Archiv der Kategorie: Buchgeplauder

In histfic we kill them because they died.

Vielleicht ist es euch auch schon einmal so ergangen: Ihr lest einen historischen Roman, fiebert mit den Haupt- und Nebencharakteren mit, und plötzlich und unerwartet stirbt eine der liebgewonnenen Figuren. Ihr seid entsetzt und fragt euch, warum es gerade diese Person treffen musste, doch dann schlagt ihr bei Wikipedia nach und stellt fest, dass der Autor gar nicht anders konnte, schließlich handelt es sich um eine historische Person, die nun einmal genau zu diesem Zeitpunkt unter diesen Umständen gestorben ist.

Die Autorin Patricia Bracewell hat dies neulich auf ihrer Facebook-Seite so beschrieben:

Patricia Bracewell

Eigentlich habe ich diese Einstellung immer für selbstverständlich gehalten, denn historische Romane sollen zwar in erster Linie unterhalten, aber eben auch die Vergangenheit, ob nun mit fiktiven oder historischen Charakteren, so abbilden, wie sie hätte sein können. Dazu gehört dann eben, dass Personen ums Leben kommen, wenn ich es eigentlich gar nicht lesen will, und andere, verhasste Charaktere allen Widrigkeiten zum Trotz länger leben und wirken als es mir gefällt. Doch neben dem Datum und den Umständen des tatsächlichen Todes gehört für mich zur Darstellung historischer Charaktere auch dazu, dass auch sonstige wichtige Lebensdaten in etwa stimmen, sofern sie bekannt sind.

Aber haben die Autoren tatsächlich keine Wahl?

In den letzten paar Jahren habe ich mehrere Romane gelesen, deren Autoren sich recht große Freiheiten in der Darstellung der Ereignisse nehmen. Manchmal sind historische Nachbemerkungen vorhanden, in denen dann auf Änderungen eingegangen wird, in anderen Fällen bin ich durch eigene Recherche auf Unstimmigkeiten gestoßen.
Kleinere Anpassungen aus dramaturgischen Gründen sehe ich dabei recht gelassen, denn ich will mich schließlich unterhalten lassen und einen Roman, keine geschichtliche Abhandlung lesen, und irgendwo muss ein Autor ja auch gewisse Freiheiten haben. Aber gelegentlich passiert es auch, dass jemand, der eigentlich längst tot sein sollte, quicklebendig durch einen Roman hüpft. In den beiden Fällen, die mir spontan einfallen, wäre dies allerdings nicht einmal notwendig gewesen, die Rollen hätte auch irgend eine andere Person ausfüllen können, ob nun fiktiv oder real. Muss man also, nur um noch einen großen Namen nennen zu können, die Glaubwürdigkeit des Romans riskieren? Denn in dem Fall wird ja die Vergangenheit nicht mehr so abgebildet, wie es tatsächlich gewesen sein könnte, denn diese Person hätte definitiv nicht anwesend sein können.
In einem anderen Fall haben die Autoren eine wichtige Nebenperson gegen Ende des Romans getötet, obwohl diese noch lange über diesen Zeitpunkt hinaus gelebt hat. Zudem hat in diesem Fall sehr wenig Material über die historischen Persönlichkeiten die Jahrhunderte überdauert, so dass ich es noch trauriger finde, dass dieses nicht dazu genutzt wurde, eine glaubwürdige Geschichte zu erzählen.

Auch wenn ich traurig bin, wenn eine geliebte Person im Roman sterben muss, weil dies nun einmal in der Realität so passiert ist, so sehe ich dies wesentlich lieber, als wenn Autoren den Tod ignorieren und dadurch die Geschichte verändern.

Wie seht ihr das? Räumt ihr den Autoren hier große Freiheiten ein oder bevorzugt ihr es so dicht an der Realität wie möglich?

Umzug und Verlosung

Hallo ihr Lieben,

die Tage bin ich völlig mit dem Umzug beschäftigt und war auch die letzten Tage überhaupt nicht online. Dafür habe ich recht viel meiner Zeit in schwedischen Möbelhäusern und beim Streichen von Wänden verbracht. Die Auslosung für Das Reich des Teufelsfürsten verzögert sich um ein paar Tage, bis ich wieder ein wenig Ruhe habe. Ich hoffe, ihr verzeiht die Verzögerung!

Wo kommt denn die Kartoffel her? – über Anachronismen in historischen Romanen

Vor ein paar Monaten habe ich mich mit meinem Vater über Anachronismen in Romanen unterhalten, über Dinge, die es zu dem Zeitpunkt, zu dem der Roman spielt, am jeweiligen Handlungsort nachweislich noch nicht in der Form gegeben hat.
Ich war der Meinung, dass nicht jeder Anachronismus gleichwertig negativ gesehen werden darf. Eine Kartoffel im Mittelalterroman beispielsweise stört mich mehr als eine Baumart, die erst ein Jahrhundert später in diesem Land heimisch geworden ist, und Gegenstände, die für die Handlung wichtig sind, finde ich schlimmer als solche, die eigentlich nur beiläufig erwähnt werden. Über die Kartoffel ärgere ich mich regelrecht, schließlich gehört das meiner Meinung nach zur Allgemeinbildung, dass sie aus Amerika stammt und somit allerfrühestens Ende des 15. Jahrhunderts nach Europa gekommen sein kann – dass es dann noch einmal ein paar Jahrhunderte gedauert hat, bis sie auch auf dem Speiseplan stand, kommt dann noch dazu. Wann aber nun bestimmte Pflanzensorten sich wie innerhalb Europas verbreitet haben ist dagegen Spezialwissen.
Mein Vater dagegen meinte, dass sich der Autor bei jedem einzelnen Gegenstand sicher sein sollte, ob er denn wirklich zu dieser Zeit schon existiert hat, und im Zweifelsfall sollte man lieber darauf verzichten, ihn zu erwähnen.

Manche Anachronismen kommen auch häufiger vor, wie beispielsweise die Kutsche. Zwar hatten die Römer schon etwas Ähnliches entwickelt, doch ist die Erfindung in Vergessenheit geraten. Erst gegen Ende des Mittelalters wurde sie neu erfunden. In nicht wenigen Romanen, die früher spielen, kommt aber eine Kutsche vor, nicht selten spielt sie für die Handlung eine wichtige Rolle, weil die Kutsche überfallen wird, dort ungestört geredet werden kann, in ihr Rollen getauscht werden und so weiter.
Ebenfalls häufiger bin ich schon über Falkenhauben gestolpert, diese kleinen Lederkäppchen, die den Greifvögeln bei der Beizjagd über den Kopf gezogen werden. Diese sind erst mit Kaiser Friedrich II. nach Europa gekommen, vorher gab es sie nur im Orient. Zwar werden diese Hauben in den Romanen meist nur beiläufig erwähnt und sind für die Handlung nicht wichtig, dennoch stolpere ich jedes Mal darüber, seit ich durch einen anderen Roman darauf aufmerksam geworden bin.
Und dann gibt es ja auch noch Dinge, die es früher schon gab, die man aber nicht mit dem heutigen Begriff benannt hat. Im engeren Sinne bezeichnet Tee einen Aufguss mit Bestandteilen der Teepflanze, die erst im 17. Jahrhundert in Europa bekannt geworden ist, doch der Begriff wird heute auch für andere heiße Aufgüsse verwendet. Mich stört dieser Begriff in Mittelalterromanen eher weniger, denn wenn jedes Wort gestrichen würde, das es damals nicht gegeben haben kann, wären die Romane wohl wesentlich anstrengender zu lesen.

Was denkt ihr? Stört ihr euch überhaupt an Anachronismen? Und wenn ihr über welche stolpert, ärgert ihr euch darüber oder lest ihr einfach weiter? Welche sind euch schon begegnet?