…

Meine Meinung
Dieser Krimi spielt zu einer Zeit in England, über die ich bisher sehr wenig weiß. Die Erklärungen zur Politik im Roman selbst sind spärlich gesät, und so ist es mir nicht immer leicht gefallen, die Rahmenhandlung nachzuvollziehen. Ein Nachwort hilft ein wenig, die Zusammenhänge im Nachhinein zu verstehen, doch habe ich während des Lesens nicht immer nach hinten blättern wollen, um nicht gespoilert zu werden. Und so habe ich mich ausnahmsweise fast ausschließlich auf die Kriminalgeschichte konzentriert und die Rahmenhandlung überlesen.
Absey ist kein besonders sympathischer Charakter, er hat seine Frau vergrault, auch seinem Halbbruder gegenüber verhält er sich nicht besonders zuvorkommend. Er ist einfach in seine Arbeit verbissen und von dem Mord an seiner Tochter besessen, dabei aber scheinbar nicht besonders charakterstark. Dies macht ihn zwar auch menschlich, ich hätte ihn aber so manches Mal schütteln können für seine Taten.
Aber auch Jonathans Halbbruder Alexander, ehemaliger Navigator und Astronom, den Jonathan als Berater und Spion hinzuzieht, hat seine Schwächen, was ihn über seine bloße Funktion als Informationslieferant heraushebt. Durch ihn erfährt man zusammen mit seinem Bruder so einiges über Astronomie, über die Theorie eines weiteren Planeten und diverse andere Dinge, die noch völlig neu für mich waren, während des Romans aber gut verständlich erklärt wurden.
Die Krimihandlung selbst ist interessant, allerdings geht es weniger um die Frage, wer denn der verwirrt wirkende Franzose sein könnte, sondern eben um den Grund für die Morde. Dabei spielen Sterne und „Selene“ eine größere Rolle. Abseys Ermittlungen werden hier logisch dargestellt, ich als Leserin war meist nicht wesentlich näher an der Lösung dran als Absey selbst, dabei wird weitestgehend auf falsche Fährten, wie sie einem häufig in anderen historischen Krimis aufgedrängt werden, verzichtet. Da die Handlung aber mit den politischen Ereignissen verknüpft ist, ich hier aber leider nicht immer durchgestiegen bin, wer jetzt auf welcher Seite im Krieg steht, war dies für mich ein wenig verwirrend. Das Ende hat mir leider nicht ganz so sehr gefallen, ist aber durchaus stimmig und passt zum Gesamtbild des Krimis.
Die verwendete Sprache ist eher nüchtern, dies passt aber sehr gut zum beschriebenen Milieu. Dinge werden beim Namen genannt und nicht beschönigt. In den Gassen wird der Dreck und die Ratten beschrieben, dunkle Gestalten erwähnt. London wird dadurch richtig lebendig.

Fazit
Dieser historische Krimi hat mich ein wenig ratlos zurückgelassen. Einerseits sind die diversen Beschreibungen sehr interessant, andererseits sind mir die Charaktere größtenteils nicht sonderlich sympathisch und die Handlung ein wenig verwirrend. Wer gerne historische Krimis liest und sich für diese Zeit interessiert kann hier durchaus einen Blick riskieren.