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Katherine Allfrey – Das Haus am Deich

AutorKatherine Allfrey
TitelDas Haus am Deich
Seitenzahl157
Verlagdtv Junior
ISBN978-3-423-70294-2
Bewertung

Inhalt
England zu Beginn des 19. Jahrhunderts: Die fünfzehnjährige Betsy Anne verlässt ihr ärmliches Elternhaus in Bristol, um künftig im Haus ihres Onkels und ihrer Tante zu leben. Wie eine eigene Tochter soll sie aufgenommen werden, mit allem, was dazu gehört.
Doch Tante Emma scheint das Mädchen gar nicht im Haus haben zu wollen und gibt sich große Mühe, sie zu vergraulen, aber Betsy Anne lässt sich nicht unterkriegen, denn dafür fühlt sie sich am Severn viel zu wohl.
Schon bald zeigt sich, dass nicht alles so ist, wie es scheint, denn nachts passieren manchmal merkwürdige Dinge.

Meine Meinung
Als ich dieses Jugendbuch vor vielen Jahren geschenkt bekommen habe, hat es mich eher weniger interessiert, habe ich doch zu dem Zeitpunkt schon meist wesentlich umfangreicherer Romane gelesen. Und so habe ich dieses Buch nach dem Lesen auch bald wieder vergessen. Neulich ist es mir wieder in die Hände gefallen, und weil ich mich so gar nicht mehr daran erinnern konnte, habe ich es mir nochmal genauer angeschaut.
Die Geschichte selbst ist sehr interessant. Geht es zunächst um das Einleben im „Schiefen Wind“, dem Haus am Deich, werden so nach und nach Fragen aufgeworfen, die dann auf den ersten zwei Dritteln doch wieder zugunsten des Alltags in den Hintergrund gedrängt werden. Somit liegt der Schwerpunkt dieses Romans schon sehr auf der Beschreibung des Lebens im frühen 19. Jahrhundert und weniger auf den geheimnisvollen Vorgängen.
Dass die Geschichte hier als Jugendbuch angelegt ist und nur wenige Seiten umfasst, ist dabei allerdings von Nachteil, denn dadurch werden viele Dinge nur oberflächlich angesprochen. Das Ende kommt zwar nicht völlig unerwartet, ist aber auch nicht vollständig stimmig, es kommt sehr abrupt und die Auflösung vieler Fragen erfolgt im Epilog, quasi im Nachschlag, statt im eigentlichen Romanteil. Gerne hätten einzelne Szenen deutlicher ausgebaut sein dürfen.
Auch die Charakterdarstellung leidet ein wenig unter der Kürze, denn für eine ausführliche Entwicklung ist nicht allzu viel Raum vorhanden. Es reicht aber aus, um zu erkennen, dass die Charaktere durchaus glaubwürdig, wenn auch recht einseitig, beschrieben sind.
Die Hauptperson und Identifikationsfigur ist hier die rothaarige Betsy Anne, ein Mädchen, das über die Monate erwachsen wird und lernt, die wichtigen Dinge von den unwichtigen zu trennen. Trotz ihrer schlagfertigen und leicht wilden Art ist sie ein Kind ihrer Zeit, kennt sich mit den Tätigkeiten im Haushalt aus und versucht nicht, aus ihrer Rolle auszubrechen.
Ihr Onkel Joe, ein wortkarger, aber liebenswerter Zeitgenosse, unterstützt das Mädchen, wo er nur kann, und versucht sein Versprechen, ihr ein Zuhause zu bieten, einzuhalten. Emma Ridley ist das ganze Gegenteil von ihm, schnell wird klar, dass sie etwas zu verbergen hat. Weitere wichtige Personen sind der alte Seebär Old Oliver, der mit der eingeschüchterten Haushälterin Mary Gibbs im Kapellenhaus wohnt, Tom, der Joe zur Hand geht, und der tolle Andy, ein Draufgänger, der Betsy Anne schnell gegen sich aufbringt.
Man merkt, dass die deutsche Autorin Katherine Allfrey lange Zeit im englischsprachigen Ausland gelebt hat, denn einige Satzkonstruktionen stammen aus dem englischen Sprachgebrauch und sind im Deutschen so nicht üblich, weshalb ich zunächst von einer schlechten Übersetzung ausgegangen bin. Sprachlich ist wenig davon zu merken, dass dieser Roman für jüngere Leser geschrieben wurde, abgesehen davon, dass einige wenige Begriffe in Fußnoten erklärt werden. Für ältere Kinder oder Jugendliche ist das Buch daher gut zu lesen, für jüngere ist es schon alleine aufgrund der doch sehr kleinen Schrift eher weniger geeignet. Eine genaue Altersempfehlung ist im Buch allerdings nicht zu finden.
Besonders negativ fällt wieder einmal der Klappentext ins Auge. Nicht nur ist der Name der Hauptperson falsch geschrieben, auch werden hier Informationen vorweggenommen und Teile des Inhalts falsch dargestellt, weshalb man ihn möglichst nicht beachten sollte.

Fazit
Die Geschichte ist recht interessant und bietet einen spannenden Einblick in das Leben im frühen neunzehnten Jahrhundert. Als Einstieg in die historischen Romane oder als kleiner Happen zwischendurch ist dieses ältere Jugendbuch einen Blick wert.

Ulrike Schweikert – Das Jahr der Verschwörer

AutorUlrike Schweikert
TitelDas Jahr der Verschwörer
SerieJos und Sara Band 1
Seitenzahl350
VerlagKnaur
ISBN978-3-426-63357-1
Bewertung

Inhalt
Schwäbisch Hall, 1450: Der 15-jährige Jos ist entsetzt, als er eines Tages die Leiche seines Freundes Stefan im Fluss findet. Stefan galt eigentlich als guter Schwimmer, dennoch wird von einem Unfall ausgegangen. Einzig die Henkerstochter Rebecca bemerkt, dass es sich um Mord handeln könnte. Doch warum sollte jemand Stefan umbringen wollen?
Zusammen mit Rebecca, seiner Freundin Sara, die als Magd arbeitet, und der Hinke-Anna, einem Bettelkind, versucht Jos, den Mord an seinem Freund aufzuklären. Dabei stößt er auf weitere merkwürdige Begebenheiten, die sich in Hall und der Umgebung ereignen. Gibt es vielleicht einen Zusammenhang?

Meine Meinung
Das Jahr der Verschwörer ist ein historischer Krimi, der sich vorwiegend an Jugendliche richtet. Dies wird nicht nur durch das Alter der Protagonisten, sondern auch durch die Art und Weise, wie die Geschichte erzählt ist, deutlich. Doch auch als Erwachsener kann man sich mit diesem Krimi gut unterhalten lassen.
Die Hauptpersonen sind überwiegend um 15 Jahre alt und müssen Vollzeit arbeiten, um sich selbst und zum Teil auch ihre Familie zu ernähren. Zeit für Müßiggang gibt es wenig. Auch die Ermittlungen bleiben deshalb gelegentlich auf der Strecke, denn eine sichere Arbeitsstelle geht nun einmal vor, und vage Vermutungen, denen sonst niemand Beachtung schenkt, sind da einfach Nebensache. Und so dauert es mehrere Wochen, bis die Geschichte richtig Fahrt aufnimmt. Da Zeitangaben aber fast völlig fehlen, kam es mir beim Lesen gar nicht mal so lange vor, auf die Tage und Wochen zwischen den einzelnen Ergebnissen der Ermittlungen wird nämlich nicht weiter eingegangen. Da muss man schon genau lesen, um die zeitlichen Abstände besser einschätzen zu können.
Hintergrundinformationen werden geschickt und leicht verständlich eingeflochten. So findet man hier sowohl ein paar politische Hintergrundinformationen zur Stadt Hall und dem Städtekrieg als auch Informationen über die Arbeit des Salzsieders. Ebenso werden der Status des Henkers und seiner Familie sowie die Probleme, die sich dadurch ergeben, genauer beleuchtet. Dabei sind die Hintergrundinformationen nie überladen oder zu kompliziert dargestellt.
Die Charaktere selbst verhalten sich so, dass sie in ihre Zeit passen, und fallen nicht durch allzu moderne Ansichten aus dem Rahmen. Und so sind die Einstellungen, wie wir heute als scheinheilig ansehen würden, für sie einfach Alltag und völlig normal. Zwar scheint Rebecca hier ein wenig gegen ihre Rolle als Henkerstochter aufzubegehren, und auch Jos erkennt, wie unsinnig manche Regelungen sind, doch sind dies einfach normale Entwicklungen, die sich im Verlauf des Romans ergeben und entstammen nicht modernen Vorstellungen.
Eine Liebesgeschichte darf auch in diesem Roman nicht fehlen. Hier wird auch noch einmal deutlich, welches die Zielgruppe des Krimis ist, denn die Liebesgeschichte ist absolut jugendfrei beschrieben, es geht um die erwachende Sexualität von Jugendlichen, die sich immer bewusst sind, wer sie sind und was von ihnen erwartet wird.
Die Handlung selbst ist zunächst wenig überraschend, schon früh konnte ich mir vorstellen, wie es weitergehen könnte. Dennoch weist der Krimi mit einigen interessanten Wendungen auf, auch entwickeln sich einzelne Personen durch ihre Erlebnisse weiter. Eine detaillierte Charakterbeschreibung der meisten Personen bleibt jedoch aus, dazu ist der Roman einfach zu dünn geraten. Einige Wendungen waren mir dagegen dann doch zu abenteuerlich. Das Ende selbst hätte ich so nicht erwartet, doch ist es insgesamt stimmig und auch glaubwürdig.

Fazit
Für mich hätten es gerne 100 Seiten mehr sein können, in denen die Charaktere und die Hintergrundinformation besser ausgebaut hätten werden können, doch auch so weiß dieser Krimi gut zu unterhalten. Wer gerne historische Krimis liest, die nicht ins Kitschige abdriften, darf hier genauer hinschauen.