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Tanja Kinkel – Das Spiel der Nachtigall

AutorTanja Kinkel
TitelDas Spiel der Nachtigall
Seitenzahl924
VerlagKnaur
ISBN978-3-426-63632-9
Bewertung

Inhalt
Wien, 1194: Nichts ist dem jungen Walther lieber, als Verse zur Musik zu dichten, und so steht er bald in Konkurrenz zu seinem Lehrherrn Reinmar. Doch am herzoglichen Hof ist nicht alles, wie es sein sollte, denn wegen der Gefangennahme König Richards von England zwei Jahre zuvor steht Herzog Leopold unter dem Kirchenbann. Ein Reitunfall hat schwerwiegende Folgen.
Die Jüdin Judith will in Salerno ihre Ausbildung als Medica antreten. Auf der Durchreise geraten sie und ihr Vater, der ebenfalls Arzt ist, auch nach Wien, wo Josef dem Herzog seine Dienste anbietet, doch ist diesem nicht mehr zu helfen. Als Sündenbock kommt Josef den anderen Ärzten gerade recht.
Auf der Suche nach Gerechtigkeit trifft Judith auf Walther…

Meine Meinung
Mit Walther von der Vogelweide und der jüdischen Ärztin Judith treffen hier eine historisch belegte und eine fiktive Hauptperson zusammen. Über den historischen Walther ist jedoch außer seiner erhaltenen Lieder so wenig bekannt, dass auch dessen Darstellung fast vollständig auf Tanja Kinkels Vorstellung zurückgeht.
Beide Hauptpersonen konnten mich in ihrer Darstellung überzeugen. So ist Walther ein nicht ganz einfacher Charakter. Er provoziert gerne, findet überall schnell ein warmes Bett, nutzt sein politisches Fingerspitzengefühl, um gefährliche Situationen oft nur haarscharf zu umgehen und biegt sich die Wahrheit zu seinen Gunsten zurecht. Dabei dient er oftmals als Überbringer von Nachrichten, eine nicht ungefährliche Aufgabe in unruhigen Zeiten. Auch Judith ist nicht die Frau, die man hier vielleicht erwarten würde. Sie ist emanzipiert, was in historischen Romanen zwar nicht ungewöhnlich ist, doch anders als in den meisten ist durch ihre Erziehung, die Ausbildung in Salerno und ihre Lebenserfahrung diese Eigenständigkeit glaubwürdig begründet. Zudem werden auch die Schwierigkeiten, die damit einhergehen, nicht verschwiegen, und auch die Tatsache, dass sie als Jüdin in einer Welt der Christen lebt, stellt sie vor manch schwierige Entscheidung.
Beide Personen agieren für sich, während ihr Weg sich über die Jahre immer wieder kreuzt. Mal haben sie gemeinsame Ziele, mal könnten diese kaum unterschiedlicher sein, und am Ende sind sie doch nur Spielsteine in den Händen der Mächtigen.
Auch andere Charaktere sind vielschichtig angelegt, starre Figuren in festen Rollen oder eine Zuordnung zu gut und böse wird man hier nicht finden.
Die deutsche Geschichte spielt hier nicht nur eine Nebenrolle, vielmehr ist der gesamte Roman sehr politisch. Es geht um die deutsche Krone, die plötzlich zwei Könige für sich beanspruchen, um den Krieg zwischen Welfen und Staufern, politische Intrigen und Propaganda. Einen seichten Frauenroman darf man hier keinesfalls erwarten, denn auch wenn es eine Liebesgeschichte gibt, so steht diese neben den ganzen anderen Ereignissen eher im Hintergrund. Ein gewisses Interesse für die politischen Zusammenhänge sollte man mitbringen, um dem Roman mit Freude folgen zu können. Vorwissen über die Geschichte des Heiligen Römischen Reiches oder der Nachbarländer ist nicht notwendig, doch schadet es nicht, dieses zu besitzen, denn obwohl Frau Kinkel die Hintergründe sehr geschickt vermittelt, sind diese doch so komplex, dass sich die gut 900 Seiten nicht mal eben nebenbei weg lesen lassen. Dadurch kommt es auch zu gelegentlichen Längen, die mir den Spaß an diesem Buch jedoch nicht nehmen konnten.
An den Schreibstil der Autorin musste ich mich erst gewöhnen, manche Satzkonstruktionen erscheinen unnötig kompliziert, wenn nicht sogar falsch, was mir den Einstieg in den Roman doch sehr erschwert hat. Zudem ist die Wortwahl stellenweise recht derb, was auch zu Walthers Liedern passt, die immer mal wieder in neuer Übersetzung ins Hochdeutsche in den Roman eingebunden sind und in denen kein Blatt vor den Mund genommen wird.
Ergänzt wird der Roman in der Taschenbuchausgabe durch ein Personenregister, dies gleich in zweifacher Ausführung vorne sowie in der hinteren Klappe, sowie ein Nachwort der Autorin zum historischen Hintergrund. Eine Karte anstelle des doppelten Personenregisters wäre hilfreich gewesen, besonders in Anbetracht der vielen Reisen, in meiner Ausgabe ist jedoch keine enthalten, Käufer des Ebooks werden hier leicht bevorzugt.

Fazit
Das Spiel der Nachtigall ist ganz sicher kein Buch nach jedermanns Geschmack, es ist politisch, wenig emotional und sprachlich anspruchsvoll, also keinesfalls ein seichter Liebesroman, wie der Klappentext vermuten lassen könnte. Deshalb eine klare Empfehlung an diejenigen, die sich für deutsche Geschichte interessieren und auch die eine oder andere Länge in der Handlung um Walther und Judith akzeptieren.

Daniel Wolf – Das Salz der Erde

AutorDaniel Wolf
TitelDas Salz der Erde
SerieVarennes-Saint-Jacques Band 1
Seitenzahl1149
VerlagGoldmann
ISBN978-3-442-47947-4
Bewertung

Inhalt
Varennes-Saint-Jacques, Oberlothringen, 1187: Michel de Fleury ist der Sohn eines ehemaligen Leibeigenen, der nach seiner Flucht die Freiheit erlangt hat und zu Wohlstand gekommen ist. Nachdem er einige Jahre in Mailand verbracht hat, wo er eine Händlerlehre absolviert hat, kehrt der junge Mann nach Hause zurück. Doch schnell muss er feststellen, dass seine Heimat sich zum Negativen verändert hat. Nicht nur wird das gemeine Volk von dem Ritter Aristide de Guillory terrorisiert, auch Bischof Ulman, der Herr der Stadt, sorgt für Unmut. Und so wundert es Michel nicht, als er von seinem alten Freund Gaspard Caron in einen Plan eingeweiht wird, um sich des Bischofs zu entledigen. Michel aber ist für eine gewaltfreie Lösung…

Meine Meinung
Bei diesem Roman handelt es sich um den Auftakt einer Serie, die in der fiktiven lothringischen Stadt Varennes-Saint-Jacques zur Zeit Kaiser Barbarossas spielt. Der historische Hintergrund spielt hier nur eine untergeordnete Rolle, der Kreuzzug sowie diverse innenpolitische Themen werden zwar angesprochen, vordergründig geht es jedoch um die kleine Stadt und Michels persönliches Schicksal. Dadurch, dass die Stadt fiktiv ist, hat der Autor große Freiheiten in der Gestaltung und Entwicklung seines Handlungsortes und seiner Charaktere.
Während ich die Darstellung einiger Charaktere wie Michels Bruder Jean oder auch Isabelle Caron sehr gelungen fand, waren mir leider einige der anderen Personen zu platt dargestellt. Michel selbst fällt leider auch darunter, Ecken und Kanten hat er kaum, sein einziger Fehler ist, dass er die falsche Frau liebt. Dabei ist er sehr fortschrittlich, ja geradezu modern eingestellt, was die Stellung der Frau und soziale Verantwortung betrifft. Und auch die Gegenspieler zeigen nicht besonders viele Facetten. So ist Bischof Ulman vor allen Dingen eitel und schert sich überhaupt nicht um das Wohl seiner Stadt, und de Guillory macht sich einen Spaß daraus, die Menschen zu schikanieren, egal, was diese von ihm denken, schließlich steht er über ihnen.
Über einfach gestrickte Charaktere kann ich hinwegsehen, wenn die Handlung mich dafür umso mehr anspricht und in sich stimmig ist. In diesem Fall ist sie nicht allzu kompliziert gestaltet, etwa ab der Hälfte hatte ich den Eindruck, dass es ein paar Wiederholungen gibt: Während Michel eigentlich nur das Beste für seine Heimatstadt will und dafür auch eine Stellung annimmt, die er nie einnehmen wollte, sehen seine Gegenspieler alle seine Handlungen als persönlichen Angriff, weshalb sie immer wieder intrigieren und selbst positive Entwicklungen in der Stadt und dem Umfeld negativ sehen, und so hat mal die Gilde, mal einer der Gegenspieler die Oberhand.
Ein paar Handlungsstränge waren in meinen Augen unnötig, hatten sie doch keine Auswirkungen auf das weitere Geschehen, und auch ein paar eher unlogische Dinge sind mir negativ aufgefallen, beispielsweise der rasante Aufstieg von Michels Familie innerhalb von nur 13 Jahren von Leibeigenen ohne Vermögen zu angesehenen Händlern mit eigenem Haus und Dienstboten oder auch die späte Reue, die diverse Charaktere Michel gegenüber an den Tag legen. Doch sind dies nur Kleinigkeiten, die über die vielen Jahre, die das Buch umfasst, kaum ins Gewicht fallen. Auch war längst nicht alles vorhersehbar, einige Ereignisse wie der Tod der einen oder anderen wichtigen Person hätte ich so überhaupt nicht erwartet, so dass die Handlung bis zum Ende selten langweilig ist. Eine leichte Kürzung und vielleicht die eine oder andere Wendung weniger hätte dem Roman aber sicher nicht geschadet.
Das Buch besticht mit einer hervorragenden Ausstattung. So gibt es Karten von Varennes-Saint-Jacques und Oberlothringen, ein Personenregister, ein umfangreiches Glossar sowie Anmerkungen zum historischen Hintergrund, durch die man ein paar weitere Hintergrundinformationen erhalten kann.

Fazit
Die durchaus spannende Geschichte wird leider durch die schwache Charaktergestaltung und repetitive Handlungen leicht getrübt, langweilig war mir trotzdem zu keinem Zeitpunkt, so dass ich meinen Spaß mit diesem Roman hatte, auch wenn es noch genügend Raum für Verbesserungen gibt. Für Fans von Rebecca Gablé oder Ken Follet einen Blick wert, wer mit Romanen der beiden Autoren allerdings wenig anfangen kann, wird möglicherweise mit Daniel Wolf ebenfalls nicht glücklich werden.

Ken Follett – Die Säulen der Erde

AutorKen Follett
TitelDie Säulen der Erde
OriginaltitelThe Pillars of the Earth
ÜbersetzerGabriele Conrad, Till Lohmeyer und Christel Rost
SerieKingsbridge Band 1
Seitenzahl1153
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-11896-0
Bewertung

Inhalt
England, 1135: Tom Builder, ein Steinmetzmeister, würde gerne Kathedralen bauen. Doch wäre ihm jeder Auftrag recht, denn nachdem ein Bauprojekt, das ihn und seine Familie eigentlich über den Winter bringen sollte, vorzeitig abgebrochen wurde, steht er nahezu mittellos da.
Aliena ist die Tochter eines Grafen, vieles in ihrem Leben ist ihr bisher einfach zugefallen und auch ihr Bruder Richard musste sich bisher nicht behaupten.
Bruder Philip ist Prior eines kleinen Klosters. Eigentlich ist er mit seinem Leben zufrieden, doch als sein Bruder ihm von einem ungeheuerlichen Verrat an König Stephan berichtet, muss Philip handeln.
Und so werden Ereignisse in Gang gesetzt, die das Leben vieler Menschen verändern…

Meine Meinung
Ken Folletts Säulen der Erde ist wohl einer der bekanntesten historischen Romane, und obwohl er schon vor über 25 Jahren geschrieben wurde, wird er auch heute noch immer wieder neu aufgelegt.
Nach dem Prolog, der zwölf Jahre vor dem eigentlichen Romanbeginn spielt und gleich Spannung aufwirft, dauert es relativ lange, bis der Roman richtig in Schwung kommt. Immer wieder scheint sich der Autor in kleinen Geschichten zu verlieren, hier ein Rückblick auf Philips Vergangenheit, da eine lange Szene über Toms Wanderungen, die zunächst unwichtig erscheinen. Im Rückblick auf den gesamten Roman zeigt sich jedoch, dass auch die kleinste Abschweifung seine Berechtigung hat und nichts dem Zufall überlassen wird. Dennoch kann ich mir vorstellen, dass die ersten gut zweihundert Seiten für manche Leser zur Geduldsprobe werden könnten.
In diesem Roman gibt es nicht den einen Protagonisten, sondern gleich mehrere, die sich sich erst im Verlauf des Romans zusammenfinden und mehr oder weniger auf dasselbe Ziel hinarbeiten. Der Leser begleitet sie über knapp vierzig Jahre, in denen sich vieles verändert. Leider sind einige Personen in diesem Roman recht starr dargestellt, auch die Fronten sind klar definiert. Den Protagonisten stehen böse Charaktere gegenüber, die nur zu existieren scheinen, um die Helden zu terrorisieren, mit der Begründung, dass sie lächerlich gemacht wurden und sich dafür rächen müssen.
So zieht sich das Motiv der Rache durch das gesamte Buch, wobei jedes Mittel recht zu sein scheint, auch vor Mord und Vergewaltigung wird nicht zurückgeschreckt, so dass hier mehrere solcher Szenen zu finden sind. Die Ziele der Protagonisten dagegen sind besser verständlich, ob es nun der Bau einer Kathedrale oder die Wiederherstellung alter Zustände ist, doch auch hier wird manches Mal auf Verschlagenheit gesetzt.
Und so schlängelt die Geschichte hin und her, mal hat diese Gruppe einen Vorteil, mal jene. Gelegentlich hatte ich auch das Gefühl, dass sich der Inhalt wiederholt, doch kommt es immer wieder zu neuen Wendungen, so dass es selten langweilig wurde.
Den geschichtlichen Hintergrund für diesen Roman bildet der englische Bürgerkrieg, der auch als Anarchy bekannt ist. Immer mal wieder erfährt man kleinere Details über das Kriegsgeschehen, doch läuft dies eher so nebenbei. Im Zentrum der Handlung steht vielmehr der Bau einer Kathedrale, verschiedene Probleme und Hindernisse, die diesen betreffen. Ken Follett beschreibt diese sehr ausführlich und geht dabei ins Detail. Ich hatte gelegentlich Probleme, mir die beschriebenen Bauweisen vorzustellen, und habe diese zum Teil nur überflogen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass jemand, der sich für Architektur im Mittelalter interessiert, seine Freude an den Beschreibungen haben könnte. Doch auch Dinge, die mit dem Kathedralenbau in Verbindung stehen, Marktrecht, Wollhandel, Wachstum der fiktiven Stadt Kingsbridge, werden hier thematisiert.
Sprachlich ist der Roman eher schlicht gehalten, der Schwerpunkt liegt eindeutig auf dem Inhalt, der dadurch sehr flüssig zu lesen ist. Trotz der Länge des Romans habe ich ihn, wie schon mehrmals zuvor, innerhalb kürzester Zeit durchgelesen. Zusätzlich zur schlichten Sprache gibt es aber auch noch weitere Vereinfachungen. So wird zwar angesprochen, dass die Menschen in England zu dieser Zeit verschiedene Sprachen gesprochen haben, doch scheint es Aliena, der Grafentochter, die als Muttersprache normannisches Französisch sprechen sollte, keine Probleme zu bereiten, sich unter das gemeine Volk zu mischen, das wohl überwiegend Angelsächsisch spricht. Eine englische Amme, die diesen Widerspruch erklären könnte, wird leider nicht erwähnt.

Fazit
Auch wenn die Dicke des Buches und der gemächliche Einstieg zunächst abschreckend wirken können, ist der Roman auf jeden Fall lesenswert. Stereotype, starre Charaktere trüben ein wenig den Lesespaß, doch immer neue Wendungen halten die Spannung hoch. Wer sich von den genannten Kritikpunkten nicht abschrecken lässt, dem spreche ich hier eine klare Leseempfehlung aus.

Jack Whyte – Die Brüder des Kreuzes

AutorJack Whyte
TitelDie Brüder des Kreuzes
OriginaltitelStandard of Honor
ÜbersetzerBarbara Schnell
SerieDie Templer Band 2
Seitenzahl670
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-36348-3
Bewertung

Inhalt
Heiliges Land, 1187: Bei der Schlacht von Hattin wird das Heer der Franken vernichtend geschlagen. Alexander Sinclair, ein schottischer Tempelritter, ist dem Tod nur durch die Hilfe seines Freundes Lachlan Moray entgangen. Doch Alexander ist schwer verletzt, die nächste Zuflucht, die noch nicht von den Feinden überrannt ist, weit entfernt…
Aquitanien, zwei Jahre später: Als Gegenleistung für gebotene Hilfe soll André St. Clair seinen Lehnsherrn Richard Plantagenet auf seinen geplanten Kreuzzug folgen – als Tempelritter, wenn der Orden ihn aufnehmen sollte. Als Mitglied einer geheimen Bruderschaft steht der Aufnahme kaum etwas im Wege, und schon bald erhält er seinen ersten Auftrag: Seinen Vetter Alexander Sinclair zu finden…

Meine Meinung
Nach dem enttäuschenden ersten Band hatte ich an diesen Roman recht geringe Erwartungen und war dementsprechend vorerst positiv überrascht. Die Geschichte beginnt mit der Schlacht von Hattin, man ist direkt mitten in der Geschichte drin, und die Spannung wird auch zunächst hoch gehalten. Doch nach etwa hundert Seiten kam die Ernüchterung, nämlich mit dem Bruch in der Handlung. Denn hier zeigt sich, dass dieser Band genau die gleichen Schwächen aufweist wie der Auftakt der Trilogie: Anstatt einem roten Faden zu folgen, einen Handlungsbogen auszubreiten und sich an ihm entlangzuhangeln, anstatt die Erwartungen an den Roman zu erfüllen, die auf den ersten Seiten geschürt werden, verliert sich der Autor in Beschreibungen von Botendiensten, die André St. Clair für seinen ehemaligen Lehnsherrn ausführen soll, und das, obwohl er doch als Novize bei den Templern nur noch diesen Gehorsam schuldig sein sollte, sowie der Vorbereitungen für den Kreuzzug und die Reise nach Outremer. Dadurch hatte ich das Gefühl, als ob der Autor einfach drauflos geschrieben hätte, völlig ohne Konzept.
Dabei nimmt es der Autor auch nicht ganz genau, was historische Details anbelangt. So wird aus dem römisch-katholischen Kaiser Friedrich Barbarossa mal eben ein Anhänger der orthodoxen Kirche, und auch der Deutsche Orden – der zu dem Zeitpunkt der Romanhandlung noch gar nicht gegründet war – soll dieser angehören. Aus König Richard wird auch mal eben ein Judenhasser, der jede sich bietende Gelegenheit nutzt, um diese zur Belustigung seines Hofes zu quälen, während ich bisher immer der Meinung war, dass Richard mehr oder weniger darum bemüht war, die Juden in seinem Land zu schützen. Erklärungen dazu, beispielsweise in einem Nachwort, sind leider nicht vorhanden, und so bleiben diese Behauptungen in der Luft stehen.
Was es mit der geheimen Bruderschaft auf sich hat, wird hier nur am Rande erläutert, wer weitergehende Informationen sucht, muss den ersten Band der Reihe lesen. Ich halte es allerdings für unwahrscheinlich, dass die Existenz einer solchen Bruderschaft überhaupt möglich gewesen wäre, schaut man sich die religiösen Verhältnisse des Mittelalters an. Und so ist es meiner Meinung nach ganz gut, dass sie hier eher als Mittel zum Zweck dient und nicht als wesentlicher Inhalt des Romans.
Die Schreibweise ist durchaus fesselnd, der Autor versteht es sehr gut, Spannung aufzubauen. Leider wird sehr häufig im entscheidenden Moment weggeblendet, das Ergebnis dem Leser beiläufig mitgeteilt, so dass ich mich häufig gefragt habe, warum diese Episode eigentlich beschrieben wurde, statt dem Leser ebenfalls eine Kurzfassung zu präsentieren.
Die beiden Hauptpersonen Alexander und André sind schnell charakterisiert: Sie sind belesen, gebildet und lernen schnell, sie sind gute Kämpfer mit Schwert und Armbrust, und Ehre ist für sie essentiell, kurz gesagt entsprechen sie einem hohen Ritterideal und sind dabei doch langweilig und austauschbar.

Fazit
Wie schon im ersten Band hätte man aus diesem guten und auch spannenden Ansatz eine wunderbar fesselnde Abenteuergeschichte machen können, doch kann der spannende Schreibstil das verschenkte Potenzial und die sehr freie Interpretation historischer Details nicht ausgleichen.

Elizabeth Chadwick – Das Lied der Königin

AutorElizabeth Chadwick
TitelDas Lied der Königin
OriginaltitelThe Summer Queen
ÜbersetzerNina Bader
SerieAlienor von Aquitanien Band 1
Seitenzahl640
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-38353-5
Bewertung

Inhalt
Aquitanien, 1137: Als Alienor, die Tochter des Herzogs von Aquitanien, im Alter von dreizehn Jahren zur Waisen wird, trägt sie eine große Last auf ihren Schultern, denn sie ist die Erbin ihres Vaters. Doch ihr Erbe ist bedroht, schließlich ist es ein Leichtes, einem Mädchen durch Zwangsheirat die Macht zu entreißen. Und so begibt sie sich unter die Vormundschaft des französischen Königs, anstatt ihren kindlichen Schwärmereien nachzugeben, und wird bald mit dem Prinzen Louis verheiratet, der eigentlich für ein Leben im Kloster vorgesehen war.
Doch dann stirbt der König, und das junge Paar muss die Last der Verantwortung für zwei große Reiche tragen…

Meine Meinung
Dieser Roman bildet den Auftakt einer Trilogie um Alienor von Aquitanien.
Diese wird hier als bodenständige, früh erwachsen gewordene Person dargestellt, die weiß, was sie will und was ihre Pflicht ist, auch wenn sie ein ganz anderes Leben vorgezogen hätte. Sie ist dazu erzogen worden, ihr Land zu regieren, wobei ihre Klugheit ihr eine große Hilfe ist. Sie wird sehr sympathisch dargestellt, gelegentlich nimmt sie sich aber Dinge heraus, die ich so nicht von ihr erwartet hätte. Louis dagegen, obwohl zunächst als netter, frommer junger Mann vorgestellt, hat mir von Kapitel zu Kapitel weniger gefallen, was wohl so beabsichtigt war. Seine Entwicklung ist verständlich, wenn man seine Erziehung im Kloster sowie seine Erlebnisse berücksichtigt, jedoch kam sie stellenweise recht unerwartet.
Da es sich hier um einen biografischen Roman handelt, ist hier nicht der eine große Spannungsbogen zu erwarten. Der Schwerpunkt liegt tatsächlich auf dem Leben Alienors von Aquitanien, die ein hohes Alter erreicht und ihren Kopf oftmals durchgesetzt hat. Obwohl sie eine der schillerndsten gestalten des Hochmittelalters ist, ist über sie nicht allzu viel bekannt, und was überliefert ist, ist nicht selten widersprüchlich und häufig abwertend. Elizabeth Chadwick interpretiert diese Informationen auf ihre Weise und gibt hier ein glaubwürdiges und stimmiges Bild über die junge Alienor ab.
Dabei wird der Roman nie langweilig, denn Alienors Leben war selbst in jungen Jahren schon nicht ganz alltäglich. Lücken werden glaubhaft gefüllt, Zeiten, in denen wenig passiert, übersprungen, ohne dass man dabei aus dem Fluss der Geschichte gerissen wird.
Im Gegensatz zu anderen Romanen der Autorin, die übersetzt wurden, werden hier die Namen der Herrschenden nicht ins Deutsche übertragen, sondern anscheinend so beibehalten, wie die Autorin sie selbst verwendet hat. Leider gibt es kein Personenregister, doch ist die Anzahl der Personen überschaubar, Namen sind so gewählt, dass es kaum zu Verwechslungen kommen kann, und bei überlieferten Mehrfachbelegungen werden verschiedene Schreibweisen angewandt, so dass man auch gut ohne eine solche Hilfe zurecht kommt. Dafür sind mehrere Stammbäume, zwei Karten sowie ein ausführliches Nachwort der Autorin enthalten.
Der Schreibstil ist angenehm, schnörkellos, dabei aber auch nicht zu schlicht. Allzu moderne oder auch extrem altertümliche Begriffe sind mir nicht aufgefallen.

Fazit
Ein sehr schöner Roman, den ich gerne gelesen habe und der mich in einigen Punkten überraschen konnte, obwohl ich schon mehrere Bücher kenne, in denen Alienor von Aquitanien zumindest am Rande vorkommt. Ich freue mich schon jetzt auf die Fortsetzung und empfehle diesen Roman all denjenigen, die sich für diese interessante Persönlichkeit interessieren und mehr über sie erfahren wollen.

Vielen Dank an den Blanvalet-Verlag und das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar!