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Rebecca Gablé – Von Ratlosen und Löwenherzen

AutorRebecca Gablé
TitelVon Ratlosen und Löwenherzen
Seitenzahl239
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-64242-7
Bewertung

Inhalt
Von 450 bis 1485, vom Zeitpunkt, zu dem die Römer England verließen und die Angeln die Insel zu bevölkern begannen, bis zur Schlacht von Bosworth, die das Ende der Rosenkriege markiert, so wird in England das Mittelalter definiert. Rebecca Gablé, die vor allen Dingen durch ihre England-Romane bekannt geworden ist, gibt hier einen kurzen Überblick über diese Zeit.

Meine Meinung
Sachbücher gehören eigentlich nicht zu meinem bevorzugten Lesestoff, viel lieber tauche ich durch Romane in vergangene Zeiten ein. Doch da ich bisher von Rebecca Gablé noch nicht enttäuscht worden bin, war ich auf dieses Buch doch sehr gespannt.
Die Autorin führt hier chronologisch durch das englische Mittelalter, erklärt, wie manche verzwickte Situation zustande gekommen ist, und während das Hauptaugenmerk zwar auf der regierenden Schicht liegt, so wird der Blick auf die normale Bevölkerung auch nicht vergessen.
Auch wenn dieses Sachbuch mit etwa 240 Seiten nicht gerade umfangreich ist, war ich doch etwas enttäuscht darüber, dass dem halben Jahrtausend, in dem England von Angelsachsen beherrscht wurde, und damit der Hälfte der Zeit, die als Mittelalter bezeichnet wird, nicht einmal dreißig Seiten gewidmet wird. Und während dieser wenigen Seiten geht es überwiegend um die Besiedelung beziehungsweise Eroberung des Landes durch die verschiedenen Völker, Sachsen wie Nordmänner. Auch wenn es da noch kein „Königreich England“ gegeben hat, wäre es doch interessant gewesen, mehr über diese Zeit zu erfahren. Erst König Alfred dem Großen wird mehr Aufmerksamkeit gewidmet, danach geht es direkt zu den Ereignissen über, die zu dem Einzug der Normannen in 1066 geführt haben.
Dafür bleibt für die besser dokumentierten Jahrhunderte nach 1066 mehr Raum. Nur ist es aber auch gerade diese Zeit, über die ich bereits recht gut Bescheid weiß und über die es eine große Auswahl an Romanen gibt – zu einigen Jahren und Ereignissen mehr, zu anderen eher weniger – weshalb ich wenig neue Informationen aus dem Buch ziehen konnte. Und leider bleibt die Autorin auch sehr auf England konzentriert, doch Geschichte eines Landes funktioniert nicht, ohne dass man auch einen Blick auf die benachbarter Länder wirft. So wird zwar immer mal wieder Bezug auf diese genommen, doch fehlt da oft der Gesamtzusammenhang, so dass der Überblick schnell verloren gehen kann, wenn man sich mit der Zeit wenig auskennt.
Der Schreibstil ist es jedoch, der dafür gesorgt hat, dass keine Langeweile aufkam, denn er ist spritzig und humorvoll, manche Formulierung hat mich zum Schmunzeln gebracht. Die eine oder andere Formulierung war mir dann allerdings doch zu locker und unpassend, wenn beispielsweise Alienor von Aquitanien als Skandalnudel bezeichnet wird.
Etwas verwirrt hat mich die Erwähnung von Artus. So wird ziemlich zu Beginn behauptet, dass es Belege dafür gibt, dass er sich den Angelsachsen in zwölf Schlachten entgegenwarf und zwölf Mal siegte (S. 12). Im späteren Verlauf wird jedoch gesagt, dass es Artus nie gegeben hätte (S. 150).
Wie man es bei einem Sachbuch erwarten kann, erhält auch dieses Buch diverse Zusatzmaterialien wie Karten von England und Frankreich, eine Zeittafel, einen Stammbaum der Könige ab Alfred dem Großen sowie zahlreiche Illustrationen, leider nur in Schwarz-Weiß. Diese Zusatzinformationen hätten gerne noch umfangreicher und detaillierter ausfallen können, insbesondere der Stammbaum englischer Könige ist doch sehr knapp gehalten und bietet kaum mehr als die direkte Abstammungslinie von Alfred dem Großen bis hin zu den Kontrahenten der Rosenkriege.

Fazit
Ein seriöses Sachbuch liegt hier nicht vor, aber das will dieses Buch auch gar nicht sein. Wer sich einen groben Überblick über das englische Mittelalter verschaffen will, insbesondere über die Könige von 1066 bis 1485, und sich dabei gut unterhalten wissen will, der macht mit diesem Buch wenig falsch. Wenn man sich dagegen schon recht gut mit der genannten Zeit auskennt, bietet dieses Buch wenig Neues.

Antonia Hodgson – Der Galgenvogel

AutorAntonia Hodgson
TitelDer Galgenvogel
OriginaltitelThe Last Confession of Thomas Hawkins
ÜbersetzerKatharina Volk, Sonja Rebenik-Heidegger
SerieTom Hawkins Band 2
Seitenzahl460
VerlagKnaur
ISBN978-3-426-65346-3
Bewertung

Achtung: Diese Rezension enthält kleinere Spoiler zu Das Teufelsloch

Inhalt
London, 1728: Tom Hawkins, Gentleman und Spieler, ist auf dem Weg nach Tyburn, wo der Galgen auf ihn wartet. Doch wie ist er in diese Situation geraten?
Wenige Tage zuvor: Nach seinem Aufenthalt im Marshalsea-Gefängnis lebt Tom Hawkins nun schon drei Monate mit seiner Lebensgefährtin Kitty zusammen. Doch nicht nur erregt dieses Arrangement das Missfallen der Nachbarn, auch droht ihn die Langeweile der ehrbaren Arbeit zu erdrücken.
Doch die findet ihr Ende, als im Haus des Nachbarn ein Dieb gesichtet wird und Tom in diese Ereignisse hineingezogen wird. Gleichzeitig erhält er von James Fleet, einem Anführer der Londoner Unterwelt, einen Auftrag, der einfach erscheint, aber sein ganzes Leben auf den Kopf stellt…

Meine Meinung
Der Galgenvogel ist der zweite Band der Krimireihe um den Gentleman Tom Hawkins. Es ist nicht zwingend notwendig, Das Teufelsloch gelesen zu haben, da alle relevanten Ereignisse kurz angerissen, alle wiederkehrenden Personen vorgestellt werden. Will man aber Das Teufelsloch noch lesen, sollte man dies vorher tun, da man sonst unweigerlich gespoilert wird.
Auch dieser Roman ist überwiegend als Ich-Erzählung angelegt, nur gelegentlich finden sich wenige Seiten aus Sicht eines allwissenden Erzählers, der der Handlung vorgreift und die Fahrt zum Galgen beschreibt.
Dieses Stilmittel ist recht interessant, schließlich wollte ich so von Anfang an wissen, wie sich Tom in diese Situation gebracht hat und ob er irgendwie gerettet werden kann. Auch zeigt dieser Aufbau, dass Toms Ermittlungen gründlich schief laufen, und es ist spannend, mitzuverfolgen, wie sich die Dinge entwickeln.
In diesem Roman, der auf dem Cover als historischer Thriller bezeichnet wird, geht es um zwei Ereignisse, die Tom parallel beschäftigen, dem Mord an einem Nachbarn, in dem er abwechselnd als Verdächtiger und als Ermittler beschäftigt ist, sowie der Auftrag von James Fleet, der ihn in die höchsten Kreise, genauer gesagt in den Einflussbereich der Königin, bringt. Beide Fälle sind zu Beginn nicht übermäßig spannend, der erste erscheint recht gewöhnlich, der zweite zwar abenteuerlich, aber nicht allzu gefährlich. Doch schon recht bald zeigt sich, dass hinter beiden viel mehr steckt als erwartet, und sehr oft sind die Menschen in Toms Umfeld nicht das, was sie zu sein scheinen.
Tom ist ein Schlawiner, der sich oft zu helfen weiß. Obwohl er recht schlau ist, zeigt er doch gelegentlich noch eine gewisse Naivität, so dass er in die eine oder andere Falle gerät oder von Anderen ausgenutzt wird, ohne es zu merken. Und da der Leser nie mehr weiß als Tom zum jeweiligen Zeitpunkt – vom drohenden Tod durch Erhängen einmal abgesehen – wird auch er gründlich mit an der Nase herum geführt. Bis zum Ende gab es immer wieder neue Wendungen, die mich bereits Gelesenes mit neuen Augen haben sehen lassen, so dass die Spannung nie nachgelassen hat. Auch wenn die Handlungen sehr verworren sind, sind sie doch nie unlogisch oder unglaubwürdig beschrieben.
Doch Tom ist eben nicht nur ein schlauer junger Mann mit Beziehungen zur Londoner Unterwelt, er hat viele Facetten, die ihn mal richtig sympathisch, dann aber wieder unsympathisch erscheinen lassen. So liebt er seine Kitty sehr, er kann es nicht ertragen, dass sie von Nachbarn als seine Hure gesehen wird und würde sie gerne heiraten, dann wiederum verprasst er ihr Geld im Spielsalon und bringt sich immer wieder in Schwierigkeiten. Doch auch Kitty ist eine Person, die überzeugt, obwohl man sie nur aus Toms Beschreibungen sieht. Sie weiß, was sie will und kann sich gut durchsetzen, ist hilfsbereit, wenn Hilfe benötigt wird, und sie ist temperamentvoll und hält sich auch nicht zurück, wenn deutliche Worte angebracht sind.
Neben diesen beiden gibt es noch eine Reihe anderer Nebenfiguren, unter anderem den jungen, wortkargen Sam Fleet, der bei Tom und Kitty wohnt, die sehr gut ausgearbeitet sind und in ihrer Darstellung überzeugen.
Der Schreibstil ist angenehm, die Übersetzung gelungen. Auffällig sind kursiv gedruckte Betonungen, die man fast auf jeder Seite vorfindet, die mir manches Mal unnötig erschienen sind, die aber wohl dazu passen, dass es sich um eine Ich-Erzählung handelt.
Über den historischen Hintergrund dieses Thrillers, die „Gefangenschaft“ von Henrietta Howard, der Mätresse des Königs, habe ich zuvor noch nie etwas gehört, jedoch scheint er sehr gut recherchiert zu sein. Ein sehr ausführliches, absolut lesenswertes Nachwort geht auf die Hintergründe ein, doch auch auf einige andere Ereignisse wird hier Bezug genommen.

Fazit
Ein lesenswerter historische Thriller, bei dem der Leser immer wieder an der Nase herumgeführt wird. Vielleicht ist er nicht ganz so spannend wie der erste Band, da der Einstieg recht gewöhnlich erscheint, jedoch weiß er bis zum Ende zu fesseln.

Vielen Dank an Droemer Knaur für das Rezensionsexemplar!

Bernard Cornwell – Der weiße Reiter

AutorBernard Cornwell
TitelDer weiße Reiter
OriginaltitelThe Pale Horseman
ÜbersetzerMichael Windgassen
SerieSaxon Chronicles Band 2
Seitenzahl510
VerlagRoRoRo
ISBN978-3-499-24283-0
Bewertung

Achtung: Rezension enthält kleinere Spoiler zu Das letzte Königreich

Inhalt
England, 877: Nach der Schlacht bei Cynuit nimmt Uhtred sich die Zeit, um sicherzugehen, dass es seiner Familie gut geht, statt direkt König Alfred von Wessex Bericht zu erstatten. Und so kommt es, dass seine Taten nicht nur nicht gewürdigt werden, sondern Andere den Ruhm einstreichen.
Sein Plan, sich nun den Dänen anzuschließen, scheitert an einem weiteren Waffenstillstand Alfreds, da Uhtreds Freund Ragnar als Geisel dient. Und so zieht sich der junge Krieger auf sein Gut zurück.
Schon bald ergibt sich die Möglichkeit, Reichtümer zu erwerben. Doch wird der Waffenstillstand halten?

Meine Meinung
Der weiße Reiter beginnt genau da, wo der erste Band der Reihe um den Krieger Uhtred endet, nämlich nach der Schlacht von Cynuit. Aus dramaturgischen Gründen hat Cornwell diese Schlacht um ein Jahr vorverlegt, so dass ein neuer Gegenspieler gebraucht wurde, doch dieser fiktive Charakter, auf den der Titel des Romans zurück geht, hätte ebenso damals leben können. Die Änderung der Chronologie vergebe ich Cornwell gerne, enthält der Roman doch daneben viele weitere historische Persönlichkeiten und reale Ereignisse, zudem ist der Roman so spannend erzählt, dass ich ihn auch beim dritten Mal Lesen kaum raus der Hand legen konnte.
Im Zentrum des Geschehens steht der Kriegszug der Dänen, der beinahe dazu geführt hätte, ganz England unter dänische Kontrolle zu bringen, und wie Alfred von Wessex es geschafft hat, die Nordmänner doch zurückzudrängen.
Wie man es von Cornwell kennt wird auch hier wieder viel gekämpft, und wenn es gerade keine große Schlacht ist, dann eben ein Kriegszug oder ein Zweikampf – irgendetwas passiert immer. Dabei werden diese Kämpfe schon sehr detailverliebt beschrieben, je nach Situation auch jeder Schwertstreich für sich, dennoch schafft es Cornwell, diese Beschreibungen, die auch mal unappetitlich sein können, nie langweilig werden zu lassen.
Auch ein wenig Mystik kommt in diesem Roman in Form einer jungen Seherin vor, ob es sich jedoch tatsächlich um mystische Elemente handelt oder um Zufälle, von denen der Erzähler nur glaubt, dass sie zusammenhängen, muss der Leser für sich entscheiden.
Der Ich-Erzähler Uhtred ist ein arroganter junger Mann, der nie behauptet, etwas anderes zu sein. Er glaubt, über den Dingen zu stehen und lügt, dass sich die Balken biegen, wenn es ihm dienlich erscheint, so dass ich mir auch nie sicher bin, ob ich ihm als Leser alles abkaufen kann, was er über seine Erlebnisse erzählt. Sein Glaube an die alten Götter, der Wunsch nach Ruhm und Geld und besonders sein Ziel, sein Erbe zurück zu erhalten, treiben ihn an. Dabei ist er sehr zynisch und macht sich schnell Feinde, insbesondere unter Priestern und sehr gläubigen Anhängern des Christentums.
Eine weitere sehr wichtige Person ist König Alfred, der tiefgläubig ist und in allen Lebenslagen auf Gott und dessen Einmischung vertraut, der eher auf Priester als auf seine militärischen Berater hört und unter einer wiederkehrenden Krankheit leidet. Er ist das genaue Gegenteil von Uhtred, und obwohl man ihn nicht als Gegenspieler der Hauptperson bezeichnen kann, kommt es dennoch oft zu Situationen, in denen der junge Northumbrier den König von Wessex abgrundtief hasst, den er nicht als seinen König sieht und dem er sich immer nur für eine begrenzte Zeit unterstellt.
Obwohl sämtliche andere Charaktere nur durch Uhtreds Sicht beschrieben werden und er oft eine negative Sichtweise an den Tag legt, sind die meisten doch sehr lebendig beschrieben.
Die Zusatzausstattung ist mit dem zum ersten Band identisch: Eine Karte, die die wichtigsten Handlungsorte umfasst, ist genauso enthalten wie eine Erläuterung zu den Ortsnamen sowie ein Nachwort zu den tatsächlichen historischen Ereignissen.

Fazit
Auch der zweite Band der Reihe ist sehr lesenswert, wenn man einen spannenden Roman über die Zeit Alfreds des Großen und den Beinahe-Untergang des angelsächsischen Englands lesen mag und man auch gerne über Kriegshandlungen liest. Man sollte jedoch zwingend mit dem ersten Band beginnen, da die Romane aufeinander aufbauen und die Handlung nahtlos fortgeführt wird.

Mac P. Lorne – Der Pirat

AutorMac P. Lorne
TitelDer Pirat
Seitenzahl656
VerlagKnaur
ISBN978-3-426-51748-2
Bewertung

Inhalt
England, 1560: Schon mit zwanzig Jahren ist der junge Seemann Francis Drake ein Ausnahmetalent in seinem Fach, so dass ihm sein Kapitän Sam Richards verspricht, Drake sein Schiff zu vermachen.
Zwanzig Jahre später hat Drake alle Weltmeere befahren, einige Schiffe, die unter seinem Kommando standen, verloren, aber auch große Reichtümer gewonnen, als er auf der Rückreise nach England Gefahr läuft, von spanischen Schiffen aufgebracht zu werden. Nur ein Trick kann ihn, den gefürchteten El Draque, jetzt noch retten.
In England angekommen wird Drake gefeiert, die Spanier fordern allerdings seine sofortige Auslieferung. Um ihn außer Gefahr zu schaffen wird der Kapitän auf eine Mission geschickt, die die englische Seefahrt revolutionieren soll…

Meine Meinung
In diesem Roman beschäftigt sich Mac P. Lorne mit dem Leben des berüchtigten Piraten Francis Drake vom Zeitpunkt der Rückkehr seiner Weltumseglung bis zum Kampf mit der spanischen Armada, also dem Zeitraum, in dem Drake vom Glück verfolgt wurde und großes Ansehen erlangt hat. Gerne hätte ich etwas mehr über die frühen Jahre des Piraten oder auch von der großen Weltreise selbst erfahren, schließlich hat Drake hier viele Abenteuer erlebt, Schiffe und Männer verloren, Schätze gewonnen, gekämpft und gelitten. Leider wird auf diese Zeit nur rückblickend eingegangen, so dass man zwar in groben Zügen erfährt, was geschehen ist, aber ohne, dass man als Leser wirklich dabei ist.
Besonderes Augenmerk wird hier stattdessen auf die Abenteuer gelegt, die die Beziehung zwischen England und Spanien beeinflusst haben, doch auch die Reformen des Schiffsbaus der Engländer unter Mathew Baker und die des Bronzegusses unter Joachim Gans, die für England sehr wichtig waren, sind Themen, die hier aufgegriffen und auch für Laien verständlich erklärt werden. Zwar kann ich mir den Unterschied zwischen Galeeren, Galeonen und Galeassen noch immer nicht merken, doch komplizierte Segelmanöver oder auch der Vorteil von Bronzekanonen gegenüber denen aus Eisen oder die Schwierigkeiten des Gusses waren auch für mich zu verstehen.
Lorne beschreibt hier jedoch nicht nur verbürgte Unternehmen Drakes, auch einen Zeitraum, zu dem Drakes Aufenthaltsort unbekannt ist, füllt der Autor mit einer spannenden Episode, die allerdings mit diesem Hintergrund für meinen Geschmack etwas zu viel Raum einnimmt.
Der Schreibstil ist flüssig, auch wird man nach dem Prolog direkt ins Geschehen geworfen, so dass ich gleich von Beginn an mit Drake mitgefiebert hatte, obwohl mir sein Leben in groben Zügen bereits bekannt war.
Viele, wenn nicht die meisten der handelnden Personen sind historisch belegt. Schwarz-Weiß-Malerei oder eine sehr einseitige Darstellung von Personen ist mir nicht negativ aufgefallen. Einzig Drake wird hier sehr positiv beschrieben, wobei der Autor in seinem Nachwort erklärt, dass es sehr schwer war, Belege dafür zu finden, dass er auch negative Seiten hatte.
Und so wird Drake weitestgehend als sympathischer Mensch dargestellt, dem das Glück über weite Teile seines Lebens hold ist. Schlechte Seiten zeigt er kaum, sieht man von einer einzigen Tat ab, die sich vor dem Romangeschehen abspielt und von der man nur rückblickend erfährt, die aber große Auswirkungen auf Drakes weiteres Leben hat. Nicht nur wird der Seemann Drake hier gezeigt, auch als Privatmann lernt man ihn zumindest ein wenig kennen.
Eine weitere wichtige Person in diesem Roman ist Königin Elizabeth. Ihre Wankelmütigkeit, aber auch der Balanceakt, den sie eingehen musste, um die Herrscher verschiedener Länder nicht vor den Kopf zu stoßen und eine Heirat oder Kriege zu vermeiden, werden hier glaubwürdig beschrieben.
Wie man es heute von historischen Romanen erwartet ist auch dieses Buch mit Zusatzmaterial ausgestattet. Neben einem zehnseitigen Nachwort gibt es vorne im Buch ein Personenregister, das allerdings leichte Spoiler beinhaltet und das man aus diesem Grund nur bei Bedarf zurate ziehen sollte, eine Zeittafel zu den wichtigsten Punkten aus den Leben von Elizabeth I. und Francis Drake, ein Glossar, das insbesondere nautische Begriffe erklärt sowie eine Bibliografie.

Fazit
Ein lesenswerter Roman über eine sehr interessante Persönlichkeit, den ich all denjenigen ans Herz legen möchte, die sich auch nur ein klein wenig für Segelmanöver, den Kampf der Engländer gegen die spanische Armada oder eben die Person Francis Drake selber begeistern können, aber auch als Abenteuerroman lässt sich dieses Buch gut lesen.

Vielen Dank an Droemer Knaur für das Rezensionsexemplar!

Dagmar Trodler – Die Stunde der Seherin

AutorDagmar Trodler
TitelDie Stunde der Seherin
Seitenzahl415
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-37223-2
Bewertung

Inhalt
Vor der Küste Schottlands, 1069: Christina ist mit ihrer Familie auf der Flucht vor dem normannischen König William, als sie vor der schottischen Küste Schiffbruch erleidet. Von König Malcolm gerettet, ist dieser von Christinas Schwester Margaret wie verzaubert, die als Schwester des Æthlings Edgar eine geeignete Heiratskandidatin ist. Doch auch die klein gewachsene Christina kann sich vor politisch motivierten Anträgen kaum retten.
Als dann ein Fluch Margaret befällt, ist es an der jüngeren Schwester, ihm auf den Grund zu gehen und zu stoppen. Christinas Aufgabe ist jedoch beschwerlich, glaubt doch kaum jemand an die Existenz des Fluches…

Meine Meinung
Wie schon in einigen anderen Romanen von Dagmar Trodler entführt die Autorin ihre Leser auch hier wieder ins 11. Jahrhundert, dieses Mal nach Schottland und das nördliche England.
Während ich jedoch die anderen fünf Bücher überwiegend mit Genuss gelesen habe, hatte ich mit diesem Roman so meine Schwierigkeiten.
Dies lag überwiegend daran, dass der Schreibstil recht eigensinnig ist. Dabei störten mich weniger die immer wieder eingeschobenen lateinischen Sätze, überwiegend Bibelzitate, die schon mal mehrere Zeilen einnehmen und im Glossar im Anhang übersetzt werden – so etwas gab es auch in den anderen Büchern schon – sondern vielmehr die Vermenschlichung lebloser Dinge, oft in völlig abstrusen Kombinationen, wenn beispielsweise eine Fackel an der Wand nachdenklich die Schatten zweier Personen lang zieht oder einer Drohung Asche von den Schwingen rieselt. Dazu kommt, dass wörtliche Rede immer wieder von Auslassungszeichen unterbrochen wird. Durch die drei Pünktchen wird zwar sehr schnell deutlich, dass die Personen sprachlos sind oder die richtigen Worte nicht finden, doch zieht sich dies durch das ganze Buch und hat mich irgendwann nur noch genervt. Ebenfalls auffällig ist die Erwähnung der hygienischen Umstände. Immer wieder wird erwähnt, wie dreckig etwas ist, wie sehr die Personen stinken und was für Ungeziefer vorhanden ist. Dies sorgt zwar dafür, dass die Zeit nicht verklärt wird, aber irgendwann hat jeder mitbekommen, dass es unangenehm riecht, wenn mehrere Menschen im gleichen Raum schlafen und nicht lüften.
Während es in den vorherigen Büchern der Autorin zwar kleinere mystische Elemente gab, die mich nicht weiter gestört haben, sondern vielmehr ganz gut ins Gesamtbild passten, spielen sie hier eine deutlich größere Rolle. Denn Christina ist eine Táltos, eine Heilerin, die auf wundersame Weise schwere Wunden und Krankheiten heilen kann, zudem ist sie zunächst die einzige, die den Fluch und die damit einher gehende Bedrohung wahr nimmt. Erschien es mir zunächst nicht eindeutig, ob einige der beschriebenen Dinge tatsächlich passieren oder es sich um Einbildung handelt, wird dies zum Ende des Romans hin deutlicher, mir hat diese Entwicklung allerdings nicht zugesagt. Dafür, dass die meisten Charaktere historisch belegt sind, passiert einfach zu viel, was doch recht unglaubwürdig ist.
Auch sonst ist nicht immer deutlich, was denn genau passiert und was die Menschen aussagen, zu zerklüftet ist die Handlung, zu uneindeutig die Beschreibungen. Viele Dinge muss man sich zusammenreimen. Dafür ist die Handlung im Großen und Ganzen gesehen nicht unbedingt vorhersehbar, was dann wieder positiv gesehen werden kann.
Auch die Personen sind durch die schwammigen Beschreibungen sehr schwer zu greifen. Zwar wird klar, dass Christina ein gutes Herz hat und ihre Kräfte auch für Menschen aufwendet, die sie kaum kennt, dass sie gewisse Menschen aus dem Umfeld ihres Bruders verabscheut und das Leben im Kloster zwar angenehm, aber auch langweilig fand, dennoch hatte ich nie das Gefühl, sie irgendwie zu kennen oder zu verstehen, wie es bei anderen Romanfiguren durchaus der Fall sein kann.
Dazu kommt, dass es neben der schwer verständlichen Anziehung zwischen Malcolm und Margaret noch eine weitere Liebesbeziehung gibt, nämlich zwischen Christina und dem Culdee Nial, einem Einsiedler, der wie ein Mönch lebt. Eine Entwicklung ist in beiden Fällen kaum festzustellen, die Anziehungskraft ist da, und dann wird eben gehandelt – oder auch nicht. Warum sie aber zustande kommt und worauf sie aufbaut wird jedoch nicht deutlich. Ein Gutes hat diese Art der Darstellung: Die Charaktere sind in den seltensten Fällen nur gut oder nur böse, manche zeigen auf eingeschränkte Art auch durchaus andere Seiten, die ich so zuvor nicht erwartet hätte.
Neben dem bereits erwähnten Glossar gibt es auch ein Nachwort, in dem die Autorin zu ein paar Details Stellung nimmt.

Fazit
Konnten mich andere Bücher der Autorin noch fesseln, ist ihr das mit diesem Roman nicht gelungen. Die Handlung ist zwar mehr oder weniger spannend, doch ist sie mir zu abgedreht und dabei zu verwirrend beschrieben. Der Schreibstil trägt dann noch dazu bei, dass mich dieser Roman nicht überzeugen konnte.