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Christopher Whyte – Die stumme Sängerin

AutorChristopher Whyte
TitelDie stumme Sängerin
OriginaltitelThe Cloud Machinery
ÜbersetzerHanna van Laak
Seitenzahl367
VerlagFischer
ISBN978-3-596-16315-1
Bewertung

Inhalt
Venedig, 1761: Vor sieben Jahren ist der adelige Theaterbesitzer Alvise Contarini während einer Vorstellung ermordet worden, nun endlich wurden die Erbstreitigkeiten geschlichtet.
Der neue Besitzer plant, das Teatro Sant‘ Igino so schnell wie möglich wieder zu öffnen und stellt dazu Ansaldo Limentani ein, der die Leitung übernehmen soll.
Doch das Theater umgibt ein Geheimnis, denn es ist nicht völlig verlassen, denn zwei Gestalten sind dort mehrfach gesichtet worden.
Unterdessen ist der Naturphilosoph Andreas Hofmeister auf der Suche nach dem Magier Goffredo Negri und einer jungen Frau, die etliche Jahre zuvor aus Neapel verschwunden ist…

Meine Meinung
Die stumme Sängerin ist einer der Romane, die ich mir wahrscheinlich nicht genauer angeschaut hätte, wäre er mir nicht aus zweiter Hand zugefallen. Und so habe ich ihn kürzlich vorgenommen, als ich ein schnelles Buch für zwischendurch gesucht habe, an das ich ohne Erwartungen herangehen konnte.
Der historische Hintergrund des Romans ist eigentlich recht interessant, denn es wird einiges über das Theater und die Oper des 18. Jahrhunderts in Italien vermittelt, sei es der Aufbau der Bühne mit seinen Maschinerien, Information über die Kastratensänger oder einfach nur, wie das Theater von vielen Besuchern wahrgenommen wurde, nämlich als Bühne, um sich selbst zu präsentieren. Allerdings sind diese Informationen eher beiläufig enthalten, Beschreibungen, insbesondere zur Wolkenmaschine, einer bestimmten Art der Bühnenmaschinerie, kratzen an der Oberfläche, so dass man sich ohne Vorwissen viele Dinge nur schwer vorstellen kann.
Die Handlung, die in diesen Hintergrund eingebettet ist, konnte mich schon zunächst interessieren. Zwar ist der Aufbau recht ungewöhnlich gestaltet, da immer mehr und mehr Charaktere eingeführt werden und zudem ständig zwischen diesen hin- und hergesprungen wird, so dass ich bis weit in das Buch hinein noch kaum eine Vorstellung hatte, worum es gehen sollte. Zudem bestehen manche Kapitel fast nur aus wörtlicher Rede, und es werden viel zu viele Dinge beschrieben, die für die weitere Handlung völlig unwichtig sind, wie beispielsweise eine Prozession durch die Pfarrgemeinde, die zu Beginn immer wieder aufgegriffen wird. Hätte der Autor auf einige unwichtige Nebencharaktere und Beschreibungen verzichtet, so wäre der Roman an sich möglicherweise um einiges verständlicher.
Dennoch war es spannend, zu erleben, wie innerhalb weniger Tage nicht nur ein Ensemble angeworben wird, sondern zusätzlich noch mehrere Opern einstudiert werden sollen. Dabei steht natürlich immer die Frage im Raum, wie Contarini Jahre zuvor umgekommen ist. Und auch der zweite Handlungsstrang, die Suche nach Goffredo Negri, schien nicht uninteressant zu sein, auch wenn die Verbindung zunächst unklar ist. Spätestens nach den ersten einhundert Seiten hatte ich hier einen netten Musikroman mit einem Krimianteil erwartet.
Doch etwa ab der Mitte des Buches driftet der Roman durch okkulte Praktiken ins Fantasygenre ab, eine Entwicklung, die vorher durch nichts erkennbar war, nicht durch die Aufmachung des Buches, auch nicht durch den Klappentext oder eine irgendwie geartete Kennzeichnung, selbst in den wenigen Rezensionen, die ich zu dem Buch finden konnte, wird es nicht erwähnt. Und es handelt sich hier nicht um Kleinigkeiten, sondern große, handlungsbestimmende Themen: Echte Magie wie Nekromantie, Verbannung in andere Sphären, diverse Verzauberungen, Beschwörung von Naturgewalten sind nur einige Beispiele. Somit wird aus dem wörtlichen Deus ex Machina, also dem Erscheinen eines Gottes durch eine Theatermaschine, ein sprichwörtlicher.
Dies ist schade, denn dadurch wurde die Spannung, die zuvor aufgebaut wurde, völlig zerstört, logische Erklärungen braucht man von nun an nicht mehr zu erwarten.
Wie schon erwähnt erscheint auf den doch eher wenigen Seiten eine große Anzahl an Charakteren, was ein hohes Maß an Konzentration erfordert, denn ständig werden neue eingeführt, was zur Folge hat, dass die meisten der vorgestellten Figuren blasse Abziehbilder ohne Persönlichkeit bleiben, nur wenige stechen heraus. Insbesondere der Cembalist Domenico soll hier genannt werden, der unverschuldet in die Armut geraten ist und nun von Limentani als musikalischer Leiter angeworben wird. Domenico ist, obwohl er recht spät eingeführt wird, die tragende Figur des Romans, die letzten Endes unbewusst für die Verbindung der Handlungsstränge sorgt. Er ist ein recht sympathischer junger Mann, der seine Homosexualität verbirgt, um einer Strafe zu entgehen. Nur wer ihn kennt weiß von seiner sexuellen Ausrichtung.
Hier entwickelt sich auch eine Liebesgeschichte, die für den Verlauf des Romans wichtig ist, aber nicht im Detail beschrieben wird.
Zusatzmaterial ist leider überhaupt nicht vorhanden, dabei hätte es mich schon interessiert, was den Autor zu diesem Roman inspiriert hat, und auch ein musikalisches Glossar hätte nicht geschadet.

Fazit
Das war nichts. Zunächst völlig verwirrend, zwar kurzzeitig spannend, dann aber völlig absurd, mit einer Auflösung, die keine Erklärung erfordert, weil hier Magie im Spiel ist. Auf so etwas kann ich bestens verzichten.

Rebecca Gablé – Die fremde Königin

Autor Rebecca Gablé
Titel Die fremde Königin
Serie Otto der Große Band 2
Seitenzahl 763
Verlag Lübbe Ehrenwirth
ISBN 978-3-431-03977-1
Bewertung

Inhalt
Garda, 951: Adelheid, die verwitwete Königin Italiens, wird von Berengar von Ivrea gefangen gehalten. Sie soll seinen Sohn heiraten, damit die Königswürde auf seine Familie übergeht, dabei war es Berengar, der ihren Mann vergiften ließ. Doch nach viermonatiger Gefangenschaft gelingt es ihr, aus dem Verlies zu fliehen und sich in Sicherheit zu bringen.
Hilfe erhält sie dabei von Gaidemar, einem Bastardsohn aus der Verwandtschaft König Ottos. Schon bald ist er von Adelheid fasziniert, die auch nach so langer Gefangenschaft ungebrochen und immer gefasst ist. Doch in Pavia wartet König Otto auf sie, um ihr ein Angebot zu machen, das sie kaum ausschlagen kann…

Meine Meinung
Die Romane der Autorin Rebecca Gablé stehen für mich für Bücher, die man kaum aus der Hand legen kann, gute Unterhaltung, eingebettet in die tatsächlichen historischen Begebenheiten, dass man so ganz nebenbei noch sehr viel über deutsche und englische Geschichte lernen kann. Und jedes Mal geht es mir wieder so, dass ich Romane dieser Autorin schneller durchlese als manch andere Bücher anderer Autoren, die nur halb so viele Seiten haben.
Man merkt, ich liebe diese Bücher. Dennoch soll dies kein reines Loblied auf sie sein, sondern eine kritische Betrachtung.
Der vorliegende Roman beschreibt die Zeit König Ottos von seiner Hochzeit mit Adelheid bis zur Kaiserkrönung, deckt also etwa elf Jahre ab. In dieser Zeit passiert sehr viel, es gibt Krieg innerhalb der Familie, aber auch mit den Ungarn, den Slawen und den Italienern, und eine der Hauptpersonen ist eigentlich immer mitten drin. Aber auch die Politik spielt eine große Rolle, denn die Herzöge des Reiches sind alle mit Otto verwandt und verschwägert, und auch die kirchliche Macht liegt zum Teil in den Händen der Familie, was nicht nur positive Seiten hat. Hier muss man schon mal ein wenig Konzentration aufwenden, um die Gründe für das Hin und Her über die Dauer des Buches nicht aus den Augen zu verlieren. Wer das nicht mag, ist mit diesem Roman wie auch mit Büchern der Autorin im Allgemeinen nicht gut beraten. Viele Ereignisse sind dabei bis heute überliefert, andere Informationen jedoch nur oberflächlich in den alten Texten enthalten oder sehr widersprüchlich, so dass das Gerüst der Romanhandlung durch die Historie zwar vorgegeben ist, jedoch auch noch genügend Freiraum für die Autorin vorhanden ist, der Phantasie freien Lauf zu lassen und die Handlung mit Leben zu füllen.
Dabei werden die meisten Charaktere aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Insbesondere Adelheid zeigt so viele verschiedene Seiten, dass ich selbst zum Ende hin nicht wusste, ob ich sie als Romanfigur mochte oder nicht, mal war sie mir richtig sympathisch, dann wieder eher das genaue Gegenteil. Sie ist eine sehr gute Politikerin, sehr darauf bedacht, Situationen zum Vorteil ihrer Familie auszunutzen, selbst wenn das bedeutet, ihrem Gatten Informationen vorzuenthalten. Dennoch hat sie auch eine sehr menschliche Seite, die besonders, aber nicht nur im Umgang mit ihren Kindern deutlich wird.
Eine weitere Hauptperson ist Gaidemar, ein fiktiver Charakter aus Ottos Familie. Wer schon den einen oder anderen Roman von Rebecca Gablé gelesen hat, weiß, wie sie ihre fiktiven Charaktere zeichnet: Sie sind in der Regel prinzipientreu und edel, stehen zu ihrem Wort, selbst wenn es sie in Schwierigkeiten bringt, und Freundschaften sind ihnen sehr wichtig. Und genau dies trifft auch auf Gaidemar zu, er ist eindeutig der Sympathieträger in diesem Roman, nur selten bricht er aus seiner Rolle aus, dann aber überrascht dies umso mehr. Dadurch, dass wir ihn erst als jungen Mann von gut zwanzig Jahren kennen lernen, erfahren wir nicht besonders viel über seine Vergangenheit. Er ist ein Panzerreiter, der in einer Ziehfamilie aufgewachsen ist. Er hadert mit seiner Herkunft als Bastard, insbesondere aber damit, dass er nicht weiß, wer seine Eltern waren, macht jedoch das Beste daraus. Im Vergleich zu den fiktiven Hauptcharakteren anderer Romane der Autorin steht jedoch ein wenig im Hintergrund, es ist nicht seine Geschichte, die im Mittelpunkt steht, vielmehr hatte ich den Eindruck, dass die Historie hier das Zentrum der Handlung biödet und Gaidemar nur einen bestimmten Anteil darin hat.
Auch nach inzwischen zehn historischen Romanen weiß ich noch nicht, ob ich es mag oder nicht, wie Frau Gablé ihre Helden zeichnet, denn eigentlich sind sie sich charakterlich zu ähnlich. Dann aber, wenn die fiktiven Hauptcharaktere stärker in den Hintergrund rücken wie hier, fehlt mir irgend etwas. Und so hätte ich hier gerne mehr über Gaidemar gelesen, vielleicht die eine oder andere Episode, die ihn näher beschreibt, um ihn von anderen Gablé-Charakteren zu unterscheiden.
Viele der Personen aus diesem Roman kommen bereits im vorhergehenden Band vor, darunter auch Ottos Bruder Heinrich von Bayern, der hier Henning genannt wird, um es dem Leser zu erleichtern, den Überblick über die ganzen Personen zu behalten. Zwar werden die meisten Charaktere auch hier wieder passend eingeführt, so dass man Das Haupt der Welt nicht zwingend gelesen haben muss, es erleichtert das Verständnis aber sehr, wenn man ihn kennt, schon alleine, um das Verhältnis Ottos zu seinen Brüdern nachvollziehen zu können, denn hier die ganze Vorgeschichte nachzuerzählen hätte einfach den Rahmen gesprengt.
Der Schreibstil ist so, wie man es auch von anderen Romanen der Autorin kennt, nämlich flüssig zu lesen. Komplizierte Sachverhalte werden leicht verständlich dargestellt, Kampfszenen so beschrieben, dass man erkennt, wie brutal der Krieg war, ohne dass dies jedoch ausgemerzt wird. Gleiches gilt für die enthaltene Liebesgeschichte, die sich zwar im Buch findet, aber eben nicht den Hauptteil der Geschichte ausmacht. Auch auf glückliche Zufälle, die die Handlung gerade noch rechtzeitig drehen, verzichtet die Autorin weitestgehend, nur eine Szene gegen Ende könnte man als solchen bezeichnen, ich fand die Situation jedoch schlüssig.
An Zusatzmaterialien wird auch hier nicht gespart. Neben einem ausführlichen Nachwort findet man hier auch wieder ein Personenregister, in dem die wichtigsten Personen enthalten sind, sowie eine farbige Karte und einen Stammbaum der Ottonen, auch ein paar hübsche Illustrationen zu Beginn jedes größeren Abschnitts sind enthalten.

Fazit
Wer schon mit anderen Romanen von Rebecca Gablé wenig anfangen konnte, wird hier wenig Neues finden. Wer sich jedoch für ihre Art, in die Vergangenheit einzutauchen, begeistern kann, wird sich auch hier wieder für viele Stunden an sein Buch gefesselt sehen. Auch wenn dieser Roman vielleicht nicht der beste der Autorin ist, konnte er mich wieder sehr gut unterhalten.

Vielen Dank an die Lesejury für das Leserunden-Exemplar!

Sabine Weigand – Das Perlenmedaillon

Autor Sabine Weigand
Titel Das Perlenmedaillon
Seitenzahl 590
Verlag Fischer
ISBN 978-3-596-16359-5
Bewertung

Inhalt
Nürnberg, 1494: Der Goldschmied Heinrich Brandauer sieht in Niklas einen vielversprechenden Gesellen. Für seine Tochter Helena hofft er auf eine gute Partie, um so selbst gesellschaftlich aufsteigen zu können.
Doch die jungen Leute sind ein Paar, hoffen auf den Segen des Vaters. Als dieser aber erkennen muss, dass Helena ein Kind erwartet, wirft er Niklas aus dem Haus, und Helena muss ihr Kind heimlich zur Welt bringen.
Während der junge Goldschmied in die Welt hinaus zieht, soll Helena schnellstmöglich verheiratet werden.
Auch Anna, eine junge Frau, die in der Stadt ihr Glück gesucht hat und im Hurenhaus gelandet ist, hat es nicht gerade leicht. Ihr Trost ist ihre Wölfin, der sie blind vertrauen kann.

Meine Meinung
Das Perlenmedaillon ist der zweite Roman der Autorin Sabine Weigand. Wie schon in Die Markgräfin gibt es auch hier einen Handlungsstrang, der in diesem Jahrtausend spielt, jedoch rahmt dieser die Handlung in der Vergangenheit nur als Prolog und Epilog ein und wechselt sich nicht mit dieser ab. Diese wenigen Seiten fand ich absolut unnötig, weder wird dadurch die Spannung erhöht noch irgend etwas aufgeklärt. Man hätte sie auch einfach weglassen können, denn einen Mehrwert gibt es dadurch nicht.
Wieder einmal hat sich die Autorin an einer realen Person orientiert, deren Erlebnisse jedoch so weit an entscheidenden Punkten abgewandelt, dass eine ganz eigene Geschichte erzählt wird. Das ist insoweit legitim, da es sich um einen Roman handelt. Dass Sabine Weigand hier im Nachwort sogar erklärt, wo sie von den Fakten abgewichen ist, ist ein Service an den Leser. Irritiert hat mich jedoch, dass der Roman im Klappentext als „die wahre Geschichte der Helena Heller“ bezeichnet wird, wenn es doch keine historische Helena Heller gab. Dies laste ich dem Roman selbst nicht an, jedoch sollten dem Verlag solche Fehler und irreführenden Werbesprüche nicht passieren.
Im Zentrum des Romans steht eben jene Helena, die gegen ihren Willen das angesehene Ratsmitglied Konrad Heller heiraten muss. Ihr Leben wird schon bald zur Hölle, denn Konrad lässt seinen Frust gerne an ihr aus. Dennoch versucht sie, alleine mit dieser Situation zurecht zu kommen. Die zweite Hauptperson ist Niklas, der sich im fernen Venedig ein neues Leben aufbaut und dort sein Handwerk ausübt, seine Jugendliebe aber nie vergessen kann. Auch Anna, die Hübschlerin, die jede Gelegenheit nutzt, ihr Leben zu verbessern, spielt eine wichtige Rolle.
Alle drei Hauptcharaktere sind als Sympathieträger angelegt, Niklas und Helena zeigen aber kaum Persönlichkeit. Am besten hat mir Anna gefallen, weil sie sich nicht nur durch das definiert, was mit ihr passiert. Die drei geraten in Situationen, in denen sie unter den Einfluss von Personen gelangen, deren deutlichster Charakterzug die Bösartigkeit ist. Auch wenn nicht alles nur schwarz-weiß gesehen werden kann, so war mir diese Darstellung dennoch ein wenig zu platt.
Echte historische Personen tauchen übrigens auch auf. Besonders ist an dieser Stelle Albrecht Dürer zu erwähnen, der nicht nur in seiner Funktion als Künstler auftritt.
Die meiste Zeit über laufen die drei Handlungsstränge parallel nebenher, es gibt zwar Verknüpfungen wie Briefe und das besondere Perlenmedaillon, das hier und da mal auftaucht, davon abgesehen gibt es aber eher wenige Berührungspunkte, die auf mich manches Mal recht konstruiert gewirkt haben. Und so werden über große Teile des Buches drei Geschichten nebeneinander her erzählt, und erst am Ende laufen sie dann mehr oder weniger zusammen.
Dadurch, dass der Roman einen Zeitraum von etwa vierzehn Jahren abdeckt, ist jede Geschichte für sich genommen nicht gerade umfangreich, jedoch hatte ich nicht das Gefühl, als hätten sie stärker ausgebaut werden müssen. Dennoch konnten sie mich nicht alle über die gesamte Dauer des Buches fesseln, mal fand ich den einen Handlungsstrang, mal einen anderen interessanter, oft haben sie aber nur vor sich hin geplätschert und ich habe darauf gewartet, dass endlich etwas passiert. Spannung ist immer mal wieder aufgetreten, jedoch selten über einen längeren Zeitraum. Dabei ist Helenas Geschichte am prägnantesten, wird hier doch deutlich dargestellt, welche Rechte und Pflichten eine Ehefrau in Nürnberg doch hatte und inwiefern sie auf Unterstützung hoffen konnte. Stellenweise war das schon sehr bedrückend beschrieben. Das Ende mag für den einen oder anderen Leser unerwartet kommen, für mich war es jedoch weitestgehend stimmig, wenn es auch einer der Punkte ist, an denen die Autorin von der Biografie des historischen Vorbilds abgewichen ist. Ein anderes Ende dichter am Vorbild hätte mich jedoch auch nicht gestört.
Besonders auffällig an diesem Roman sind die bereits erwähnten Briefe sowie Aufzeichnungen für ein Buch. Diese sind nämlich so verfasst, wie Menschen in der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit geschrieben haben mögen, nämlich jenseits aller Rechtschreibregeln. Vielleicht soll dies einen Eindruck von Authentizität vermitteln, mich haben diese Abschnitte jedoch sehr gestört, lassen sie sich doch sehr schlecht lesen. Mir hätte es besser gefallen, wenn diese in ganz normalem, heutigen Deutsch geschrieben worden wäre. Irgendwann habe ich sie weitestgehend nur noch überflogen, da sowieso sehr selten Dinge erwähnt werden, die für die Handlung relevant sind.
Ebenso störend fand ich, dass in Niklas‘ Handlungsstrang immer wieder italienische Wörter eingeflochten wurden. Ich verstehe nicht, warum das nötig ist, die Charaktere würden doch durchweg Italienisch sprechen, was für den Roman einfach ins Deutsche übertragen wurde. Warum lässt man dann einzelne Wörter stehen?

Fazit
Das Perlenmedaillon ist in seiner Art schon ein wenig speziell, insbesondere das Stilmittel der Briefe scheint zu polarisieren. Mich konnte der Roman nicht völlig überzeugen, zu konstruiert war er an einigen Stellen, er war allerdings auch kein völliger Fehlgriff. Wer andere Bücher von Sabine Weigand kennt und mag wird möglicherweise auch hier seine Freude haben.

Ulf Schiewe – Der Schwur des Normannen

Autor Ulf Schiewe
Titel Der Schwur des Normannen
Serie Robert Guiscard Band 3
Seitenzahl 443
Verlag Knaur
ISBN 978-3.426-51640-9
Bewertung

Achtung: Diese Rezension enthält kleinere Spoiler zu Das Schwert des Normannen und Die Rache des Normannen!

Inhalt
Süditalien, 1054: Nach den Ereignissen in Salerno hat Gilbert seinen Dienst bei seinem Herrn und Ziehbruder Robert Hauteville, genannt Guiscard, das Schlitzohr, aufgekündigt. Besonders, seit er erfahren hat, dass er zwischenzeitlich Vater geworden ist, hält ihn nichts mehr davon ab, seine Geliebte Gerlaine zu suchen, die von muslimischen Sklavenhändlern entführt wurde. Doch wo soll Gilbert mit der Suche beginnen? Der junge Mann erhält Unterstützung von verschiedenen Seiten, und so begibt er sich nach Sizilien, dem Reich der Sarazenen, wo er weitere Hinweise über die Identität der Piraten zu finden hofft. Sein einziger Anhaltspunkt ist der Hinweis auf eine besondere Tätowierung…

Meine Meinung
Während es in den ersten beiden Bänden um historische Ereignisse aus dem Leben Robert Guiscards ging, in denen der fiktive Charakter Gilbert Le Porchon mitgemischt und den Erzähler gegeben hat, geht es hier überwiegend um Gilberts eigene Erlebnisse. Diese sind zwar zum Großteil frei erfunden, basieren aber auf Tatsachen wie dem Sklavenhandel im Mittelmeerraum und der Besiedelung Siziliens durch die Sarazenen. Dabei wird wieder viel Hintergrundwissen vermittelt, auch wenn einige historische Ereignisse aus dramaturgischen Gründen zeitlich verschoben wurden.
Die Abenteuer selbst sind spannend beschrieben, immer habe ich mit den Helden mitgefiebert. Um wirklich authentisch zu sein spielt das Glück eine zu große Rolle, doch hat mich das hier kaum gestört.
Wie schon in den vorherigen Bänden ist auch Gilbert wieder der Ich-Erzähler des Romans. War mir der erste Band noch zu nüchtern, zu sehr von außen beschrieben, hat Ulf Schiewe hier wie schon im direkten Vorgänger den richtigen Punkt zwischen zu trockener und zu emotionaler Darstellung gefunden, um den Leser mit ihm mitfiebern und mitfühlen zu lassen. Dabei ist Gilbert auch erwachsener geworden, mit seinen vierundzwanzig Jahren muss er wichtige Entscheidungen treffen, von denen das Wohl seines Sohnes oder das Leben seiner Freunde abhängt, ist er doch der Anführer seiner kleinen Truppe. Auch wenn nicht alle diese Entscheidungen besonders glücklich sind, so zieht er daraus doch seine Lektionen.
Die meisten anderen Charaktere, unter ihnen auch Gerlaine, bleiben leider eher blass, da sie nur aus Gilberts Sicht beschrieben werden, dies ist aber bei Ich-Erzählungen keine Seltenheit. Auch wenn es einige Charakter gibt, die man direkt als gut oder böse beziehungsweise den Helden freundlich oder feindlich gesinnt zuordnen kann, so ist dies längst nicht bei allen der Fall. Manche können auch selbst spät im Buch noch überraschen.
Um den Einstieg zu erleichtern oder die Erinnerung zu den ersten Bänden aufzufrischen gibt es hier immer mal wieder einzelne Sätze oder Absätze, die über vorhergegangene Ereignisse aufklären, auf lange und komplexe Erklärungen wird jedoch verzichtet. Dies ist sehr angenehm, war mir doch längst nicht mehr alles präsent. Dennoch würde ich empfehlen, die Vorgänger zunächst zu lesen, weil sonst doch viele Details nicht ganz so leicht nachzuvollziehen sind.
Als Zusatzmaterial sind sowohl eine Karte als auch ein sehr ausführliches Personenregister enthalten, historische Nachbemerkungen vermitteln zusätzliches Hintergrundwissen und klären darüber auf, welche Ereignisse fiktiv und welche historisch belegt sind.

Fazit
Vielleicht haben Gilbert und seine Freunde ein wenig zu viel Glück, als dass dieser Roman vollständig glaubwürdig ist, als Abenteuergeschichte mit historischem Hintergrund funktioniert diese Geschichte aber wunderbar. Wer sich für die Geschichte der Normannen in Italien interessiert, sollte sich diese Reihe genauer anschauen, ich empfehle jedoch, mit dem ersten Band zu starten.

Vielen Dank an den Knaur-Verlag und Lovely Books für das Leserunden-Exemplar!

Valeria Montaldi – Der Herr des Falken

Autor Valeria Montaldi
Titel Der Herr des Falken
Originaltitel Il Signore del Falco
Übersetzer Karin Diemerling
Serie Pater Matthew Band 2
Seitenzahl 476
Verlag Bastei Lübbe
ISBN 3-404-15243-3
Bewertung

Inhalt
Mailand, 1226: Aus dem Vettabbia-Kanal wird eine Leiche geborgen. Schon bald steht fest, dass es sich bei der Toten um eine Adelige handelt und dass diese höchstwahrscheinlich ermordet wurde, nachdem sie kurz zuvor ein Kind zur Welt gebracht hat. Auch ein möglicher Täter ist schnell ausgemacht, doch dessen Beziehungen zum Klerus verhindern, dass es zu Ermittlungen kommt.
Doch wo ist das Kind abgeblieben?
Mailand, 1243: Abt Arnolfo wird von Albträumen geplagt, die mit dem Mord von damals zu tun haben. Plötzlich scheint es ihm wichtig, das Kind ausfindig zu machen. Und so beauftragt er Pater Matthew, der sich noch nicht lange in der Gegend aufhält, damit, Erkundigungen einzuziehen…

Meine Meinung
Der Klappentext hat mich hier zunächst einen Krimi vermuten lassen. Allerdings stellt sich schnell heraus, dass diese Vermutung falsch ist, denn um die Aufklärung des Mordes geht es hier nicht. Vielmehr geht es vordergründig um die Suche nach dem mittlerweile erwachsenen Kind.
Allerdings wird diese junge Frau dem Leser schon sehr früh vorgestellt, so dass hauptsächlich beschrieben wird, wie Matthew sie letzten Endes findet und identifiziert.
Zusätzlich werden aber noch einige andere Themen angesprochen, die dazu führen, dass die Wege völlig unterschiedlicher Personen sich kreuzen. Unter anderem handelt es sich um Politik, genauer gesagt die Bedrohung Mailands durch Kaiser Friedrich II., Medizin, in der mehrere auftretende Personen bewandert sind, sowie Religion, vertreten durch die Predigerin Guglielma, die vom Mailänder Klerus als Ketzerin gesehen wird. Für sich genommen finde ich jedes der Themen interessant, hier werden sie allerdings nur oberflächlich betrachtet, für mehr ist hier auf knapp 500 Seiten einfach nicht genügend Raum vorhanden. Diese oberflächliche Betrachtung führt jedoch dazu, dass die Themen zum Teil nur aufgesetzt wirken, als ob sonst nicht genügend Handlung vorhanden gewesen wäre, um den Roman zu füllen.
In sehr kurzen Kapiteln werden die verschiedenen handelnden Personen betrachtet. Zwar schneiden sich ihre Wege gelegentlich, da sie aber völlig verschiedene Ziele haben, die nichts miteinander zu tun zu haben scheinen, wird erst sehr spät klar, warum sie überhaupt in diesem Roman auftreten. Dadurch hatte ich doch gelegentlich Probleme, motiviert weiterzulesen, zu nebensächlich erschienen mir einzelne Personen und Handlungsstränge. Erschwerend kommt hinzu, dass zwischen den Kapiteln relativ viel Zeit vergeht und einige Ereignisse nur kurz rückblickend erwähnt werden, anstatt dass man als Leser direkt dabei ist.
Die meisten Personen fand ich dafür allerdings recht gelungen dargestellt, mit zwei der Charaktere konnte ich aber wenig anfangen: Aimone, der gegen Ende eine sehr moderne Einstellungen zeigt, die ich mir einfach für diese Zeit nicht vorstellen kann, und Guglielma, die Predigerin, die anscheinend in die Zukunft schauen kann. Warum ist es hier nötig, mystische Elemente hineinzubringen? Warum kann eine solche Aufgabe das Finden einer Person nicht auf normalem Wege erledigt werden?
Dass es sich bei diesem Roman um den zweiten Band einer Reihe handelt, war mir vor dem Lesen nicht bewusst, jedoch wird dies recht schnell offensichtlich, da Pater Matthews Vorgeschichte gelegentlich angesprochen wird. Auch kommt Aimone wohl schon im ersten Buch vor, so dass mir hier Vorkenntnisse gefehlt haben. Dennoch ist der Roman auch für sich gesehen zu verstehen.

Fazit
Kann man lesen, muss man aber nicht, insbesondere, da die folgenden Bände der Reihe nicht weiter übersetzt wurden.