Autor | Iny Lorentz |
Titel | Flammen des Himmels |
Seitenzahl | 746 |
Verlag | Knaur |
ISBN | 978-3-426-66380-6 |
Bewertung |
Inhalt
Stillenbeck, 1533: Schon mehrmals musste die sechsköpfige Familie Hinrichs wegen ihres Glaubens umziehen, denn sie sind Täufer, Anhänger einer Glaubensgemeinschaft, die weder von den Katholiken noch den Lutheranern anerkannt wird. Nur Frauke, die jüngere Tochter der Familie, stellt einige der Lehren in Frage.
In Stillenbeck fühlt sich die Familie heimisch, und Vater Hinner Hinrichs ist davon überzeugt, die Nachbarn über den Glauben der Familie erfolgreich getäuscht zu haben. Er denkt selbst dann nicht an Flucht, als ein Inquisitor die Stadt aufsucht, und ignoriert auch wohlgemeinte Warnungen – bis es zu spät ist und ein Teil der Familie als Ketzer zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt wird…
Meine Meinung
Mit diesem Roman beschäftigt sich das Autorenpaar mit einem interessanten und spannenden Thema, nämlich der Täufer-Gemeinde in Münster. Dabei wird sehr verständlich beschrieben, wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass die Stadt von Täufern übernommen wurde, aber auch, warum und wie die Gegenseite darauf reagiert. Immer wieder erhält man Einblicke in aktuelle Entwicklungen, was den Zustand der Belagerer und deren finanzielle Mittel angeht. Etwas zu kurz gekommen ist mir hier aber der Alltag der gläubigen Täufer in der Stadt, begleitet der Leser doch fast ausschließlich Personen, die an den Lehren zweifeln oder an einem anderen Glauben festhalten. Der Ausnahmezustand unter der Belagerung dagegen wird wieder sehr anschaulich dargestellt, mit allen Gefahren, die damit verbunden sind.
Die Liebesgeschichte, die sich hier langsam, aber schon recht früh entwickelt, ist immer präsent, sie steht aber nicht im Vordergrund.
Dagegen hat mich die Darstellung der Personen nicht überzeugen können. Da wäre zunächst Frauke, das Mädchen, das immer die Drecksarbeit machen muss, das immer ungerecht behandelt wird, dem der Mund verboten wird, selbst wenn sie recht hat. Das war mir dann doch zu viel des Guten, etwas weniger hätte auch gereicht, um mir zu zeigen, dass ich diese Hauptperson sympathisch finden soll. Fraukes Schwester ist hübsch, aber naiv, der kleine Bruder faul und ebenso naiv,der Vater feige, die Mutter stur, und Lothar, die männliche Hauptperson, ist jung, mutig und einfach nur gutherzig. Auch einen Bösewicht kann man hier finden. Dabei handelt es sich um einen Mann der Kirche, der von Beginn an als ehrgeizig, von sich selbst eingenommen und tiefschwarz beschrieben wird. Mehr gibt es über die Charaktere eigentlich kaum zu sagen, da sie, wenn überhaupt, erst ganz gegen Ende aus ihrer Rolle ausbrechen, dazu werden sie noch mehr oder weniger überzeichnet dargestellt.
Einige der ersten Romane des Autorenpaars sind dafür bekannt, dass eine Frau in die Rolle eines Mannes schlüpft. Hier wird der Spieß einmal umgedreht, denn Lothar ist ein Spätentwickler mit noch sehr weiblichen Zügen. Dies wird gleich im ersten Kapitel erwähnt und im späteren Verlauf mehrmals wieder aufgegriffen, so dass diese Entwicklung keine große Überraschung darstellt. So ganz überzeugen konnte mich dies dann aber doch nicht.
Fazit
Thematisch ist der Roman interessant, von der Charakterdarstellung aber leider nicht ganz überzeugend. Wer andere Romane von Iny Lorentz gerne gelesen hat und sich zudem für dieses Thema interessiert, könnte aber durchaus Gefallen an diesem Roman finden.
In der Inhaltsangabe schreibst du nur von einem Stillenbeck, wo kommt denn da Münster ins Spiel?
Es gibt übrigens von Tilman Röhrig auch einen Roman über das Münsteraner Täuferreich: „Übergebt sie den Flammen!“
Gerne gelesen habe ich das aber nicht wirklich – es war ziemlich verstörend.
Ich vermute, Iny Lorenz haben das deutlich tauglicher für die normale Leserin historischer Romane aufbereitet, die klar zwischen Böse und Gut unterschieden haben will, eine schöne junge Heldin und eine entsprechende Liebesgeschichte braucht …
Jetzt habe ich Lust, den Röhrig nochmal zu lesen (ist schon ein paar Jahre her).
Münster kommt dann ins Spiel, als die Familie nach der Verurteilung nicht mehr in Stillenbeck bleiben kann und auseinandergerissen wird. Allerdings gelangen sie über Umwege dorthin, während die Situation in Münster schon anderweitig besprochen wird, und so weit wollte ich dann doch nicht vorgreifen.
„Übergebt sie den Flammen“ habe ich vor ein paar Jahren auch schon gelesen, ich kann mich aber nicht mehr so richtig daran erinnern. Das ist wohl auch demnächst mal fällig. Ein anderes, aktuelleres Buch zu dem Thema ist sonst „Die Frau des Täuferkönigs“ von Michael Wilcke. Alle drei Bücher haben völlig unterschiedliche Ansätze, da stimme ich dir zu.