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Axel S. Meyer – Das Buch der Sünden

AutorAxel S. Meyer
TitelDas Buch der Sünden
Seitenzahl780
VerlagRoRoRo
ISBN978-3-499-25380-5
Bewertung

Inhalt
Paris, Ostern 845: Als Wikinger die Stadt überfallen, Odos Vater getötet und seine Mutter vergewaltigt und verschleppt wird, schwört der achtjährige Junge Rache an Ragnar Loðbr​œk, dem Anführer der Nordmänner.
Sechzehn Jahre später treffen in dem Kloster, in dem Odo Aufnahme gefunden hat, neue Berichte über die Gräueltaten der Heiden ein, in denen Odo das Wirken des Teufels zu erkennen glaubt. Als ihm dann ein Dokument in die Hände fällt, das ihn in seinem Glauben bekräftigt, zieht Odo nach Haithabu, um dort den Teufel zu bekämpfen.
In Haithabu lebt der siebzehnjährige Helgi, der für die Schmiedearbeit seines Vaters wenig Begeisterung aufbringen kann. Doch dann geschehen schreckliche Dinge…

Meine Meinung
Der Autor Axel S. Meyer hat sich in den letzten Jahren mit seinen Wikingerromanen einen Namen gemacht. Dies ist sein erster Roman.
Nachdem ich den Prolog gelesen hatte, hatte ich eine Vorstellung davon, was mich erwarten würde, nämlich eine Geschichte über den jungen Odo, der als Sympathieträger Rache nehmen will und dabei das eine oder andere Abenteuer erlebt. Ich glaube nicht, dass ich mich je stärker über den Inhalt geirrt habe…
Die ersten hundert Seiten handeln nur von Odo. Zu Beginn, als Kind, das so schlimme Dinge erleben muss, erscheint er tatsächlich noch als Sympathieträger. Doch schon bald entwickelt sich der Roman in eine ganz andere Richtung, durch seine Handlungen wird der junge Mönch, der den Wahn hat, die Welt retten zu müssen, nicht nur immer unsympathischer, sondern sogar immer böser, und ich war mir nicht sicher, ob ich ein Buch mit einer so negativ beschriebenen Hauptperson überhaupt weiterlesen wollte. Doch als dann nach etwa hundert Seiten Helgi auf den Plan trat, der immer mehr die Hauptrolle übernahm, während Odo die Rolle des Antagonisten übernahm, war zumindest mein Interesse wieder geweckt.
Helgi ist ein junger Träumer, der für Rúna, die Sklavin seines Nachbarn schwärmt. Seine Taten haben auch schon mal negative Folgen, auch wenn er nichts Böses im Sinn hat. Grundsätzlich ist er einfach der nette Junge, der mal eben so in eine bedrohliche Situation gerät und mit dem man auch gerne mitfiebert. Ihn umgibt ein Geheimnis, das aber für jeden Leser, der nur ein wenig aufmerksam ist, von Beginn an wenig überraschend sein sollte.
Während Odo nun auf der Suche nach Dämonen ist, versucht Helgi einfach nur, sein Leben zu leben und einen Weg zu finden, Rúna nah zu sein. Doch schon bald entwickeln sich die Dinge ganz anders, als er je erwartet hätte.
Auch mich haben so manche Wendungen überrascht, manche positiv, andere dagegen auf negative Weise, denn nicht alle Teile der Handlung sind in meinen Augen logisch. So hatte ich meine Probleme zum Beispiel mit einem Schmiedewettbewerb zu Beginn von Helgis Geschichte. Der Schmied, der das haltbarste, schärfste Schwert schmiedet, erhält den Auftrag, innerhalb weniger Monate die Waffen für eine ganze Armee herzustellen – eine Aufgabe, die meines Wissens nach von einem einzelnen Schmied gar nicht zu meistern ist und für die man eher ein ganzes Heer von Schmieden benötigt. Dies wäre eigentlich eine Nebensache, über die ich hinweg lesen würde, wäre es für die Handlung nicht ganz so wichtig.
Diese ist, wie man sich vielleicht schon denken kann, eher blutrünstig. Es wird schon mal gekämpft, aber neben den Kampfbeschreibungen gibt es auch weitere brutale Taten, die genauer beschrieben werden.
Der geschichtliche Hintergrund spielt eine eher untergeordnete Rolle. Auch wenn hin und wieder historische Ereignisse oder Personen erwähnt werden, so dienen sie doch weitestgehend nur als Kulisse, vor der die Abenteuer stattfinden.
Meyers Sprache ist nicht zu kompliziert, einzig diverse nordische und slawische Namen hemmen den Lesefluss minimal. Da die Kapitel sehr kurz sind – selten sind sie länger als zehn Seiten, oft sind es sogar nur zwei oder drei – lässt sich der Roman recht schnell und flüssig lesen.
Mit einer Karte und einem historischen Nachwort ist der Roman ausreichend ausgestaltet.

Fazit
Ganz anders, als ich erwartet hatte. Logiklöcher und eine doch eher merkwürdig anmutende Handlung führen dazu, dass mich dieser Roman nicht überzeugen konnte, obwohl der Ansatz mit einem bösen Protagonisten doch recht interessant war.

Ricarda Jordan – Die Geisel des Löwen

AutorRicarda Jordan
TitelDie Geisel des Löwen
Seitenzahl623
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-16825-5
Bewertung

Inhalt
Kap Arkona, 1163: Vor der Insel Rujana wurde ein Schiff der Tempelritter gekapert. Zwei Überlebende sollen dem Gott Svantevit geopfert werden. Doch die dreizehnjährige Ranin Amra verhilft dem jungen Magnus, dem Neffen des dänischen Königs, zur Flucht. Ihr Einsatz ist allerdings nicht unbemerkt geblieben und hat schlimme Folgen für das Mädchen.
Fünf Jahre später: Wieder ist Magnus nach Rujana unterwegs, diesmal im Heer Heinrichs des Löwen. Das Ziel des Herzogs ist es, das Heiligtum auf Arkona zu zerstören und die Slawen zu christianisieren. All die Jahre hat Magnus Amra nicht vergessen können. Wird er sie nun wiedersehen?

Meine Meinung
Wer schon einmal auf Rügen war, wird bestimmt auch dem Kap Arkona einen Besuch abgestattet und auch davon gehört haben, dass hier früher mal ein Heiligtum der Ranen stand, das dem slavischen Gott Svantevit gewidmet war. Auch ich habe so ein wenig über die Geschichte der Insel erfahren.
Als ich also einige Monate später über diesen Roman gestolpert bin, musste ich ihn auch unbedingt lesen. Mich hat besonders interessiert, wie Ricarda Jordan sich das Heiligtum und die Verehrung des Gottes vorstellt und die Zerstörung des Tempels schildert.
Diese Schilderungen empfand ich als sehr interessant und in sich stimmig, sie nehmen allerdings nur einen kleinen Teil der Handlung ein, denn schon bald verlagert sich die Handlung an den Hof Heinrichs des Löwen. Während mir das Hofleben in seiner Darstellung ebenfalls glaubwürdig erschien, waren es gerade Amras Stellung und ihre Erlebnisse, mit denen ich so meine Schwierigkeiten hatte.
Sie ist die Tochter eines jüdischen Kaufmanns mit seiner slawischen Haushälterin. Er bekennt sich zwar nicht zu ihr, hat ihr aber viel Wissen vermittelt, so kann sie mehrere Sprachen sprechen und auch lesen und schreiben, auch ist sie sehr schlau und durchschaut die Tricks der Priester innerhalb kürzester Zeit. Zudem zieht sie mit ihren roten Haaren und grünen Augen die Aufmerksamkeit der Männer auch sich, selbst im Alter von dreizehn Jahren. Trotz ihrer Bildung ist sie schrecklich naiv, nicht nur zu Beginn, sondern auch noch Jahre später.
Wie aber gerät eine junge Frau, die offiziell nur die Tochter einer Haushälterin ist, an den Hof Heinrichs des Löwen, und noch dazu nicht als Magd, sondern als hochgestellte Geisel? Dieser Weg war mir dann doch etwas weit hergeholt. Und dass Amra, die ja so hübsch ist, es über die Jahre schafft, unberührt zu bleiben, erstaunt dann noch mehr. Hier wurde eine Heldin geschaffen, die alles kann, durch ihre Naivität aber immer wieder in Schwierigkeiten oder unglückliche Situationen gerät.
Magnus ist dann der passende Partner für sie, denn schon von Beginn an wird deutlich, dass er ihre große Liebe sein wird, obwohl sie doch nur ein paar Worte miteinander wechseln. Er ist natürlich ebenfalls gutaussehend, mit blonden Haaren und blauen Augen, dabei aber wesentlich weniger naiv, nachdem er erkennen musste, wie knapp er dem Tod entronnen ist. Als Ritter ohne Land ist er darauf angewiesen, bei seinen Herren im guten Licht dazustehen, und so entsteht hier genügend Konfliktpotential, um die Geschichte immer wieder voranzutreiben.
Auch andere Charaktere sind sehr stereotyp beschrieben, sei es nun der geldgierige, machtbesessene ranische Priester Muris, der gütige jüdische Kaufmann Baruch oder die verzogene Königstochter Mathilde, die klar in ihren Rollen als Freund oder Feind festgelegt sind.
Die Handlung selbst ist meist überwiegend spannend, wenn auch, wie bereits angesprochen, nicht immer glaubwürdig. Hier stand wohl eher die Liebesgeschichte im Zentrum, auch wenn der historische Hintergrund mir recht gut recherchiert erscheint und auch nicht uninteressant ist. Ich habe den Roman so innerhalb kurzer Zeit durchgelesen, einerseits angezogen von der doch recht spannenden Geschichte, andererseits aber auch wenig begeistert von den beschriebenen Abenteuern, die Amra hier erlebt.
In einem Nachwort geht die Autorin auch noch einmal auf die historischen Tatsachen und die Quellenllage ein, auf die Situation der Ranen, die Christianisierung der Slawen, aber auch auf Heinrich den Löwen selbst. Weiteres Zusatzmaterial ist nicht vorhanden, dabei wäre eine Karte der Gebiete um Vitt und Arkona zur damaligen Zeit schon sehr interessant gewesen.
Sprachlich ist der Roman wenig auffällig, der flüssige Schreibstil ermöglicht es, den Roman zügig zu lesen. Einige wenige slawische Namen sind gewöhnungsbedürftig und leicht zu verwechseln, dies geht jedoch weniger zu Lasten der Autorin.

Fazit
Wer hier mehr über die Ranen und die Geschichte Rügens lernen möchte, wird hier wahrscheinlich enttäuscht werden, weil dies doch eher kurz kommt. Wer sich dagegen von einer spannenden Liebesgeschichte unterhalten lassen und nebenbei ein wenig Hintergrundwissen über diese Zeit aufnehmen möchte, der ist mit diesem Buch sicher gut bedient.

Rebecca Gablé – Das Haupt der Welt

AutorRebecca Gablé
TitelDas Haupt der Welt
SerieOtto der Große Band 1
Seitenzahl864
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-431-03883-5
Bewertung

Inhalt
Brandenburg, 929: Die slawischen Heveller werden von den Sachsen unter König Heinrich angegriffen. Als die Burg fällt, werden der achtzehnjährige Priesteranwärter Tugomir und seine vier Jahre jüngere Schwester Dragomira, beide Kinder des slawischen Fürsten Vaclavic, als Geiseln genommen. Während Dragomira als Geliebte des Prinzen Otto aber gut mit ihrer neuen Situation zurechtzukommen scheint, hat Tugomir Probleme, sich in seine neue Rolle als Geisel zu gewöhnen und seinen Platz zu finden. Insbesondere Gero, einer der Kommandanten des Königs, macht ihm das Leben schwer. Doch dann wird bekannt, dass Tugomir in der Heilkunst ausgebildet wurde…

Meine Meinung
Über diesen Teilbereich der deutschen Geschichte wusste ich bisher wenig bis gar nichts, und so freut es mich, dass sich gerade Rebecca Gablé an dieses Thema gewagt hat, auch wenn ich zunächst ein wenig skeptisch war, denn mit dieser Autorin verbinde ich überwiegend ihre herausragenden Englandromane.
Der Einstieg in diesen Roman verlief bei mir etwas holprig, da die Handlung mich zwar direkt fesseln konnte, ich mich aber erst einmal auf die ungewohnten slawischen Namen einstellen musste. Dass hier direkt ein Dragomir und eine Dragomira vorkommen, war auf den ersten Blick ein wenig irritierend. Auch treten auf einen Schlag viele Personen auf, die etwa gleich viel Raum einnehmen, so dass Tugomir als eigentliche Hauptperson etwas kurz kommt. Dies legt sich aber spätestens nach dem ersten Viertel des Romans, und zu diesem Zeitpunkt war ich völlig gefesselt.
Da die Hauptpersonen nicht fiktiv sind, erschienen mir einige Charaktere ein wenig steif, dennoch haben sie mir sehr gut gefallen. Insbesondere Tugomir, der ständig mit seiner Situation hadert, da er zwischen den Stühlen steht und beide Seiten kennt, hat mich überzeugt. Otto dagegen bleibt, obwohl ihm ein guter Teil des Romans gewidmet ist, ein wenig blass.
Die Handlung ist bestimmt von den historischen Ereignissen über etwa zwölf Jahre, soweit sie bekannt sind, hierbei spielt die sächsische Politik König Heinrichs und seines Nachfolgers eine große Rolle. Einige Entscheidungen scheinen allerdings so weit hergeholt, dass ich sie, wären sie nicht belegt, sondern erfunden, für sehr unglaubwürdig halten würde.
Auch das Christentum nimmt eine nicht gerade unwichtige Rolle in diesem Roman ein, schließlich geht es auch um den Konflikt zwischen Christen und Heiden, und die Missionierung ist ein nicht unwesentlicher Bestandteil im Kampf zwischen Sachsen und Slawen.
Wie schon in einigen ihrer anderen Romane gibt es auch hier ein kleines übernatürliches Element, für das es keine Erklärung gibt, es passt aber einfach sehr gut in die Handlung, da es Tugomirs Glauben verdeutlicht.
Der Schreibstil ist wie von Rebecca Gablé gewohnt gut, leicht zu lesen, dabei aber nicht zu simpel, dadurch werden aber kompliziertere Verhältnisse leicht verständlich dargestellt.
Die Autorin verzichtet auch nicht darauf, Kampfszenen so zu schildern, dass man ihnen die Brutalität anmerkt, dabei geht sie aber auch nicht zu sehr ins Detail.

Fazit
Es fällt mir schwer, diesen Roman nicht mit den anderen Romanen der Autorin zu vergleichen, denn er ist einfach ein wenig anders, schon allein aufgrund des Handlungsortes, und trotzdem handelt es sich um einen typischen Roman von Rebecca Gablé: Wer Gefallen an ihren anderen Romanen hat und sich für deutsche Geschichte interessiert, wird hier wohl auch seine Freude daran haben, wer jedoch von Politik in Romanen gelangweilt ist, wird hier nicht glücklich werden.
Für mich ein Jahreshighlight!

Vielen Dank an Bastei Lübbe und die Lesejury für das Leserunden-Exemplar!