Schlagwort-Archive: 20. Jh.

Charlotte Roth – Wenn wir wieder leben

AutorCharlotte Roth
TitelWenn wir wieder leben
Seitenzahl604
VerlagKnaur
ISBN978-3-426-52030-7
Bewertung

Inhalt
Berlin, 1963: Wanda ist friedlich mit ihrer Mutter, ihrer Tante und ihren zwei Schwestern aufgewachsen. Doch an der Uni lernt sie Andras kennen, einen jüdischen Studenten, der durch den Holocaust viele Familienangehörige verloren hat und unbequeme Fragen stellt. Wanda wird bewusst, dass sie nichts über die Vergangenheit ihrer Eltern weiß und setzt ihre Mutter unter Druck.
Zoppot bei Danzig, 1927: Gundi ist ein fröhliches Mädchen, das am liebsten mit Musik ihr Geld verdienen würde. Die passende Band hat sie schon gefunden, nur fehlt ihr das eine besondere Lied. Kann sie es schreiben, wenn sie das Gefühl der Liebe empfindet?

Meine Meinung
Unter ihrem richtigen Namen Charlotte Lyne hat sie Romane geschrieben, die zeitlich etwas länger zurück liegen, als Charlotte Roth beschäftigt sich die Autorin nun mit der jüngeren Geschichte. Wer mich kennt, weiß, dass mich Romane über diese Zeit nicht ganz so sehr ansprechen, doch hier mache ich gerne eine Ausnahme.
Wer schon Romane von Charlotte Lyne kennt, kann auch hier den besonderen Sprachstil ausfindig machen, der die Werke dieser Autorin von anderen abhebt. Er ist mal poetisch, dann wieder derb, manchmal auch schwülstig, in der Gesamtheit ist er einfach anders, einzigartig, ohne, dass ich dies immer an konkreten Punkten festmachen könnte. Auffällig ist in diesem Roman, dass viele Begriffe, Redewendungen und sprachliche Besonderheiten aus dem Danziger Sprachraum verwendet werden, die für meine hessischen Ohren doch eher ungewohnt klingen, jedoch wunderbar zu einem Buch passen, in dem es zumindest zum Teil auch um Identitätsfindung geht, wenn diese Sprache doch einen Teil von Wanda ausmacht.
Der Klappentext des Romans lässt einen Liebesroman vermuten. Doch auch wenn Liebe nicht selten ein Thema ist, so sind kaum Elemente eines typischen Liebesromans enthalten. Es geht mehr um das Gefühl der Liebe, die Auswirkungen, die diese auf die Menschen hat, als um die Beschreibung zwischenmenschlicher Beziehungen.
Der Schwerpunkt der Handlung liegt jedoch auf dem Werdegang von Gundis Band, die sich plötzlich, als die Nazis die Macht übernehmen, nicht mehr Band nennen darf. Es geht um junge Menschen, die prinzipiell unpolitisch sind, die mit der Ideologie der Nationalsozialisten nichts anfangen können, sich aber trotzdem für deren Zwecke einspannen lassen, weil sie darin nichts Schlimmes erkennen können, in diesem Fall eben der Unterhaltungsindustrie.
Hier steht deutlich Gundi im Zentrum des Geschehens, von ihr konnte ich mir ganz gut ein Bild machen, während andere Mitglieder der Band, insbesondere Lore, deutlich in den Hintergrund treten. Gundi ist eine junge Frau, die von ihrem Großvater verwöhnt wird und kaum Verpflichtungen hat, die in den Tag hinein leben kann, während ihre Freunde es schwer haben und selten richtig satt werden. Mir war sie nicht sonderlich sympathisch, viele ihrer Entscheidungen haben mir gar nicht gefallen, dennoch waren diese weitestgehend nachvollziehbar, so dass ich Gundi zwar als etwas überzeichneten, aber dennoch glaubwürdigen Charakter wahrnehme.
Es gibt größere Zeitsprünge, hier ein paar Monate, dort etliche Jahre, jedoch erscheint die Handlung aus einem Guss. Ist in der Zwischenzeit etwas geschehen, das für die Handlung relevant ist, erfährt man davon früh genug.
Neben dem Werdegang der Band werden kleinere Einblicke in die Verwaltung der NSDAP gegeben, in die Abläufe, die letzten Endes zum Anschluss Danzigs an das Reich geführt haben. Diese sind sinnvoll, um einen Überblick über die politische Situation über die Jahre hinweg zu erhalten.
Der Handlungsstrang, der sich mit Wanda beschäftigt, fällt dagegen deutlich kürzer aus und ist zudem ein wenig zerklüftet. Auch wenn hier die zeitlichen Sprünge deutlich kürzer ausfallen, hätte ich mir mehr Informationen über die Zeitspannen dazwischen erhofft. Insbesondere gegen Ende hätte ich mir ausführlichere Beschreibungen erhofft, ich hatte meine Schwierigkeiten damit, mir vorzustellen, wie Wanda an die ganzen Informationen gekommen ist.
Wer Romane über die NS-Zeit liest, sollte sich bewusst sein, dass auch schon mal drastische Beschreibungen enthalten sein können. So auch hier. Zwar wälzt die Autorin dies nicht breit, aber es kommt zu der einen oder anderen gewaltsamen Szene, es gibt Tote und Verletzte.
In einem sehr persönlichen Nachwort geht Charlotte Roth auf ihre Beziehung zu Danzig und Zoppot ein und erklärt, warum sie dieses Buch schreiben musste, auch ein paar Hinweise zu den tatsächlichen Ereignissen lassen sich hier finden. Daneben gibt es auch ein Glossar, das insbesondere für Begriffe in Missingsch hilfreich ist, sowie im vorderen Einband eindrucksvolle Fotos von Danzig vor und nach dem Krieg.

Fazit
Hier stehen nicht die Täter, Opfer oder Widerständler im Zentrum der Handlung, sondern normale Menschen, die durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten Vorteile erhalten, selbst aber politisch uninteressiert sind. Für mich eine Sichtweise, über die ich noch nicht allzu viel gelesen habe. Die etwas überzogen dargestellten Charaktere haben bei mir für eine gewisse Distanz gesorgt, trotzdem würde ich diesen Roman gerne weiter empfehlen.

Ken Follett – Sturz der Titanen

AutorKen Follett
TitelSturz der Titanen
OriginaltitelFall of Giants
ÜbersetzerDietmar Schmidt und Rainer Schumacher
SerieJahrhundert-Trilogie Band 1
Seitenzahl1022
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-16660-2
Bewertung

Inhalt
Europa, Januar 1914: In vielen Ländern des Kontinents brodelt es, viele Menschen sind unzufrieden, Großbritanien und das Deutsche Reich liefern sich ein Wettrüsten und Russland und Österreich interessieren sich für den Balkan. Um eine bessere Einschätzung zu gewinnen, wie hoch die Chancen stehen, dass es bald zu einem Krieg kommen könnte, trifft sich König George V. auf Ty Gwyn, dem walisischen Landsitz der Familie Fitzherbert, mit einer Gruppe junger Männer aus verschiedenen Nationen, die intime Einblicke in die Regierungsgeschäfte ihres Landes besitzen.
Noch während der König sich in Wales aufhält, kommt es in den Kohlegruben der Fitzherberts zu einem Unglück, bei dem viele Männer sterben. Wie wird der König sich in dieser Situation verhalten? Und werden die Prognosenüber den Krieg zutreffen?

Meine Meinung
Ken Follett ist im Genre der historischen Romane für seine umfangreichen Erzählungen bekannt, und da ich sehr gerne lange in Geschichten eintauche, habe ich inzwischen auch schon ein paar Romane des Autors gelesen. Doch während mich unter anderem seine Kingsbridge-Bücher von der Handlungszeit her doch sehr ansprechen, ist mein Interesse am zwanzigsten Jahrhundert längst nicht ganz so groß. Und so hat der Auftakt von Folletts Jahrhundert-Trilogie mehrere Jahre darauf gewartet, von mir gelesen zu werden.
Schon nach wenigen Kapiteln zeigt sich, dass es sich hier um einen typischen Roman aus Folletts Feder handelt. Es gibt eine ganze Reihe von Hauptpersonen, die, je nach Handlungszeit und entsprechenden Ereignissen, mal mehr und mal weniger gleichmäßig betrachtet werden und über diverse Länder Europas sowie Amerika verteilt sind, aber irgendwie doch alle in Beziehung zueinander stehen. Sie alle vorzustellen nimmt im Buch recht viel Raum ein, dennoch ist man sofort mitten in der Geschichte drin, auch wenn das erste Kapitel, das drei Jahre vorher spielt, eher eine Art Prolog darstellt.
Dadurch, dass Menschen aus den verschiedenen Ländern betrachtet werden, erhält der Leser ein recht umfassendes, wenn auch vereinfachtes Bild über die Ursachen und den Ablauf des Ersten Weltkriegs. Nachdem ich das Buch beendet hatte, hatte ich das Gefühl, mehr aus diesen gut tausend Seiten gelernt zu haben als aus dem Geschichtsunterricht in der Schule. Egal ob Schlieffen-Plan, die jeweiligen Gründe für den Kriegseintritt der Länder, die den Krieg letzten Endes zum Weltkrieg gemacht haben, die Revolutionen in Russland und die dortige Entwicklung von der Monarchie zur Sowjetrepublik, um nur ein paar Beispiele zu nennen, wird hier leicht verständlich und zudem noch spannend vermittelt, daneben werden aber auch andere politische Themen wie das Wahlrecht in England angesprochen. Aber egal, worum es gerade geht, eine der Hauptpersonen steckt immer irgendwie mitten in den wichtigen Ereignissen drin, und auch wenn dies vielleicht doch etwas weit her geholt scheint, ist es mir nicht negativ aufgefallen.
Bei einigen vorherigen Romanen Folletts war die Einordnung der Charaktere in gut und böse recht starr, man wusste gleich mit dem ersten Auftritt, wie man sie einzuordnen hatte. Hier ist das nicht so extrem der Fall. Auch wenn mir manche Charaktere sympathischer waren als andere, so hat sich diese Einstellung erst nach und nach entwickelt. Der walisische Earl Fitz beispielsweise kam mir zu Beginn eigentlich recht nett vor, doch je weiter die Handlung fortschreitet, umso mehr bin ich von dieser anfänglichen Einstellung abgewichen. Ähnlich ging es mir auch bei anderen Charakteren, es gab eigentlich niemanden, dessen Handlungen mir immer gut und richtig vorkamen. Dabei handelt niemand grundlos böse oder grausam, die Handlungen sind immer durch die Umstände oder eigene Interessen begründet. Dennoch gibt es einige doch eher stereotype Charaktere wie den leichtlebigen Lew Peschkow oder die adlige Suffragette Maud. Bei der Fülle an Charakteren hat mich das aber nicht weiter gestört.
Der Schreibstil ist, wie von Follett gewohnt, schnörkellos und leicht verständlich, und auch die Übersetzung ist mir nicht negativ aufgefallen – bei Übersetzerteams nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit.
Für einen Roman mit einem solchen Umfang, der sich zudem mit der politischen Situation so vieler verschiedener Länder befasst, sind in meiner Ausgabe erstaunlich wenig Zusatzmaterialien enthalten. Einzig ein Personenregister zu Beginn erleichtert den Überblick, ein sehr kurzes Nachwort zum Thema historische und fiktive Charaktere dient hier als Ergänzung. Erwartet hätte ich aber auf jeden Fall noch mindestens eine Karte, vielleicht auch eher zwei, um die Orte der Kriegsschauplätze, der Märsche der Armeen und die Landesgrenzen vor oder nach dem Krieg besser nachvollziehen zu können.

Fazit

Ich weiß nicht, warum ich diesen Roman so lange vor mir her geschoben habe, denn der Roman ist spannend und lehrreich, und es gibt weit weniger starre Charaktere, als ich im Vorfeld vermutet hätte. Wer ein einfaches, umfassendes Bild über diese Zeit erhalten will, sollte einen Blick auf diesen Roman werfen. Der zweite Band der Reihe wird bestimmt nicht mehr lange ungelesen in meinem Regal stehen bleiben.

Heidi Rehn – Tanz des Vergessens

AutorHeidi Rehn
TitelTanz des Vergessens
Seitenzahl557
VerlagKnaur
ISBN978-3-426-51591-4
Bewertung

Inhalt
München, Frühjahr 1919: Der Krieg ist vorbei, doch nach dem Scheitern der Räterepublik ist in München immer noch keine Ruhe eingekehrt. Als im Mai die Schüsse aufhören, schickt die junge Täschnerin Lou ihren Verlobten Curd los, dringend benötigte Nahrungsmittel zu organisieren. Doch unterwegs trifft ihn eine verirrte Kugel und er verstirbt noch vor Ort.
Auf sich allein gestellt versucht Lou, die sich die Schuld an Curds Tod gibt, den Krieg und das Leid zu vergessen, indem sie sich ins wilde Nachtleben stürzt, wo sie den verheirateten und wesentlich älteren Ernst kennenlernt. Wie lange kann eine solche Beziehung gutgehen?

Meine Meinung
Tanz des Vergessens beschreibt die Zeit nach dem ersten Weltkrieg bis in die Mitte der 1920er Jahre, eine Zeit, in der die junge Generation, die sich an die Zeit vor dem Krieg kaum noch erinnern kann, eigentlich nur das Leben genießen will, die aber geprägt ist von hohen Reparationszahlungen und Inflation, ersten Judenverfolgungen und Homophobie, und in der sich der junge Österreicher Adolf Hitler in hohen Münchner Kreisen einen Namen als hervorragender Redner macht.
Während Lou und ihre Freunde fiktiv sind, wird die Zeit, in der sie agieren, schon sehr authentisch geschildert. Insbesondere die Stadt München mit ihrem Lokalkolorit kommt hier nicht zu kurz. Zwar gibt es nicht allzu viele Charaktere, die richtig Bairisch reden – nur wenige Nebenpersonen bekommen diesen Dialekt in den Mund gelegt – doch immer wieder gibt es Begriffe wie Schandi oder Zamperl, die einen daran erinnern, wo wir uns befinden. Neben der Sprache sind es aber vor allem die Handlungsorte, oft Festhäuser und Theater, Cafés und Sportvereine, die Erwähnung finden. Da wird von den Vorzügen geredet, die ein Club vor den anderen hat, da wird von einem Lokal ins nächste gezogen, und das nicht nur ein Mal, sondern immer wieder. Für mich als jemand, der noch nicht oft in München war und sich auch nicht fürs Nachtleben interessiert, war das einfach zu viel, zudem hatte ich da Gefühl, dass sich alles wiederholt. Ich kann mir aber vorstellen, dass dies für jemanden, der sich in München auskennt und weiß, wo sich die erwähnten Gebäude befinden oder befunden haben, sehr interessant sein könnte. Gleiches gilt für einen späteren Abschnitt des Romans, der dann in einer anderen Stadt spielt.
Die bereits angesprochene politische Seite des Romans hat mich da schon wesentlich mehr interessiert. Es war faszinierend und bedrückend, hier zu erfahren, wie Hitler überhaupt Bekanntheit erlangt hat, dass er als Redner zu privaten Abendveranstaltungen gebucht wurde, und wie er gefeiert wurde, obwohl kaum jemand verstanden hat, was er eigentlich ausgesagt hat.
Auch die Anfänge der Judenverfolgung durch die Anhänger Hitlers wurden sehr anschaulich dargestellt. Es kümmert niemanden, wenn ein jüdischer Boxclub aufgemischt und von der NSDAP requiriert wird. Ebenso interessant ist es, zu lesen, wie jetzt schon, viele Jahre vor Machtergreifung der NSDAP, versucht wird, jüdische Wurzeln zu vertuschen oder andere einer jüdischen Herkunft zu bezichtigen.
Dies alles sind Themen, die mal hier, mal da gestreift oder auch ausführlich betrachtet werden. Im Zentrum der Geschichte allerdings steht Lou. Von ihrer österreichischen, jüdischen, lesbischen Freundin Judith wird Lou immer wieder als Tschapperl bezeichnet, als naiver, unbeholfener Mensch. Und genau so habe ich sie wahrgenommen. Zu Beginn des Romans ist Lou erst achtzehn Jahre alt, da darf man noch ein wenig naiv ins Leben blicken, aber selbst im späteren Verlauf ändert sie sich nicht. So oft hätte ich sie schütteln können, so oft wachrütteln wollen, wenn sie sich wieder von falschen Freunden hat verleiten lassen, etwas Dummes zu tun.
Lou gibt sich selbst die Schuld am Tod ihres Verlobten, weshalb sie sich in eine Beziehung mit einem verheirateten Mann stürzt. Ihm kann sie kaum Schaden zufügen. Die Entwicklung dieser Beziehung hat mir jedoch so gar nicht gefallen, für mich war sie doch sehr abwegig, auch wenn Heidi Rehn im Nachwort erklärt, dass es so einen Fall tatsächlich gegeben hat.
Doch auch auf eine richtige Liebesgeschichte muss man nicht verzichten. Diese deutet sich recht früh an, wird dann aber für einen Großteil des Romans völlig in den Hintergrund gedrängt. Erst gegen Ende wird sie sehr kurz und knapp wieder aufgegriffen. Hier hätte ich eigentlich nach den Andeutungen zu Beginn mehr erwartet.
Grundsätzlich sind alle Charaktere glaubwürdig gestaltet, ein Schwarz oder Weiß, Gut und Böse gibt es hier nicht, genauso wenig, wie es Antagonisten gibt, auch wenn einige Personen nicht unbedingt Lous Freunde sind. Dies hat mir gut gefallen, da dies wie aus dem echten Leben gegriffen erscheint.
Neben dem erwähnten Nachwort gibt es auch ein Glossar, in dem überwiegend mundartliche Begriffe erklärt sowie Orte und Personen näher beschrieben werden. Gerne hätte auch eine Karte Münchens enthalten sein können, um ortsfremden Lesern die Gelegenheit zu geben, sich ein wenig zu orientieren, wenn doch diese Orte eine so wichtige Rolle spielen.

Fazit
Auch wenn der Hintergrund des Romans sehr spannend ist, kann mich Lous Geschichte nicht mitreißen. Das Nachtleben wird mir zu ausführlich dargestellt, während Lou mir zu naiv und zu passiv ist. „Tanz des Vergessens“ ist sicher kein schlechter Roman, aber für mich einfach nicht der richtige.

Alexandra Jones – Der Zauber des Sommers

AutorAlexandra Jones
TitelDer Zauber des Sommers
OriginaltitelAbbot of Island
ÜbersetzerMichaela Link
Seitenzahl557
VerlagBastei Lübbe
ISBN3-404-14913-0
Bewertung

Inhalt
England, 1939: Wie jedes Jahr verbringt die achtzehnjährige Roslin den Sommer bei ihren Verwandten auf einer kleinen Insel. Doch dieses Jahr ist alles anders. Nicht nur, dass ein Krieg möglich scheint, auch auf der Insel ist viel los. So findet Roslins Cousin eine Frauenleiche, und eine Gruppe Dominikanermönche richtet sich häuslich ein.
Schon bald findet Roslins Cousine Abigail heraus, dass die Männer nicht das sind, das sie zu sein vorgeben.
Plötzlich spitzt sich die Lage zu: Der Krieg bricht aus, nahezu alle Familienmitglieder verlassen die Insel. „Pater“ Luke gesteht Roslin, wie er für sie empfindet, aber auch, dass er einer militärischen Spezialeinheit angehört. Und so entscheidet sich auch Roslin, für ihr Land zu kämpfen.

Meine Meinung
Mit diesem Roman bin ich leider nicht ganz warm geworden, was zum einen an der etwas verworrenen Handlung liegt, zum anderen aber auch an der verwendeten Sprache, dies könnte aber auch an der Übersetzung liegen. Nun kenne ich zwar das Original nicht, doch gibt es so einige Sätze, die einfach sprachlich in sich nicht stimmig sind. So sagt Abigail an einer Stelle „Hau ab“, woraufhin sämtliche anwesenden Personen entsetzt reagieren – dies ergibt für mich nicht viel Sinn. Im Original dürfte dort wohl etwas wie „fuck off“ gestanden haben, was die Reaktion rechtfertigen würde.
Auch werden die Frauen des zu Handlungsbeginn verstorbenen Earls mal als Witwen, mal als Exfrauen bezeichnet, egal, ob sie zum Zeitpunkt seines Todes verstorben oder geschieden und wiederverheiratet waren. Das war für mich dann doch sehr verwirrend und hat überhaupt nicht gepasst.
Es hat mich doch sehr gewundert, dass die vermeintlichen Mönche sich als „Domini Canes“ – Spürhunde des Herrn – vorgestellt haben, einer eher abwertenden Bezeichnung, der sich auf die Rolle der Dominikaner während der Inquisition bezieht. Ich bezweifle doch sehr, dass echte Mitglieder dieses Ordens sich so vorgestellt hätten.
In dem Roman kommen einige Abkürzungen vor, die in England wohl geläufig sind, die ich mir aber erst herleiten bzw. nachschlagen musste. RAF für Royal Air Force ist dabei noch eine der einfacheren Abkürzungen. Hier wären erklärende Fußnoten oder ein Glossar hilfreich gewesen.
Der Roman wartet mit immer neuen Wendungen auf, die mir manchmal einfach zu viel waren. Manchmal sind mir die Wendepunkte auch einfach entgangen, weil sie so beiläufig in die Handlung eingebunden waren, zum Beispiel durch die Beschreibung des Aussehens eines Gegenstandes. Und so verschiebt sich der Schwerpunkt mehrmals. Scheint es sich nach den ersten Kapiteln um einen Liebesroman zu handeln, geht es schon bald kaum noch um Luke, sondern um Roslin und ihre Karriere im Militär.
Der Prolog und der relativ lange Epilog, die einige Jahrzehnte später spielen, hatten für mich keinerlei Mehrwert, ich fand sie langweilig und langatmig. Einzig die letzten paar Seiten waren nett, weil sie den Roman abrunden, von der Handlung aber nicht nötig. Hier hätte auch gerne früher Schluss sein können.

Fazit
Der Roman kann durchaus unterhalten, auch wenn er sich in eine ganz andere Richtung entwickelt, als der Klappentext und die ersten Kapitel erwarten lassen. Leider weist er aber auch so einige Schwächen auf.

Cecelia Holland – Im Tal der Könige

AutorCecelia Holland
TitelIm Tal der Könige
OriginaltitelValley of the Kings
ÜbersetzerMarie Henriksen
Seitenzahl255
VerlagWeltbild
ISBN978-3-89897-151-5
Bewertung

Inhalt
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist der englische Archäologe Howard Carter von dem Gedanken besessen, als erster das Grab des ägyptischen Pharaos Tutanchamun zu finden. Doch immer wieder stehen ihm Hindernisse im Weg: Erst fehlt ihm Geld, dann haben andere Archäologen das Grabungsrecht im Tal der Könige, und dann bricht auch noch der Krieg aus.
Ca. 3300 Jahre zuvor wird der ägyptischer Steinmetz Hapure damit beauftragt, in aller Heimlichkeit im Tal der Könige ein Grab zu verschließen. In den darauffolgenden Monaten hat das ägyptische Volk unter dem ausbleibenden Nilhochwasser zu leiden, was zu einer großen Hungersnot führt. Der jugendliche Pharao Tutanchamun und seine Frau und Nichte Anchesenamun versuchen auf unterschiedliche Weise, mit der Situation umzugehen.

Meine Meinung
Mit gerade einmal 250 Seiten handelt es sich um ein sehr dünnes Buch, insbesondere für einen historischen Roman, bei dem ich schon vor Beginn die Befürchtung hatte, dass die Beschreibung der Charaktere und die Geschichte selbst auch zu kurz kommen könnte. Da es sich hier im Endeffekt um zwei voneinander unabhängige Geschichten handelt, hat sich diese Befürchtung bestätigt.
So bleibt Howard Carter sehr blass, man erfährt wenig über ihn und die Gründe, die in antreiben. Das Bedürfnis nach Ruhm scheint der einzige Grund zu sein, weshalb er sich überhaupt für dieses bestimmte Grab interessiert. Dabei wurde er mir im Laufe der Geschichte aufgrund seiner Vorgehensweise immer unsympathischer. Gerade, als diese Geschichte spannend zu werden scheint, endet sie sehr abrupt. Ohne Hinweis wird ab dem nächsten Kapitel in die Vergangenheit gewechselt, obwohl die erste Geschichte meiner Meinung nach noch gar nicht abgeschlossen ist. Und so habe ich im weiteren Verlauf des Romans immer wieder darauf gewartet, wieder ins 20. Jahrhundert zurückzukehren, was aber nicht der Fall ist.
Stattdessen wird eine Geschichte um die Grablegung Echnatons und den Tod Tutanchamuns konstruiert, die von Verschwörung, Hass und Gier getragen wird. Hier gibt es nicht die eine Hauptperson, stattdessen wird zwischen mehreren Personen, historisch belegten und erfundenen, hin- und hergesprungen.
Da Zeitangaben völlig fehlen, ist nicht ersichtlich, wie viel Zeit genau vergeht. Mir kam es so vor, als wären von Beginn zum Ende dieser Geschichte nur wenige Monate vergangen, wahrscheinlich werden es aber eher Jahre sein.
Die Geschichte um den Steinmetz Hapure und seinen Freund, den Tagelöhner Sennahet, wirkt stark konstruiert und endet wie auch schon die erste Geschichte sehr abrupt und ohne richtiges Ende.
Dass der Roman aus einer Begegnung der Autorin mit dem Sohn Carters entstanden ist, der ihr ein wenig über seinen Vater erzählt hat, hätte ich nicht erwartet, dafür ist er mir ein wenig zu oberflächlich und unpersönlich geschrieben.
Der Roman ist bereits in den 1970ern erstmalig erschienen. Seitdem hat sich in der Forschung einiges getan, inzwischen ist bekannt, dass die Verwandtschaftsverhältnisse der Pharaonen untereinander, wie in dem Roman beschrieben, wohl nicht den Tatsachen entsprechen.

Fazit
Nicht besonders empfehlenswert, weil beide Geschichten im Nichts enden und der Roman inhaltlich überholt ist. Wenn man das Buch zur Unterhaltung liest, wird dies nicht weiter stören, nur sollte man sich dessen einfach bewusst sein. Als Einstieg über die Forschung Carters ist der Roman aber durchaus lesbar.