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Alys Clare – Sei geweiht der Hölle

AutorAlys Clare
TitelSei geweiht der Hölle
OriginaltitelFortune Like the Moon
ÜbersetzerAna Maria Brock
SerieHawkenlye-Mysteries Band 1
Seitenzahl284
VerlagAufbau
ISBN978-3-746-62127-2
Bewertung

Inhalt
England, 1189: Kurz vor seiner Krönung erlässt König Richard eine Generalamnestie für alle Gefängnisinsassen Englands, um seine künftigen Untertanen für sich einzunehmen.
Doch kurz darauf wird ausgerechnet eine Nonne tot aufgefunden, und diese Gewalttat wird entlassenen Mördern und somit dem König angelastet.
Um nun einer Welle der Angst entgegenzuwirken entsendet Richard seinen Ritter Josse d‘ Acquin zur Abtei Hawkenlye, um der Sache auf den Grund zu gehen. Josse, halber Engländer und mit der Gegend halbwegs vertraut, nimmt sich der Aufgabe gewissenhaft an und findet in der Äbtissin Helewise eine unerwartete Partnerin bei der Aufklärung des Verbrechens.
Schon bald erkennen die beiden einige Ungereimtheiten – hinter dem Mord scheint mehr zu stecken, als es zunächst den Anschein hat…

Meine Meinung
Oft kann ich wenig mit historischen Krimis anfangen, weil sie zu sehr auf den Zufall bauen, einfach unglaubwürdig sind, die ganze Ermittlung einfach sehr langatmig beschrieben wird oder der Krimi nur als Vorwand für eine Liebesgeschichte dient, weshalb ich eher selten Bücher aus diesem Genre kaufe – oft gelangen sie über Umwege zu mir, so auch in diesem Fall. Glücklicherweise handelt es sich um den ersten Band einer Reihe, die ganze siebzehn Bände umfasst.
Die Autorin Elizabeth Harris, die hier unter dem Pseudonym Alys Clare schreibt, ist inzwischen kein unbeschriebenes Blatt mehr, denn inzwischen hat sie rund vierzig Romane geschrieben. Dennoch war sie mir bisher völlig unbekannt.
Der historische Hintergrund rund um die Krönung König Richards ist hier hinreichend beschrieben, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wieso dem König oder besser gesagt dessen Mutter Eleanor so sehr an der Aufklärung dieses Falles gelegen ist. Für die weitere Handlung des Krimis und die Aufklärung des Mordes ist dies allerdings weitestgehend irrelevant. Dennoch vermag es die Autorin, ein gutes Gefühl für die Zeit an sich zu vermitteln, immer wieder fließen nebenbei Beschreibungen über die Städte oder Güter mit ein, man erfährt, wie die Menschen leben oder denken, so dass die Atmosphäre dieser Zeit gut übertragen wird. Auch wenn die Abtei Hawkenlye selbst fiktiv ist, kann man sie sich sehr gut vorstellen.
Josse d’Acquin ist eher zufällig an diesen Fall geraten, eigentlich bringt er keine besondere Qualifikation mit sich, die ihn für solche Arbeiten besonders befähigen. Er ist Ritter, war in seinen etwa dreißig Lebensjahren jedoch oft genug im Krieg, um den Kampf nicht zu suchen. In seiner Heimat wird er nicht gebraucht, und so hat er keinen Ort, den er als sein Zuhause betrachtet.
Äbtissin Helewise dagegen ist 37 Jahre alt und nach dem Tod ihres Mannes in das Kloster eingetreten. Sie ist auch nach vier Jahren im Amt noch sehr weltlich eingestellt, muss sie doch auch über das Wohl ihrer Schützlinge wachen.
Beide verfügen über einen wachen Verstand, so dass sie bald erkennen, dass es sich hier nicht um das Verbrechen handelt, nach dem es im ersten Moment aussieht.
Beide Hauptcharaktere sind sehr menschlich gezeichnet. Sie haben ihre Fehler, eine Vergangenheit, die sie mit sich tragen, und selbst wenn darüber in diesem Band nicht allzu viel durchdringt, so ist doch deutlich zu spüren, dass sich die Autorin hier Gedanken über die Vorgeschichte ihrer Figuren gemacht hat.
Andere Charaktere dagegen werden nicht so deutlich beschrieben, doch auch diese kann man kaum als Stereotype bezeichnen.
Historische Krimis zeichnen sich oft dadurch aus, dass die Ermittler in der Regel Laien sind und somit über wenig oder gar kein kriminalistisches Vorwissen verfügen, wodurch die Ermittlungen oft schleppend vorangehen. Dies ist auch hier der Fall. Die meiste Ermittlungsarbeit fällt Josse zu, der von einem Ort zum nächsten reitet, Menschen befragt, wieder zurück reist, sich wieder umhört, und am nächsten Tag dasselbe Spiel. Dabei legt er Strecken zurück, bei denen ich mir nur schwer vorstellen kann, dass ein Pferd sie an einem Tag bewältigen kann.
Der Fall selbst ist schon eher ungewöhnlich, und ohne zu viel zu verraten kann ich sagen, dass auch die Auflösung eher unerwartet war.
Der Schreibstil ist ansprechend. Er ist nicht kompliziert, der Inhalt wird leicht verständlich vermittelt, und auch dem einen oder anderen Schachtelsatz kann man gut folgen.
Auf Zusatzmaterial muss man hier leider verzichten, jedoch ist solches auch kaum notwendig. Eine Karte wäre vielleicht schön gewesen, ebenso ein kleines Nachwort, doch wirklich vermisst habe ich diese Dinge nicht.

Fazit
Mit Sei geweiht der Hölle erfindet Alys Clare den historischen Krimi sicher nicht neu. Die Auflösung kann dennoch überraschen, die Umsetzung ist weitestgehend logisch und die Charakterzeichnung überzeugt, so dass ich hier gerne eine vorsichtige Empfehlung aussprechen möchte.

Ursula Neeb – Die Rache der Hurenkönigin

Autor Ursula Neeb
Titel Die Rache der Hurenkönigin
Serie Die Hurenkönigin ermittelt Band 4
Seitenzahl 349
Verlag Ullstein
ISBN 978-3-548-28603-7
Bewertung

Inhalt
Frankfurt zur Herbstmesse 1522: Zehn Jahre nach den letzten Mordfällen, in die die Hurenkönigin Ursel Zimmer involviert war, wird eine junge Frau brutal ermordet und wie die Schmerzensmutter Maria hergerichtet auf der Straße aufgefunden – zu einer Zeit, zu der sich die Anhänger Luthers und des katholischen Glaubens sowieso nicht über den Weg trauen heizt dies die Stimmung nur weiter auf, denn gegenseitige Anschuldigungen bleiben nicht aus.
Schon bald wird Ursel als Beraterin hinzugezogen, besitzt sie doch ein besonderes Gespür für Mordfälle. Doch dann geschieht ein weiterer Mord und Ursel ist persönlich betroffen…

Meine Meinung
Mit Die Rache der Hurenkönigin liegt der vierte und abschließende Band der Krimireihe um die ehemalige Hure Ursel Zimmer vor. Eigentlich hatte ich mir nach dem letzten Band, der mir schon nicht gefallen hat, vorgenommen, diese Reihe nicht weiter zu verfolgen, aber da man davon ausgehen kann, dass dies definitiv der letzte Band sein wird und ich Reihen gerne abschließe, habe ich mich doch durchgerungen, diesem Buch doch noch eine Chance zu geben. Mit 350 Seiten ist dieses auch nicht allzu umfangreich, sodass es nicht allzu viel Zeit in Anspruch genommen hat.
Dieser Band spielt also zehn Jahre nach dem Vorgänger, in einer Zeit des Umbruchs. Von Ursels Tätigkeit als Meisterin des Hurenhauses ist hier nicht mehr viel zu spüren, dieser Aspekt der Reihe wird zur Nebensächlichkeit, und auch die anderen Hübschlerinnen, die in den vorherigen Bänden eine mal mehr, mal weniger große Rolle gespielt haben, werden kaum noch erwähnt. Andere Dinge haben sich jedoch nicht verändert, und so ist Ursel weiterhin unverheiratet. Dass sie jedoch einen Lebensgefährten hat, dem sie seit Jahren treu ist, scheint weder ihrem noch seinem Ruf zu schaden – zu Beginn der Neuzeit für mich eigentlich unverständlich.
Der Lebensgefährte Ursels, der Gelehrte Bernhard von Wanebach, sollte ebenfalls aus den Vorgängern bekannt sein. Er steht zu seiner Geliebten, zeigt seine Zuneigung auch öffentlich und unterstützt sie in allen Belangen. Seit dem letzten Band hat er sich jedoch nicht weiterentwickelt, dort hat er plötzlich Seiten gezeigt, die ich eher einem trotzigen Teenager zugetraut hätte, und auch dieses Mal zeigt er eine merkwürdige Reaktion, die meiner Meinung nach nicht zu seinem Charakter passt und noch dazu eine sehr wichtige Rolle einnimmt.
Mit den meisten Nebencharakteren wie dem Dekan Cochläus und dem fallsüchtige Michel habe ich mich sehr schwer getan, sind sie doch sehr einseitig dargestellt und entsprechen den gängigen Klischees.
Nun könnte man meinen, dass der Einstieg in diesen Roman recht gut gelingen sollte, wenn kaum aus den Vorgängern bekannte Personen auftauchen oder diese keine wichtige Rolle einnehmen. Dies ist aber eher nicht so, denn immer wieder wird Bezug auf die alten Fälle genommen, dieser Mord und jene Person erwähnt und Ursel als kriminalistisches Wunder gepriesen, sie wird sogar dazu aufgefordert, ein Buch über ihre Ermittlungen zu schreiben. Und dann wird Ursel auch noch offiziell als Beraterin der „Polizei“ hinzugezogen. Hier war dann der Punkt erreicht, zu dem mir das alles zu überzogen, sogar nahezu albern wurde. Nicht nur, dass ich es ziemlich an den Haaren herbeigezogen finde, dass man auch nach so langer Zeit noch über Ursels Qualitäten als Ermittlerin redet, sondern generell, dass eine Frau ihres Standes, die in Unzucht lebt und alleine deshalb von der Gesellschaft gemieden werden sollte, so hochgelobt wird. Stutzig gemacht hat mich in dem Zusammenhang auch das Wort Polizei beziehungsweise Polizeiwache, denn diese Institution gab es noch nicht. Passender wäre hier der Begriff Büttel oder Stadtknecht gewesen.
Im Laufe der Ermittlungen gibt es diverse falsche Fährten, doch war mir klar, wer der Täter ist, nachdem er das erste Mal aufgetreten ist, und die falschen Fährten waren eigentlich als solche doch recht offensichtlich, ich hatte auf eine andere Entwicklung gehofft, und so war die Handlung doch insgesamt recht spannungsarm, was auch durch die hohe Brutalität der Morde nicht geändert werden kann.

Fazit
Vorhersehbar und spannungsarm, noch dazu mit sehr unglaubwürdigen Anspielungen auf die vorherigen Bände gespickt. Mir hat dieser Krimi nun überhaupt nicht gefallen und ich war froh, dass diese Reihe mit diesem Band wohl abgeschlossen sein wird. Nur etwas für Fans der Reihe.

Frank Goyke – Fersengeld

Autor Frank Goyke
Titel Fersengeld
Seitenzahl 252
Verlag berlin.krimi.verlag
ISBN 978-3-89809-029-9
Bewertung

Inhalt
Havelberg, 1431: Der Beckergeselle Christian Eichkatz liebt die Tochter seines Meisters, die allerdings einem Anderen versprochen ist. Als die beiden eines Abends gemeinsam erwischt werden, wird Christian des Hauses verwiesen. Auch die Eltern wollen ihn nicht wieder bei sich aufnehmen, hat er doch ihren guten Ruf beschmutzt.
Also verlässt Christian die Stadt und zieht in Richtung Berlin, nur um kurz darauf von Melchior, dem Sohn des Bäckers, eingeholt zu werden, der sich den Hussiten anschließen will.
In Rathenow treffen die beiden auf den Ritter Veit von Ribbeck. Gemeinsam werden sie Zeuge eines Mordes, der mehr ist, als er zu sein scheint…

Meine Meinung
Bis vor Kurzem hatte ich noch nie von dem Autor Frank Goyke gehört, und wenn mir dieser Krimi nicht eher zufällig in die Hände gefallen wäre, wäre es auch dabei geblieben. Gelesen habe ich diesen Roman auch nur deshalb, weil er mit seinen gerade einmal 251 Seiten zu den dünnsten im Regal gehört und ich ein Buch für wenige Stunden gesucht habe.
Zu Beginn hat mich dieser Krimi dann auch zunächst angesprochen, ein Prolog, in dem ein Verbrechen geplant wird, hat meine Neugier geweckt, war doch nicht klar, wer hier spricht und worum es eigentlich geht. Auch der eigentliche Einstieg war dann zwar wie erwartet eher gemächlich, aber nicht uninteressant. Positiv fand ich, dass hier mit den Hussiten und der Darstellung ihrer Ideologien und dem drohenden Ende des Ritterstands und dem Aufstieg der Bürger tatsächlich ein historischer Bezug geschaffen wird, so dass der Roman tatsächlich zu keiner anderen Zeit hätte spielen können. Leider haben sich auch kleinere Fehler eingeschlichen, die sich durch ein wenig mehr Recherche hätten vermeiden lassen, wie beispielsweise das Auftreten der Syphilis, die aber erst nach der Entdeckung Amerikas nach Europa gekommen ist, 1431 aber in Europa unbekannt war.
Der Mordfall, in den die drei Reisenden hineinstolpern, ist zunächst nicht unspannend, und die Reaktionen der Protagonisten sind ebenfalls angemessen. Wer allerdings erwartet, dass unsere Reisenden sich nun tatsächlich mit der Aufklärung befassen, liegt falsch, denn diese Aufgabe übernehmen andere Personen, während die drei jungen Männer weiterziehen. Dadurch hatte ich den Eindruck, dass die Auflösung des Falls eher in den Hintergrund rückt, zumal der Ermittler selbst recht blass bleibt. Es gibt auch diverse falsche Fährten, die mich aber nicht sehr interessiert haben, weil ich zu dem Zeitpunkt eher daran interessiert war, wie es eigentlich mit unserem Gesellen weitergeht.
Während die Schilderung der Geschehnisse weitestgehend glaubwürdig verläuft, ist sie dagegen an anderen Stellen sehr salopp gehalten, sie wird beinahe ins Lächerliche gezogen. Und die zunächst überzeugend beschriebenen Charaktere werden ab einem bestimmten Punkt zu Karikaturen, erst zum Ende hin bessert sich dies wieder. Insbesondere die Darstellung von Melchiors Aufeinandertreffen mit den Hussiten ist so absurd, dass ich das Buch nicht mehr ernst nehmen konnte. Nun mag die Grundaussage stimmen, die während dieses Treffens vermittelt wird, die Umsetzung hat mich aber so gar nicht angesprochen.
Auch das Ende dieses Romans hat mich enttäuscht, denn während der Kriminalfall abgeschlossen ist, lässt mich Christians Schicksal eine Fortsetzung erwarten, die aber meines Wissens nie erschienen ist.
Was mich im Nachhinein sehr stutzig gemacht hat ist der Untertitel dieses Buches: Die Hübschlerin und der Tod des Kaufmanns. Es kommt zwar die eine oder andere Hübschlerin vor, jedoch nicht in einer Rolle, die diesen Untertitel rechtfertigen würde.
Zusatzmaterial such man hier übrigens vergeblich. Es gibt zwar eine Danksagung und eine Autorenvorstellung, aber keine weitergehenden Informationen zum Inhalt. Diese wären zur Einordnung nett gewesen, waren allerdings im Jahr 2004 noch nicht so weit verbreitet wie heute.

Fazit
Wenn man dieses Buch wie ich zufällig in die Finger bekommt und eine kurzzeitige Unterhaltung sucht, dann kann man hier vielleicht mal hinein schnuppern. Allen anderen würde ich eher den Griff zu anderen historischen Krimis raten, die diese Bezeichnung eher verdienen und durch ihre Recherche und Darstellung überzeugen können.

Antonia Hodgson – Der Galgenvogel

Autor Antonia Hodgson
Titel Der Galgenvogel
Originaltitel The Last Confession of Thomas Hawkins
Übersetzer Katharina Volk, Sonja Rebenik-Heidegger
Serie Tom Hawkins Band 2
Seitenzahl 460
Verlag Knaur
ISBN 978-3-426-65346-3
Bewertung

Achtung: Diese Rezension enthält kleinere Spoiler zu Das Teufelsloch

Inhalt
London, 1728: Tom Hawkins, Gentleman und Spieler, ist auf dem Weg nach Tyburn, wo der Galgen auf ihn wartet. Doch wie ist er in diese Situation geraten?
Wenige Tage zuvor: Nach seinem Aufenthalt im Marshalsea-Gefängnis lebt Tom Hawkins nun schon drei Monate mit seiner Lebensgefährtin Kitty zusammen. Doch nicht nur erregt dieses Arrangement das Missfallen der Nachbarn, auch droht ihn die Langeweile der ehrbaren Arbeit zu erdrücken.
Doch die findet ihr Ende, als im Haus des Nachbarn ein Dieb gesichtet wird und Tom in diese Ereignisse hineingezogen wird. Gleichzeitig erhält er von James Fleet, einem Anführer der Londoner Unterwelt, einen Auftrag, der einfach erscheint, aber sein ganzes Leben auf den Kopf stellt…

Meine Meinung
Der Galgenvogel ist der zweite Band der Krimireihe um den Gentleman Tom Hawkins. Es ist nicht zwingend notwendig, Das Teufelsloch gelesen zu haben, da alle relevanten Ereignisse kurz angerissen, alle wiederkehrenden Personen vorgestellt werden. Will man aber Das Teufelsloch noch lesen, sollte man dies vorher tun, da man sonst unweigerlich gespoilert wird.
Auch dieser Roman ist überwiegend als Ich-Erzählung angelegt, nur gelegentlich finden sich wenige Seiten aus Sicht eines allwissenden Erzählers, der der Handlung vorgreift und die Fahrt zum Galgen beschreibt.
Dieses Stilmittel ist recht interessant, schließlich wollte ich so von Anfang an wissen, wie sich Tom in diese Situation gebracht hat und ob er irgendwie gerettet werden kann. Auch zeigt dieser Aufbau, dass Toms Ermittlungen gründlich schief laufen, und es ist spannend, mitzuverfolgen, wie sich die Dinge entwickeln.
In diesem Roman, der auf dem Cover als historischer Thriller bezeichnet wird, geht es um zwei Ereignisse, die Tom parallel beschäftigen, dem Mord an einem Nachbarn, in dem er abwechselnd als Verdächtiger und als Ermittler beschäftigt ist, sowie der Auftrag von James Fleet, der ihn in die höchsten Kreise, genauer gesagt in den Einflussbereich der Königin, bringt. Beide Fälle sind zu Beginn nicht übermäßig spannend, der erste erscheint recht gewöhnlich, der zweite zwar abenteuerlich, aber nicht allzu gefährlich. Doch schon recht bald zeigt sich, dass hinter beiden viel mehr steckt als erwartet, und sehr oft sind die Menschen in Toms Umfeld nicht das, was sie zu sein scheinen.
Tom ist ein Schlawiner, der sich oft zu helfen weiß. Obwohl er recht schlau ist, zeigt er doch gelegentlich noch eine gewisse Naivität, so dass er in die eine oder andere Falle gerät oder von Anderen ausgenutzt wird, ohne es zu merken. Und da der Leser nie mehr weiß als Tom zum jeweiligen Zeitpunkt – vom drohenden Tod durch Erhängen einmal abgesehen – wird auch er gründlich mit an der Nase herum geführt. Bis zum Ende gab es immer wieder neue Wendungen, die mich bereits Gelesenes mit neuen Augen haben sehen lassen, so dass die Spannung nie nachgelassen hat. Auch wenn die Handlungen sehr verworren sind, sind sie doch nie unlogisch oder unglaubwürdig beschrieben.
Doch Tom ist eben nicht nur ein schlauer junger Mann mit Beziehungen zur Londoner Unterwelt, er hat viele Facetten, die ihn mal richtig sympathisch, dann aber wieder unsympathisch erscheinen lassen. So liebt er seine Kitty sehr, er kann es nicht ertragen, dass sie von Nachbarn als seine Hure gesehen wird und würde sie gerne heiraten, dann wiederum verprasst er ihr Geld im Spielsalon und bringt sich immer wieder in Schwierigkeiten. Doch auch Kitty ist eine Person, die überzeugt, obwohl man sie nur aus Toms Beschreibungen sieht. Sie weiß, was sie will und kann sich gut durchsetzen, ist hilfsbereit, wenn Hilfe benötigt wird, und sie ist temperamentvoll und hält sich auch nicht zurück, wenn deutliche Worte angebracht sind.
Neben diesen beiden gibt es noch eine Reihe anderer Nebenfiguren, unter anderem den jungen, wortkargen Sam Fleet, der bei Tom und Kitty wohnt, die sehr gut ausgearbeitet sind und in ihrer Darstellung überzeugen.
Der Schreibstil ist angenehm, die Übersetzung gelungen. Auffällig sind kursiv gedruckte Betonungen, die man fast auf jeder Seite vorfindet, die mir manches Mal unnötig erschienen sind, die aber wohl dazu passen, dass es sich um eine Ich-Erzählung handelt.
Über den historischen Hintergrund dieses Thrillers, die „Gefangenschaft“ von Henrietta Howard, der Mätresse des Königs, habe ich zuvor noch nie etwas gehört, jedoch scheint er sehr gut recherchiert zu sein. Ein sehr ausführliches, absolut lesenswertes Nachwort geht auf die Hintergründe ein, doch auch auf einige andere Ereignisse wird hier Bezug genommen.

Fazit
Ein lesenswerter historische Thriller, bei dem der Leser immer wieder an der Nase herumgeführt wird. Vielleicht ist er nicht ganz so spannend wie der erste Band, da der Einstieg recht gewöhnlich erscheint, jedoch weiß er bis zum Ende zu fesseln.

Vielen Dank an Droemer Knaur für das Rezensionsexemplar!

Simon Beaufort – Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Autor Simon Beaufort
Titel Das Geheimnis der Heiligen Stadt
Originaltitel Murder in the Holy City
Übersetzer Linda Budinger, Alexander Lohmann
Serie Geoffrey Mappestone Band 1
Seitenzahl 397
Verlag Bastei Lübbe
ISBN 978-3-404-15344-2
Bewertung

Inhalt
Jerusalem, 1100: Nach der Eroberung der heiligen Stadt durch die Teilnehmer des Kreuzzugs ist der Friede lange nicht gesichert, denn die verschiedenen Gruppierungen stehen einander ablehnend gegenüber. Immer wieder kommt es zu tödlichen Konflikten zwischen den Parteien.
Als relativ kurz hintereinander zwei Mönche und zwei Ritter mit ähnlichen Waffen umgebracht werden, wird Geoffrey Mappestone, ein anglo-normannischer Ritter und Freund eines der Ermordeten, von seinem Herrn Tankred de Hauteville mit der Aufklärung der Verbrechen betraut. Doch auch der Vogt und der Patriarch der Stadt sind daran interessiert, den Schuldigen zu fassen, könnte eine Fortführung der Verbrechen doch weitreichende Folgen haben.
Schon bald stößt Geoffrey auf die ersten Unstimmigkeiten…

Meine Meinung
Das Geheimnis der heiligen Stadt ist der Auftakt einer bisher achtbändigen Reihe, deren erste fünf Bände ins Deutsche übersetzt wurden. Hinter dem Pseudonym Simon Beaufort verbergen sich die Autorin Elizabeth Cruwys, besser bekannt als Susanna Gregory, und ihr Mann Beau Riffenburgh.
Wie so viele historische Krimis ist auch dieser Auftaktband nicht besonders umfangreich. Mit nicht einmal 400 Seiten bleibt nicht besonders viel Raum, neben der Krimihandlung auch noch Hintergrundinformationen über die beschriebene Zeit und die politischen Umstände einzustreuen. So waren mir die historischen Personen Bohemund und Tancred zwar durchaus bekannt, dies dürfte jedoch kaum auf alle Leser zutreffen. Regelrecht verwirrend waren für mich die Personen des Vogts und des Patriarchen, deren Rollen mir alleine durch die Lektüre des Romans nicht klar waren. Hier musste ich extern recherchieren, warum es zwischen den verschiedenen Parteien überhaupt Konflikte gab.
Die handelnden Personen entsprechen recht einfach gehaltenen Stereotypen. Da wäre zunächst der gebildete Geoffrey mit seinen doch recht modernen Einstellungen. Er ist eigentlich nur im Heiligen Land, weil es für ihn in seiner Heimat keine Zukunft gibt und sich hier die Möglichkeit ergibt, neue Sprachen und Kulturen kennenzulernen. Er ist sogar so gescheit, dass er von mehreren Fraktionen, sogar von denen, die ihm ablehnend gegenüberstehen, mit der Aufklärung des Falles betraut wird. Und natürlich ist er nicht nur klug, sondern kann auch noch sehr gut mit dem Schwert umgehen.
Ihm zur Seite stehen der tumbe Roger, der geistig recht schwerfällig, im Kampf aber unschlagbar ist, und der gescheite Hugo, der gegen seinen Willen in den Fall hineingezogen wird. Und dann gibt es da noch die griechische Witwe Melissande, die offensichtlich etwas zu verbergen hat…
Die Handlung des Krimis an sich konnte mich nicht völlig überzeugen. Es gibt diverse falsche Fährten, die für mich jedoch recht offensichtlich waren, so dass ich schon recht früh eine Ahnung hatte, wer in den Mordfall verwickelt sein könnte. Andere Stellen sind doch sehr konstruiert und weit hergeholt, stellenweise ist die Handlung dann auch nicht ganz logisch. Und natürlich nimmt sich an entsprechender Stelle der Mörder die Zeit, seine Motive haarklein darzulegen, damit auch jeder versteht, warum er so und nicht anders handeln musste. Dennoch war der Krimi nicht uninteressant und konnte mich stellenweise regelrecht fesseln, selbst wenn es nur darum ging, zu überprüfen, ob ich mir meiner Vermutung richtig gelegen hatte.
Das Ende kommt dann ziemlich abrupt und konnte mich dann doch noch überraschen. Die eher unglaubwürdige Handlung wird noch gedreht, so dass das Ergebnis der Historie entspricht.
Im Buch enthalten sind grobe geschichtliche Nachbemerkungen, die ein wenig Einblick über die tatsächliche Lage in Jerusalem um das Jahr 1100 geben. Dies ist positiv anzumerken, denn dies war zu dem Zeitpunkt, zu dem der Roman erstmals erschienen ist, keineswegs üblich.

Fazit
Ein historischer Krimi, den man lesen kann, aber nicht muss. Ein wenig Vorwissen über Jerusalem kurz nach der Eroberung durch den Ersten Kreuzzug wäre nicht verkehrt, um den Überblick über die Personen zu behalten.