Archiv für den Monat: August 2013

Wolf Serno – Der Wanderchirurg

AutorWolf Serno
TitelDer Wanderchirurg
SerieDer Wanderchirurg Band 1
Seitenzahl811
VerlagKnaur
ISBN3-426-50193-7
Bewertung

Inhalt
Nordspanien, 1576: Vitus ist im Zisterzienserkloster von Campodios aufgewachsen, wo er eine medizinische Ausbildung erhalten hat. Am Totenbett seines Abtes erfährt er, dass er ein Findelkind ist und es sich bei seinen Eltern wahrscheinlich um wohlhabende Ausländer, möglicherweise aus England, handeln könnte. Den einzigen Hinweis auf seine Herkunft liefert ein Damasttuch, auf dem ein ihm unbekanntes Wappen zu erkennen ist.
Der Beginn der Suche nach seiner Familie verläuft auch recht glücklich, schnell freundet er sich mit einigen Leuten an, die er unterwegs trifft, doch eine Person, die ihn nicht leiden kann, reicht schon aus, Vitus den Fängen der Inquisition auszuliefern…

Meine Meinung
Was diesen Roman angeht ist meine Meinung zweigeteilt.
Einerseits war es schon spannend, Vitus von Abenteuer zu Abenteuer schreiten zu sehen, dabei zu lesen, wie er sich schlägt, auf welche Schwierigkeiten er stößt, wo er Freunde und wo Feinde findet.
Andererseits gibt es in dem Roman immer wieder Passagen, die eher langatmig sind. So spielt über ein Viertel des Romans im Kerker der Inquisition, wo eigentlich relativ wenig passiert. Zwar war dieser Abschnitt beim Lesen nicht uninteressant, im Nachhinein habe ich mich nur gewundert, warum der Autor hier so ausführlich auf andere Personen eingeht. Ein ganzer Handlungsstrang ist für den weiteren Verlauf des Romans absolut irrelevant und hätte gekürzt oder sogar gestrichen werden können, ohne dass der Roman an Qualität verloren hätte. Normalerweise bevorzuge ich dicke Bücher, je mehr Seiten, umso lieber habe ich es. Hier jedoch erscheint mir dies als unnötiger Seitenfüller.
Dazu ist das Buch stellenweise einfach nur unglaubwürdig. Vitus kommt mir ein wenig vor wie ein Übermensch, er freundet sich mit vielen Leuten eigentlich innerhalb von Sekunden an, und diese Freundschaft hält dann natürlich auch ewig. So steht ihm jemand in einer lebensgefährlichen Situation zur Seite, nachdem er ihm einige Monate zuvor für nur wenige Minuten begegnet ist, lernt innerhalb weniger Wochen das Fechten wie ein Profi und ist natürlich selbst zu einigen seiner Feinde freundlich und rettet sie bei der einen oder anderen Gelegenheit.
Doch nicht nur Vitus ist der total sympathische Typ von nebenan, auch sein Freund, der Magister, scheint schnell Freunde zu finden.
Die meisten Charaktere haben ihre festen Rollen, einige sind einfach nur gut, andere nur böse, ohne, dass ein Grund genannt wird. Deshalb war ich von einer Person besonders überrascht, die gegen Ende ihre Haltung komplett geändert hat. Hier konnte ich allerdings die Verhaltensänderung nicht ganz nachvollziehen.
Zu Beginn des Romans hätte ich das Ende, wie es dann beschrieben wurde, nicht erwartet. Dies kam eigentlich viel zu schnell und zu glatt. Setzt man es aber in Bezug zum gesamten Verlauf des Romans, konnte es kaum anders kommen.
Sehr interessant fand ich dagegen die Schilderung der medizinischen Theorien und Behandlungsmethoden, hier muss der Autor ausführlich recherchiert haben. Bei einigen Theorien konnte ich da nur mit dem Kopf schütteln, weil man heute einfach weiß, dass sie nicht stimmen, andere werden heutzutage noch so wie beschrieben beziehungsweise in ähnlicher Form eingesetzt.

Fazit
Ein Roman, der zu unterhalten weiß, dabei aber stellenweise extrem unglaubwürdig ist. Wer darüber hinwegsehen kann und einfach nur mit Vitus mitfiebern mag wird mit diesem Roman seinen Spaß haben können.

Eric Walz – Die Sternjägerin

AutorEric Walz
TitelDie Sternjägerin
Seitenzahl413
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-37133-4
Bewertung

Inhalt
Danzig, 1622: Als Kind erliegt Elisabeth Koopmann der Faszination des Sternenhimmels. Dies ist in ihrem protestantischen Elternhaus nicht gerne gesehen. Der einzige Ausweg aus dem strengen Regime ihrer Tante scheint eine baldige Heirat zu sein.
Bald gibt es Gespräche über eine Verlobung zwischen Elisabeths Schwester Lil und dem Soldaten Marek, woraufhin entschieden wird, dass Elisabeth unverheiratet bleiben und im Haushalt helfen soll.
Marek jedoch will gar nicht heiraten, stattdessen geht er eine heimliche Beziehung zu Elisabeth ein, die nicht daran denkt, sich im Haus einsperren zu lassen.
Dann jedoch bietet sich eine neue Gelegenheit, die sie den Sternen näherbringen kann…

Meine Meinung
Bei diesem Buch handelt es sich um einen biografischen Roman um die Astronomin Elisabeth Hevelius, über die allerdings nicht viel bekannt ist. Doch das, was belegt ist, dient hier als Gerüst für einen unterhaltsamen und glaubwürdigen Roman.
Die Hauptpersonen Hevelius und Elisabeth sind beide sehr authentisch und als Menschen ihrer Zeit dargestellt, er als Mann, der sich nicht vorstellen kann, dass eine Frau zu wissenschaftlichem Arbeiten in der Lage ist, sie, die unbedingt aus ihrem Leben voller Vorschriften ausbrechen will und vom Himmel fasziniert ist, im Leben aber auch Anerkennung sucht.
Auch Marek, der Soldat, der nicht recht weiß, was er vom Leben will, hat mir gut gefallen. Als Gegenpol zu Hevelius und seiner trockenen Art passt er zu der beschriebenen jungen Frau, dadurch wird es leichter, Elisabeths Entscheidung für die Ehe zu verstehen.
Weniger überzeugend fand ich dagegen die boshafte Tante Hemma und Elisabeths Schwester Lil. Die Gründe, warum sie sind, wie sie sind, und entsprechend handeln, waren einfach für mich nicht schlüssig.
Besonders viel Spannung darf man nicht erwarten, sie beschränkt sich meist darauf, ob bzw. wann Elisabeths Affäre aufgedeckt wird. Auch der Prolog, der gegen Ende des Buches wieder aufgegriffen wird, nimmt einiges an Spannung vorweg. Abgesehen davon plätschert die Geschichte so vorn sich hin.
In einem Nachwort wird noch einmal erklärt, was über Elisabeth Hevelius nun tatsächlich bekannt ist und welche tatsächlichen Ereignisse als Inspiration gedient haben, auch über ihr Leben nach dem Ende des Romans wird noch einmal kurz eingegangen

Fazit

Ein leicht zu lesender, dabei aber interessanter Roman über die Astronomie im 17. Jahrhundert, in dem die Liebesgeschichte einen nicht zu vernachlässigenden Raum einnimmt. Als seichten Frauenroman würde ich dieses Buch aber nicht bezeichnen.

Philipp Vandenberg – Der Gladiator

AutorPhilipp Vandenberg
TitelDer Gladiator
Seitenzahl367
VerlagBastei Lübbe
ISBN3-404-15209-3
Bewertung

Inhalt
Römisches Reich, etwa 31 nach Christus: Den siebzehnjährige Kesselflicker Gaius Vitellius zieht es auf der Suche nach Arbeit nach Rom. Doch noch bevor er die Stadt ganz erreicht hat, begegnet er der Prostituierten Lycisca, die ihn zu einer Festlichkeit zu Ehren der Gladiatoren einlädt, die am nächsten Tag kämpfen werden. Dort trifft er auf Verritus, der ihn bittet, seiner Tochter im Falle seines Todes eine Nachricht zu übermitteln.
Als Vitellius erfährt, dass Lycisca nicht die ist, die sie zu sein vorgibt, ergreift er die Flucht. Doch schon am nächsten Tag wird er gefasst und dazu gedrängt, sich selbst den Gladiatoren anzuschließen. Da er darin eine Möglichkeit sieht, zu Geld zu kommen, nimmt er das „Angebot“ an.
Dass er protegiert wird, verschafft ihm allerdings Feinde, und schon bald sieht er sich in die Intrigen der Großen und Mächtigen verwickelt.

Meine Meinung
Lange habe ich schon keinen so schlechten Roman mehr gelesen, und durchgelesen habe ich ihn auch nur, weil er mit 367 Seiten recht dünn ist, sonst hätte ich nach spätestens der Hälfte abgebrochen.
Die Charaktere bleiben durchgängig blass, selbst Vitellius als Hauptperson zeigt kaum Tiefe. Viele Personen werden nur eingeführt, um wenige Seiten später an einem kurzen Ereignis teilzunehmen und gleich darauf wieder zu verschwinden. Hier hätte es in meinen Augen keine so ausführliche Einführung gebraucht.
Viele Frauen, mit denen der Gladiator zusammentrifft, sind Charaktere, die ich absolut unglaubwürdig finde. Sie sind lüstern und werfen sich an Vitellius‘ Hals oder reden nach zwei Gesprächen von der Großen Liebe. Selbst eine Vestalin ist dagegen nicht gefeit, obwohl sie weiß, dass ihr im Falle der Unkeuschheit die Todesstrafe droht.
Jahresangaben gibt es keine, dass der Roman gut 30 Jahre umfasst merkt man nur an den politischen Ereignissen im Hintergrund. Wer sich damit auskennt könnte wissen, in welchem Jahr man sich in etwa befindet. Für alle anderen wird gelegentlich Vitellius‘ aktuelles Alter genannt. Wann bzw. zwischen welchen Kapiteln nun genau Zeitsprünge stattfinden und wie groß diese jeweils sind wird nicht klar, was in den Jahren dazwischen passiert bleibt unerwähnt.
Die politischen Hintergründe werden zwar angerissen, doch konnte ich mir das Ausmaß der Entscheidungen, beispielsweise die Christenverfolgung unter Nero, nicht vorstellen, zu oberflächlich ist die Beschreibung geblieben.
Spannung ist in meinen Augen kaum vorhanden. Wenn es denn mal gefährlich wurde, war die Gefahr nur wenige Seiten später auch schon wieder gebannt, und so reiht sich ein Ereignis an das vorherige, eine Szene an die andere. Einzig die Suche nach Rebecca wird hin und wieder aufgegriffen, doch diesen Handlungsstrang fand ich dermaßen an den Haaren herbeigezogen, dass er mir gar nicht zugesagt hat. Die Auflösung war dafür, dass Rebecca ja so wichtig in Vitellius‘ Leben war, viel zu knapp.
Das Ende kam dann auch sehr abrupt und trocken, der letzte Satz hätte auch aus einem Sachbuch stammen können.

Fazit
Dass das Buch nicht mehr im Handel erhältlich ist hat wohl seinen Grund, denn empfehlen kann ich diesen Roman wirklich nicht. Viel Gemetzel, viele lüsterne Frauen, dabei nicht viel Spannung. Finger weg!

Andrea Schacht – Kreuzblume

AutorAndrea Schacht
TitelKreuzblume
Seitenzahl733
VerlagWeltbild
ISBN978-3-828-99089-0
Bewertung

Inhalt
Köln, 1794: Antonia ist erst vier Jahre alt, als ihre Familie sich dem kaiserlichen Heer anschließt. Zum Schutz wird aus Antonia der Trossbub Toni. Eines Tages verrät ihr ihre Mutter ein wohl gehütetes Geheimnis, das Antonias Leben auf den Kopf stellen wird.
Cornelius ist von Adel, doch als Falschspieler soll er für zehn Jahre ins Straflager. Noch am Pranger begegnet ihm Susanne, die ihm Mut macht. Die wiederum hat es im Haus ihrer Großeltern wegen ihres protestantischen Vaters schwer. Schwärmereien für den einquartierten französischen Soldaten Sebastien Renardet helfen ihr, mit dem Kummer fertig zu werden.
David ist Cornelius‘ Cousin – oder vielleicht auch mehr als das – und Offizier in der preußischen Armee. Doch eigentlich liegt seine Leidenschaft ganz woanders.
Wo und wie werden sich wohl die Wege der jungen Leute kreuzen?

Meine Meinung
Wenn ich ein Buch von Andrea Schacht zur Hand nehme – und das tue ich hin und wieder ganz gerne – erwarte ich eher leichte Unterhaltung – gelegentlich spritzigen Humor, daneben aber auch ernste Töne – vor historischer Kulisse, gespickt mit ein paar Details über die Stadt Köln und das Kölner Umland.
Genau das bekommt man hier. Die verschollenen Baupläne des Kölner Doms spielen zwar auch eine Rolle, sind dabei aber eher Nebensache. Wer sich also den Roman kaufen will, weil er mehr über den Dom und den Dombau erfahren will, ist hier falsch beraten, auch wenn die einzelnen Abschnitte mit kurzen Szenen aus mehreren Jahrhunderten Baugeschichte eingeleitet werden. Stattdessen steht Antonia hier im Zentrum der Geschichte, eine junge Frau, die als Junge aufgewachsen ist und ihren Platz im Leben erst noch finden muss, auf dem Weg dahin aber allerlei Abenteuer erlebt. Dabei spielen auch drei anderen junge Menschen eine wichtige Rolle. Auch die Liebe darf in diesem Roman nicht fehlen und geht dabei verschlungene Wege. Sie steht nicht im Mittelpunkt, sondern fügt sich meiner Meinung nach ganz natürlich in Tonis Lebensgeschichte ein.
Die Hauptpersonen erscheinen hier nicht als Übermenschen, sondern haben alle ihre Stärken und Schwächen, machen gelegentlich Fehler und wirken dadurch sympathisch.
Dass Eltern ihre Töchter als Junge verkleiden, um Annäherungen von Soldaten zu vermeiden, kann ich mir durchaus vorstellen, doch werden die Wenigsten wohl so lange in ihrer Verkleidung gelebt haben wie Toni in diesem Roman. Ein weiterer Punkt, der eher unglaubwürdig erscheint, sind die doch relativ häufigen zufälligen Begegnungen, insbesondere im Krieg, in dem Heere von einem Ort zum nächsten ziehen.
Krieg spielt in diesem Roman übrigens auch eine Rolle, und während die Autorin weitestgehend auf detaillierte Beschreibungen der Kampfhandlungen verzichtet hat, werden die Folgen des Krieges nicht beschönigt. Er bleibt präsent, nimmt dabei aber nicht den Mittelpunkt des Romans ein.

Fazit
Leichte Lektüre, die zu unterhalten weiß und einem dabei ein wenig Hintergrundwissen vermittelt, eine nette Liebesgeschichte, kombiniert mit ein paar zu vielen Zufällen.

Tom Finnek – Gegen alle Zeit

AutorTom Finnek
TitelGegen alle Zeit
SerieLondon Band 2
Seitenzahl541
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-16812-5
Bewertung

Inhalt
London, 1724: Mit einem Brummschädel und ohne Erinnerungen an den letzten Abend wacht Henry Ingram eines Morgens im Keller eines Londoner Ginhauses auf. Er weiß nur, dass er noch auf der Bühne gestanden und bei einer Aufführung der Bettleroper mitgewirkt hat – sogar sein Kostüm trägt er noch. Und so hält er auch die Kleidung der Personen um ihn herum für Kostüme, die Gebäude der Stadt für Kulissen, bis er nicht drumherum kommt, diese als echt zu akzeptieren. Doch das hieße, dass er durch die Zeit gereist sein muss, denn er ist ein Mensch des 21. Jahrhunderts!

Meine Meinung
In diesem Zeitreiseroman beschreibt Tom Finnek eindrucksvoll das Leben der Menschen der Unterschicht Londons im 18. Jahrhundert. Man kann den Unrat schon fast riechen, so anschaulich wird die Umgebung beschrieben. Die Hauptpersonen (bis auf Henry natürlich) sind historisch belegt, sie waren die Vorbilder für John Gays „The Beggar’s Opera“, die 1728 uraufgeführt wurde.
Der Roman ist in mehrere etwa gleich lange Abschnitte unterteilt, die mal die Erlebnisse von Henry, dann wieder die von Bess und anderen Personen beschreiben. Dabei erfährt der Leser in den Abschnitten nur die Sorgen, Probleme und Gedanken der jeweiligen Hauptperson. Was die jeweils anderen denken und tun bleibt offen bzw. wird in anderen Abschnitten thematisiert. So ist zum Beispiel in den Abschnitten um Bess Henrys Zeitreise kein Thema, schließlich weiß sie nichts davon.
Gelegentlich kommt es vor, dass Szenen mehrfach erzählt werden, und zwar in aufeinanderfolgenden Kapiteln aus verschiedenen Perspektiven. Dies ist aber keine bloße Wiederholung des schon Erzählten, denn durch die unterschiedlichen Sichtweisen der Charaktere und ihrer Gedanken setzt sich erst das komplette Bild zusammen. Die Handlung verläuft also nicht stur chronologisch, sondern springt gelegentlich kurz in der Zeit zurück.
Dieses Stilmittel gefällt mir sehr gut, weil man so einfach dichter an den Charakteren dran ist und als Leser nicht mehr weiß als die Hauptperson des jeweiligen Kapitels. So bin ich tatsächlich mehrmals überrascht worden, ohne, dass mir dies als künstlich herbeigeführt vorkam.
Die Personen sind auch nicht stereotyp, immer wieder konnte ich neue Facetten an ihnen entdecken, und bis auf vielleicht eine Ausnahme würde ich niemanden als ausschließlich gut oder böse sehen.
Ein Nachwort oder Personenregister gibt es nicht, dafür einen Anhang, in dem die wichtigsten Personen und Begriffe der Reihenfolge nach erklärt werden, sowie eine Karte Londons.

Fazit
Ein Zeitreiseroman, bei dem die Zeitreise in Henrys Abschnitten zwar immer wieder thematisiert wird, diese aber nicht aufgesetzt wirkt. Deshalb finde ich den Roman auch für diejenigen, die sonst weniger mit dieser Art Roman anfangen können, empfehlenswert.