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Bernard Cornwell – Schwertgesang

AutorBernard Cornwell
TitelSchwertgesang
OriginaltitelSwordsong
ÜbersetzerKarolina Fell
SerieSaxon Chronicles Band 4
Seitenzahl479
VerlagRoRoRo
ISBN978-3-499-24802-3
Bewertung

Inhalt
Mercien, 885: Im Auftrag König Alfreds kämpft Uhtred gegen die Dänen, die Wessex bedrohen, sowohl zu Lande als auch zu Wasser. Dennoch will der König Uhtred nicht völlig vertrauen, denn dieser ist kein Christ, sondern hängt dem alten Glauben an.
Als Alfreds Neffe Aethelwold Uhtred erzählt, dass ein Toter, aus dem Grab auferstanden, ihnen eine Zukunft als König weissagt, wird er hellhörig und möchte mehr erfahren. Und so trifft er auf die Besatzer Lundenes, die Norweger Sigefrid und Eric.
Doch schon bald muss er erkennen, dass er einem Betrug aufgesessen ist. Und so bleibt er weiterhin Alfred treu, in dessen Auftrag er Lundene und somit den Zugang zur Themse befreien soll…

Meine Meinung
Schwertgesang ist der vierte Band der Reihe um den angelsächsischen Krieger Uhtred. Und auch dieses Mal führt Bernard Cornwell sein bewährtes Rezept fort und bietet dem Leser einen kleinen Abschnitt englische Geschichte, eingebettet in viele Kämpfe.
Wieder einmal ist dieses Ereignis, von dem Cornwell hier berichtet, nämlich die Eroberung Londons unter König Alfred, zwar überliefert, man weiß aber fast nichts darüber, selbst über das Jahr ist man sich nicht sicher, so dass dem Autor viele Freiheiten bleiben, eine spannende Geschichte zu verfassen. Somit ist ein großer Teil der Romanhandlung fiktiv, was aber der Glaubwürdigkeit keinen Abbruch tut, denn man kann sich gut vorstellen, dass es so oder ähnlich durchaus hätte passiert sein können. Doch man erfährt auch genügend Details, die sich tatsächlich ereignet haben. So wird berichtet, wie Alfred eine große Anzahl Orte im Land befestigen lässt, und auch Æthelflaeds Ehe mit Æthelred, im Roman Uhtreds Cousin, spielt eine wichtige Rolle.
Man merkt Uhtred an, dass er, inzwischen rund dreißig Jahre alt, kein ganz junger Spund mehr ist. Noch immer ist er ein großartiger Kämpfer, der zunächst an sich denkt, der auch nicht davor zurückschreckt, Gewalt anzuwenden, um seinen Standpunkt zu bekräftigen und seine Wünsche durchzusetzen. Seine Ehre ist ihm aber sehr wichtig, und so nimmt er einmal gesprochene Eide sehr ernst.
Doch ist er auch zu einem Familienmenschen geworden, der zwei Kinder hat und sich um seine Frau sorgt. Auch um Æthelflaed, die Tochter König Alfreds, empfindet der Krieger viel, liebt er sich doch wie eine Tochter. Somit erscheint Uhtred hier deutlich menschlicher als noch in den vorherigen Bänden, in denen über zartere Gefühle kaum ein Wort verloren wurde.
Dennoch liegt der Schwerpunkt weiterhin auf diversen Kämpfen, von kleinen Scharmützeln, wie sie direkt im Prolog beschrieben werden, bis hin zu Großereignissen. Spannend sind sie alle, aber manche sind eher oberflächlich gehalten, andere schon deutlicher bis in alle brutale Einzelheiten. Insgesamt lässt sich die Handlung in zwei große Spannungsbögen einteilen, die zusammengenommen eine runde Geschichte ergeben. Diese deckt aber nur eine sehr kurze Zeitspanne von wenigen Monaten ab, während es in vorherigen Bänden meist mehrere Jahre waren.
Viele Weggefährten Uhtreds, Freunde wie Feinde, haben in diesem Roman einen weiteren Auftritt, manche nur kurz, andere sind als Krieger in Uhtreds Reihen ständig präsent. Da diese hier nur mit wenigen Worten vorgestellt werden, empfiehlt es sich sehr, die Reihe von Beginn an zu lesen und die Einzelbände nicht für sich zu lesen.
Vielen Autoren scheint es schwer zu fallen, bei Ich-Erzählungen auch die Nebencharaktere lebendig werden zu lassen. Damit hat Cornwell jedoch keine Probleme, denn auch wenn einige wie Bischof Asser sehr einseitig beschrieben werden, kann man sie sich doch sehr gut vorstellen, sie sind mehr als nur eine Ansammlung von Namen auf dem Papier. Auch die Antagonisten, die in diesem Roman auftreten, nämlich die Norweger Sigefrid und Erik, werden hier gekonnt dargestellt. Dabei gelingt der Spagat, Gegenspieler Uhtreds nicht einseitig, sondern durchaus auch mit ihren sympathischen Seiten darzustellen.
Der Schreibstil ist, wie man es von Cornwell gewohnt ist, sehr gut verständlich und zudem so bildlich, dass sich bei mir ein sehr gutes Kopfkino einstellt. Die Ortsnamen sind auch dieses Mal an der damaligen Schreibweise orientiert, eine Auflistung zu Beginn des Buches erleichtert die Orientierung. Daneben gibt es noch eine Karte, die die Gegend um London sowie eine schematische Darstellung der Stadt selbst zeigt. Diese sind für das Verständnis der Beschreibungen im Roman sehr hilfreich. Auch ein Nachwort darf natürlich nicht fehlen.

Fazit
Schwertgesang bietet, wie man es von Bernard Cornwell gewohnt ist, eine spannende Handlung eingebettet in ein Stück englische Geschichte. Für Fans der Reihe absolut lesenswert!

Bernard Cornwell – Die Herren des Nordens

AutorBernard Cornwell
TitelDie Herren des Nordens
OriginaltitelThe Lords of the North
ÜbersetzerKarolina Fell
SerieSaxon Chronicles Band 3
Seitenzahl476
VerlagRoRoRo
ISBN978-3-499-24538-1
Bewertung

Achtung: Rezension enthält Spoiler zu den ersten Bänden der Reihe!

Inhalt
Wessex, Sommer 878: Nur wenige Wochen zuvor hat Uhtred viel geopfert, um Alfreds Königreich zu retten, doch sein Lohn ist ein winziges Stück Land. Und so entschließt sich der enttäuschte Krieger, Wessex und König Alfred den Rücken zu kehren und sein Glück in seiner Heimat Northumbrien zu suchen, um endlich Rache am Tod seines Ziehvaters zu nehmen. Doch schon der Weg dorthin gestaltet sich abenteuerlich, denn nach Alfreds Sieg werden Dänen in dessen gesamtem Königreich gnadenlos verfolgt.
Uhtreds Schicksal ändert sich schlagartig, als er auf Guthred trifft, einen dänischen Sklaven, der behauptet, König von Northumbrien zu sein…

Meine Meinung
Schon die ersten beiden Bände um den Krieger Uhtred, der von Dänen aufgezogen wurde und sein Erbe an seinen Onkel verloren hat, haben mich fesseln können. Dieser dritte Band jedoch hat mich beim Lesen nicht mehr losgelassen.
Basierten die ersten beiden Bände der Reihe noch weitestgehend auf tatsächlichen historischen Ereignissen, so ist über Northumbrien zu dieser Zeit so wenig bekannt, dass Cornwell seiner Fantasie hier freien Lauf lassen konnte. Und dennoch fühlt sich die Geschichte für mich so an, als hätte sie so passieren können – immer aus dem sehr subjektiven Blickwinkel eines Kriegers beschrieben, der aus seinen Vorlieben und Abneigungen keinen Hehl macht.
Der Auftakt der Handlung entspricht völlig dem Bild, das man von Uhtred in den vorherigen Bänden gewinnen konnte: Er fühlt sich ungerecht behandelt, was zumindest zum Teil auch seine Schuld ist, und so kehrt er seinem bisherigen Dienstherr den Rücken und sucht eine neue Herausforderung, die er auf seine Art besteht.
Im Zentrum dieser Herausforderung steht Guthred, dem Uhtred auf einem Sklavenmarkt begegnet und der schwört, König zu sein, ein König für Northumbrier und Dänen, Christen und Heiden gleichermaßen. Fasziniert von diesem recht naiven jungen Mann, der stets frohen Mutes ist und den selten etwas aus der Ruhe bringen kann, begleitet Uhtred ihn nach Eoferwic und tritt in seine Dienste ein, was insbesondere von den Christen an Guthreds Hof skeptisch betrachtet wird. Und dann ist da auch noch Guthreds Schwester Gisela…
Zu Uhtreds Charakter muss hier wohl nicht mehr viel gesagt werden. Als Ich-Erzähler wird er durch seine Taten charakterisiert, und das nicht unbedingt immer positiv. Er lügt und betrügt, und auch Mord ist nicht unter seiner Würde. Und trotzdem ist für ihn Ehre ein sehr wichtiges Konzept, das er achtet und respektiert, an einer zentralen Stelle wird dadurch sogar sein Leben bestimmt. Guthred dagegen wird durch Uhtreds Augen beschrieben, und dieser sieht nicht nur seine positiven Seiten. Dennoch ist schnell klar, dass der junge König ein sehr unsicherer Mann ist, der es allen Parteien recht machen will, weil er geliebt werden will. Dabei kommt er nicht umhin, auch den einen oder anderen Fehler zu machen, was er gelegentlich zu spät einsieht. Er ist liebenswert, sympathisch, ein Gegenpol zu Uhtred, den ich so manches Mal hätte schütteln können.
Die Handlung ist durchgängig spannend erzählt, auch wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt immer mal wieder Monate auf wenigen Seiten zusammengefasst werden. Es gibt hier nicht den einen großen Handlungsbogen, sondern mehrere kleine, die aber zusammengenommen eine zusammenhängende Geschichte erzählen. Auch wenn diese für sich stehen könnte, würde ich nicht empfehlen, mit diesem Band in die Reihe einzusteigen, sondern von vorn zu beginnen.
Es gibt den einen oder anderen Kampf, kleinere und größere Scharmützel, und mitten drin immer Uhtreds taktischer Verstand. Wer die vorherigen Bände kennt, wird sich nicht wundern, dass es auch hier immer wieder mal blutig wird und Cornwell dies sehr detailverliebt beschreibt.
An Zusatzmaterial findet sich hier wie schon in den vorherigen Bänden eine Liste zu alten und aktuellen Ortsnamen, eine Karte Englands sowie ein Nachwort, in dem der Autor auf Fakt und Fiktion eingeht.

Fazit
Auch der dritte Band über Uhtred konnte mich restlos begeistern, denn selbst wenn die Handlung dieses Mal weitestgehend fiktiv ist, so ist sie doch spannend und glaubwürdig beschrieben.

Axel S. Meyer – Das Buch der Sünden

Autor Axel S. Meyer
Titel Das Buch der Sünden
Seitenzahl 780
Verlag RoRoRo
ISBN 978-3-499-25380-5
Bewertung

Inhalt
Paris, Ostern 845: Als Wikinger die Stadt überfallen, Odos Vater getötet und seine Mutter vergewaltigt und verschleppt wird, schwört der achtjährige Junge Rache an Ragnar Loðbr​œk, dem Anführer der Nordmänner.
Sechzehn Jahre später treffen in dem Kloster, in dem Odo Aufnahme gefunden hat, neue Berichte über die Gräueltaten der Heiden ein, in denen Odo das Wirken des Teufels zu erkennen glaubt. Als ihm dann ein Dokument in die Hände fällt, das ihn in seinem Glauben bekräftigt, zieht Odo nach Haithabu, um dort den Teufel zu bekämpfen.
In Haithabu lebt der siebzehnjährige Helgi, der für die Schmiedearbeit seines Vaters wenig Begeisterung aufbringen kann. Doch dann geschehen schreckliche Dinge…

Meine Meinung
Der Autor Axel S. Meyer hat sich in den letzten Jahren mit seinen Wikingerromanen einen Namen gemacht. Dies ist sein erster Roman.
Nachdem ich den Prolog gelesen hatte, hatte ich eine Vorstellung davon, was mich erwarten würde, nämlich eine Geschichte über den jungen Odo, der als Sympathieträger Rache nehmen will und dabei das eine oder andere Abenteuer erlebt. Ich glaube nicht, dass ich mich je stärker über den Inhalt geirrt habe…
Die ersten hundert Seiten handeln nur von Odo. Zu Beginn, als Kind, das so schlimme Dinge erleben muss, erscheint er tatsächlich noch als Sympathieträger. Doch schon bald entwickelt sich der Roman in eine ganz andere Richtung, durch seine Handlungen wird der junge Mönch, der den Wahn hat, die Welt retten zu müssen, nicht nur immer unsympathischer, sondern sogar immer böser, und ich war mir nicht sicher, ob ich ein Buch mit einer so negativ beschriebenen Hauptperson überhaupt weiterlesen wollte. Doch als dann nach etwa hundert Seiten Helgi auf den Plan trat, der immer mehr die Hauptrolle übernahm, während Odo die Rolle des Antagonisten übernahm, war zumindest mein Interesse wieder geweckt.
Helgi ist ein junger Träumer, der für Rúna, die Sklavin seines Nachbarn schwärmt. Seine Taten haben auch schon mal negative Folgen, auch wenn er nichts Böses im Sinn hat. Grundsätzlich ist er einfach der nette Junge, der mal eben so in eine bedrohliche Situation gerät und mit dem man auch gerne mitfiebert. Ihn umgibt ein Geheimnis, das aber für jeden Leser, der nur ein wenig aufmerksam ist, von Beginn an wenig überraschend sein sollte.
Während Odo nun auf der Suche nach Dämonen ist, versucht Helgi einfach nur, sein Leben zu leben und einen Weg zu finden, Rúna nah zu sein. Doch schon bald entwickeln sich die Dinge ganz anders, als er je erwartet hätte.
Auch mich haben so manche Wendungen überrascht, manche positiv, andere dagegen auf negative Weise, denn nicht alle Teile der Handlung sind in meinen Augen logisch. So hatte ich meine Probleme zum Beispiel mit einem Schmiedewettbewerb zu Beginn von Helgis Geschichte. Der Schmied, der das haltbarste, schärfste Schwert schmiedet, erhält den Auftrag, innerhalb weniger Monate die Waffen für eine ganze Armee herzustellen – eine Aufgabe, die meines Wissens nach von einem einzelnen Schmied gar nicht zu meistern ist und für die man eher ein ganzes Heer von Schmieden benötigt. Dies wäre eigentlich eine Nebensache, über die ich hinweg lesen würde, wäre es für die Handlung nicht ganz so wichtig.
Diese ist, wie man sich vielleicht schon denken kann, eher blutrünstig. Es wird schon mal gekämpft, aber neben den Kampfbeschreibungen gibt es auch weitere brutale Taten, die genauer beschrieben werden.
Der geschichtliche Hintergrund spielt eine eher untergeordnete Rolle. Auch wenn hin und wieder historische Ereignisse oder Personen erwähnt werden, so dienen sie doch weitestgehend nur als Kulisse, vor der die Abenteuer stattfinden.
Meyers Sprache ist nicht zu kompliziert, einzig diverse nordische und slawische Namen hemmen den Lesefluss minimal. Da die Kapitel sehr kurz sind – selten sind sie länger als zehn Seiten, oft sind es sogar nur zwei oder drei – lässt sich der Roman recht schnell und flüssig lesen.
Mit einer Karte und einem historischen Nachwort ist der Roman ausreichend ausgestaltet.

Fazit
Ganz anders, als ich erwartet hatte. Logiklöcher und eine doch eher merkwürdig anmutende Handlung führen dazu, dass mich dieser Roman nicht überzeugen konnte, obwohl der Ansatz mit einem bösen Protagonisten doch recht interessant war.

Bernard Cornwell – Der weiße Reiter

Autor Bernard Cornwell
Titel Der weiße Reiter
Originaltitel The Pale Horseman
Übersetzer Michael Windgassen
Serie Saxon Chronicles Band 2
Seitenzahl 510
Verlag RoRoRo
ISBN 978-3-499-24283-0
Bewertung

Achtung: Rezension enthält kleinere Spoiler zu Das letzte Königreich

Inhalt
England, 877: Nach der Schlacht bei Cynuit nimmt Uhtred sich die Zeit, um sicherzugehen, dass es seiner Familie gut geht, statt direkt König Alfred von Wessex Bericht zu erstatten. Und so kommt es, dass seine Taten nicht nur nicht gewürdigt werden, sondern Andere den Ruhm einstreichen.
Sein Plan, sich nun den Dänen anzuschließen, scheitert an einem weiteren Waffenstillstand Alfreds, da Uhtreds Freund Ragnar als Geisel dient. Und so zieht sich der junge Krieger auf sein Gut zurück.
Schon bald ergibt sich die Möglichkeit, Reichtümer zu erwerben. Doch wird der Waffenstillstand halten?

Meine Meinung
Der weiße Reiter beginnt genau da, wo der erste Band der Reihe um den Krieger Uhtred endet, nämlich nach der Schlacht von Cynuit. Aus dramaturgischen Gründen hat Cornwell diese Schlacht um ein Jahr vorverlegt, so dass ein neuer Gegenspieler gebraucht wurde, doch dieser fiktive Charakter, auf den der Titel des Romans zurück geht, hätte ebenso damals leben können. Die Änderung der Chronologie vergebe ich Cornwell gerne, enthält der Roman doch daneben viele weitere historische Persönlichkeiten und reale Ereignisse, zudem ist der Roman so spannend erzählt, dass ich ihn auch beim dritten Mal Lesen kaum raus der Hand legen konnte.
Im Zentrum des Geschehens steht der Kriegszug der Dänen, der beinahe dazu geführt hätte, ganz England unter dänische Kontrolle zu bringen, und wie Alfred von Wessex es geschafft hat, die Nordmänner doch zurückzudrängen.
Wie man es von Cornwell kennt wird auch hier wieder viel gekämpft, und wenn es gerade keine große Schlacht ist, dann eben ein Kriegszug oder ein Zweikampf – irgendetwas passiert immer. Dabei werden diese Kämpfe schon sehr detailverliebt beschrieben, je nach Situation auch jeder Schwertstreich für sich, dennoch schafft es Cornwell, diese Beschreibungen, die auch mal unappetitlich sein können, nie langweilig werden zu lassen.
Auch ein wenig Mystik kommt in diesem Roman in Form einer jungen Seherin vor, ob es sich jedoch tatsächlich um mystische Elemente handelt oder um Zufälle, von denen der Erzähler nur glaubt, dass sie zusammenhängen, muss der Leser für sich entscheiden.
Der Ich-Erzähler Uhtred ist ein arroganter junger Mann, der nie behauptet, etwas anderes zu sein. Er glaubt, über den Dingen zu stehen und lügt, dass sich die Balken biegen, wenn es ihm dienlich erscheint, so dass ich mir auch nie sicher bin, ob ich ihm als Leser alles abkaufen kann, was er über seine Erlebnisse erzählt. Sein Glaube an die alten Götter, der Wunsch nach Ruhm und Geld und besonders sein Ziel, sein Erbe zurück zu erhalten, treiben ihn an. Dabei ist er sehr zynisch und macht sich schnell Feinde, insbesondere unter Priestern und sehr gläubigen Anhängern des Christentums.
Eine weitere sehr wichtige Person ist König Alfred, der tiefgläubig ist und in allen Lebenslagen auf Gott und dessen Einmischung vertraut, der eher auf Priester als auf seine militärischen Berater hört und unter einer wiederkehrenden Krankheit leidet. Er ist das genaue Gegenteil von Uhtred, und obwohl man ihn nicht als Gegenspieler der Hauptperson bezeichnen kann, kommt es dennoch oft zu Situationen, in denen der junge Northumbrier den König von Wessex abgrundtief hasst, den er nicht als seinen König sieht und dem er sich immer nur für eine begrenzte Zeit unterstellt.
Obwohl sämtliche andere Charaktere nur durch Uhtreds Sicht beschrieben werden und er oft eine negative Sichtweise an den Tag legt, sind die meisten doch sehr lebendig beschrieben.
Die Zusatzausstattung ist mit dem zum ersten Band identisch: Eine Karte, die die wichtigsten Handlungsorte umfasst, ist genauso enthalten wie eine Erläuterung zu den Ortsnamen sowie ein Nachwort zu den tatsächlichen historischen Ereignissen.

Fazit
Auch der zweite Band der Reihe ist sehr lesenswert, wenn man einen spannenden Roman über die Zeit Alfreds des Großen und den Beinahe-Untergang des angelsächsischen Englands lesen mag und man auch gerne über Kriegshandlungen liest. Man sollte jedoch zwingend mit dem ersten Band beginnen, da die Romane aufeinander aufbauen und die Handlung nahtlos fortgeführt wird.

Donna W. Cross – Die Päpstin

Autor Donna Woolfolk Cross
Titel Die Päpstin
Originaltitel Pope Joan
Übersetzer Wolfgang Neuhaus
Seitenzahl 578
Verlag Aufbau
ISBN 978-3-746-61400-7
Bewertung

Inhalt
Ingelheim, zu Beginn des 9. Jahrhunderts: Johanna ist die Tochter eines angelsächsischen katholischen Priesters und einer sächsischen Heidin. Schon früh wird klar, dass sie ihrem älteren Bruder Matthias in Sachen Wissbegierde und Intelligenz in nichts nachsteht, während ihr Bruder Johannes von den Unterrichtsstunden überfordert ist. Als Matthias stirbt, gibt der Vater Johanna die Schuld an seinem Tod, glaubt er doch, dass Bildung den Männern vorbehalten sei und ihre Wissbegierde den Zorn Gottes herbeigerufen hat.
Als Johanna nach Fürsprache einer ihrer Lehrer nach Dorstadt an die Domschule eingeladen wird, versucht ihr Vater, seinen Sohn Johannes als den Eingeladenen darzustellen. Doch Johanna weiß sich zu helfen.
In Dorstadt jedoch kommt es zu Ereignissen, die niemand vorhersehen konnte…

Meine Meinung
Wenn man historische Romane liest, kommt man um gewisse Verreter dieses Genres einfach nicht herum. Gemeinsam mit Ken Folletts Die Säulen der Erde und Noah Gordonds Der Medicus ist Die Päpstin von Donna Woolfolk Cross eins der großen, international erfolgreichen Werke. Ich hatte schon viel von diesem Buch gehört, nicht nur inhaltlich, sondern auch, dass die Meinungen weit auseinander gehen. Auch wenn ich versucht habe, mich unvoreingenommen auf den Roman einzulassen, war mir dies nicht recht möglich, die Kritikpunkte hatte ich dann doch stets im Hinterkopf.
Ich glaube auch nicht daran, dass es je eine Frau auf dem Papstthron gegeben hat. Dieser Punkt jedoch hat keinen Einfluss auf meine Wertung, denn auch eine fiktive Handlung kann in einem guten Roman so dargestellt werden, dass sie glaubwürdig erscheint.
Was jedoch recht früh auffällt und was ich wirklich nicht ignorieren kann, sind die historischen Fehler und Anachronismen. Damit meine ich nicht die Änderungen und Anpassungen, die die Autorin im Nachwort selbst erwähnt, wie ein Angriff der Wikinger oder aber ein Kriegszug nach Rom, denn solche Anpassungen stören mich nicht, solange sie zur Handlung passen. Aber beispielsweise ein Hexenprozess hat in einem Roman über diese Zeit nichts zu suchen. Vielmehr hätte der Klerus versuchen sollen, den Menschen den Hexenglauben auszutreiben.
Mein größter Kritikpunkt betrifft aber den eigentlichen Aufhänger der Geschichte: Die gesamte Handlung – ein Mädchen will Zugang zur Bildung und verkleidet sich deshalb als Mann und wird zum Mönch – entwickelt sich aus dem Bestreben Johannas, Wissen zu erlangen, während die Männerwelt es für ungehörig hält, dass eine Frau lesen kann, und dies sogar als Verstoß gegen Gottes Willen sieht. Tatsächlich war es aber zu dieser Zeit so, dass, abgesehen vom Klerus, weit mehr Frauen als Männer lesen konnte, Lesen sogar als Frauenbeschäftigung und als unmännlich angesehen wurde. Vielleicht war es nicht unbedingt normal, dass ein Mädchen aus dem Stand der Landbevölkerung lesen konnte, die Reaktion des Vaters wäre jedoch tatsächlich völlig übertrieben gewesen. Zudem wird im Roman auch eine Adelige für ihre Fähigkeit, lesen zu können, gerügt… Dass Frauen so einen schlechten Stand hatten, wie hier beschrieben, ist einfach nicht zutreffend, das würde eher in die Frühe Neuzeit als ins Mittelalter passen. Würde man diesen Fehler jedoch aus der Geschichte entfernen, dann würde der Aufhänger fehlen, denn Johanna hätte keinen Grund mehr, sich als Mann zu verkleiden, nur um Zugang zur Bildung zu erhalten.
Daneben gibt es noch diverse kleinere Fehler. So hat ein Mann von etwa fünfundzwanzig Jahren, dessen Frau etwa im selben Alter ist, eine Tochter, die so alt ist wie Johanna zu diesem Zeitpunkt. Der Mann hätte also mit zwölf Jahren Vater werden müssen…
Doch neben all diesen Kritikpunkten gibt es auch einige positive Dinge zu bemerken. So ist die Geschichte an sich durchaus spannend erzählt. Johanna erlebt diverse Abenteuer und trifft auf interessante Leute, immer mal wieder läuft sie Gefahr, entdeckt zu werden. Bis hin zum Finale konnte mich der Roman durchaus unterhalten. Der Schreibstil ermöglicht es, das Buch flüssig zu lesen, das Wort „Meter“, das mir mehrmals aufgefallen ist, schiebe ich mal auf den Übersetzer und hoffe, dass es nicht im Original zu finden ist.
Unglaubwürdig fand ich dagegen wieder, dass Johanna selbst der Kirche und dem christlichen Glauben gegenüber sehr kritisch eingestellt ist und sich dennoch für eine kirchliche Laufbahn entscheidet. So wird sie von ihrer heidnischen Mutter über sächsische Götter unterrichtet, durch einen ihrer Lehrer, der ihr die griechischen Philosophen näher bringt, lernt sie, an der Glaubwürdigkeit der Kirche zu zweifeln. Und trotzdem wird sie, wie der Titel verrät, selbst zum obersten Vertreter der Kirche! Das passt irgendwie nicht.
Mit der Charakterdarstellung hatte ich ebenfalls so meine Probleme, denn eine so extreme Einteilung in Gut und Böse habe ich bisher in kaum einem anderen Roman abseits des Romance-Genres vorgefunden.
In ihrem Nachwort geht Donna W. Cross auf einige Dinge ein, die die Historie betreffen, insbesondere der Frage, ob es eine Päpstin gegeben haben könnte. Sie kommt zu dem Schluss, dass es so gewesen sein muss, dass die Faktenlage keine andere Deutung zulässt. Dies halte ich jedoch für problematisch, denn viele der „Fakten“ sind schlichtweg falsch oder lassen zumindest auch andere Deutungen zu. Als Autor kann man zu seinen Vorstellungen stehen, sollte jedoch auch andere Möglichkeiten zulassen und die Leser nicht davon überzeugen wollen, dass seine Darstellung die einzig richtige ist.

Fazit
Ignoriert man die Tatsache, dass der Aufhänger der Geschichte aus der Luft gegriffen ist, und hat man kein Problem mit einer extrem einseitigen Charakterdarstellung, dann erwartet einen hier eine durchaus spannende Geschichte. Wer allerdings eine durchweg glaubwürdige Handlung und ein Mindestmaß an historischer Genauigkeit erwartet, wird wahrscheinlich enttäuscht werden.