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Wolf Serno – Hexenkammer

AutorWolf Serno
TitelHexenkammer
Seitenzahl350
VerlagKnaur
ISBN978-3-426-62953-6
Bewertung

Inhalt
Kirchrode im 16. Jahrhundert: Die junge Kräuterfrau Freyja wird als Hexe angeklagt und soll peinlich befragt werden, doch diagnostiziert der Alchimist Lapidius, der als medizinischer Berater hinzugezogen wird, bei ihr eine Syphilis. Lapidius setzt durch, dass er sie behandeln darf und die Folter so lange ausgesetzt wird.
Während die junge Frau in der Hitzkammer eingeschlossen und einer Quecksilberbehandlung ausgesetzt ist, ermittelt der Alchimist und versucht, die Beschuldigungen zu widerlegen und Freyjas Namen reinzuwaschen. Doch dann geschehen einige Morde, und Lapidius wird immer tiefer in die Geschehnisse verstrickt.

Meine Meinung
Wolf Sernos Erzähltempo ist sehr gemächlich. Es gibt nicht sehr viele hektische oder sehr spannende Szenen, doch ist das für einen historischen Krimi genau richtig, schließlich handelt es sich bei Lapidius nicht um einen Vollzeitermittler, sondern um einen Laien ohne Erfahrung auf diesem Gebiet. In der Regel war ich Lapidius gedanklich schon einen Schritt voraus und hätte ihn auch gerne mal auf den richtigen Weg gebracht. Die Geschichte fand ich von Beginn an schlüssig, doch große Überraschungen habe ich nicht erlebt.
Neu für mich war, dass es schon so früh erste und zum Teil erfolgreiche Behandlungsmethoden (wenn auch mit schwerwiegenden Nebenwirkungen) gegen die Syphilis gab, ist diese doch nur etwa 50 Jahre zuvor erstmals aufgetreten, deshalb war dieser medizinische Teil für mich sehr interessant. Nicht neu war dagegen, wie schnell es doch passieren konnte, dass jemand als Hexe angeklagt wird, doch ist dies hier verständlich und nicht übertrieben dargestellt.
Mit einigen Charakteren bin ich nicht besonders gut warm geworden. Lapidius scheint überheblich und herablassend in seiner Gelehrsamkeit, allerdings erfährt man so nach und nach, wie er zu dem geworden ist, was er heute ist, und man kann ihn gegen Ende besser verstehen. Marthe hat mich in ihrer Art einfach nur genervt, sie ist zwar fürsorglich, übertreibt es aber. Freyja dagegen, die ja gezwungenermaßen über einen Großteil des Romans eher passiv vorhanden ist, hat mir gefallen, denn sie ist keine einfache Person und spricht, wie es ihr gefällt, und macht deutlich, was sie von der Behandlung hält.
Ein besonderes Merkmal dieses historischen Krimis ist, dass Serno einige seiner Charaktere ihrer Bildung entsprechend reden lässt. So spricht die Magd Marthe ausschließlich umgangssprachlich, während Lapidius als studierter Mann reinstes Hochdeutsch, gelegentlich gespickt mit ein wenig Latein, spricht. Dies mag mir nicht wirklich gefallen, da es in meinen Augen einfach inkonsequent durchgeführt wurde. Viel mehr Personen aus Kirchrode müssten wohl mehr oder weniger umgangssprachlich reden, denn die meisten, mit denen Lapidius ins Gespräch kommt, werden kaum schulische Bildung genossen haben und ähnlich gebildet oder ungebildet sein wir die Magd Marthe. Insbesondere Freyja selbst, die als fahrende Händlerin wohl kaum eine Schule besucht hat, ist mir hier aufgefallen, denn sie verwendet nur wenige umgangssprachliche Ausdrücke.

Anmerkung
Der historische Krimi ist als Hardcover schon unter dem Titel Die Hitzkammer erschienen.

Fazit
Alles in Allem ein solider historischer Krimi, nicht unbedingt ein Höhepunkt im Genre, dabei aber trotzdem unterhaltsam.