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Hannes Wertheim – Der Kapuzinermönch

AutorHannes Wertheim
TitelDer Kapuzinermönch
Seitenzahl543
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-25296-1
Bewertung

Inhalt
Thüringen, 1525: Nach der Schlacht bei Frankenhausen ist der Bauernführer Thomas Müntzer gefangen genommen, seine Anhänger vernichtend geschlagen worden. In den Wirren nach dem Krieg suchen einige Flüchtige in einem Stollen Zuflucht, wo sie auf Märthe treffen, eine hässliche Alte mit einer wunderschönen Stimme, die nicht nur im medizinischen Bereich großes Wissen vorweisen kann. Zusammen beschließen sie, das Werk Müntzers im Geheimen, als Gaukler verkleidet, fortzuführen.
Doch Claudius, einem falscher Dominikaner und Anhänger des Doktor Faustus, ist diese Gruppe ein Dorn im Auge, durchkreuzt sie doch immer wieder seine teuflischen Pläne…

Meine Meinung
Der Beginn dieses Romans, der schon vor längerer Zeit erschienen ist, ist sehr vielversprechend. Nicht nur finde ich den historischen Hintergrund des Bauernkrieges sehr interessant, auch die Recherche scheint sehr fundiert zu sein, was man immer mal wieder an kleinen Details erkennen kann. Während es zu Beginn wirklich um die Themen Bauernkrieg und Reformation geht, um die gefangengenommenen Bauern, das Leid, das der Adel über die Menschen niederen Standes bringt und das diese einfach so hinnehmen müssen, den brodelnden Widerstand, so verschiebt sich der Schwerpunkt der Geschichte bald in Richtung eines Katz-und-Maus-Spiels zwischen Claudius und Märthe und ihren Anhängern. Hier wird jemand gefangen genommen und befreit, dann der nächste, und immer wieder bringt sich jemand aus der Gruppe bei einem Befreiungsversuch in Gefahr. Dies zieht sich über einen nicht geringen Teil des Romans hin. Die Verlagerung der Handlung in die Stadt Köln macht den Wendepunkt in diesem Roman aus. Auch wenn das Leben in der Stadt noch so authentisch dargestellt ist, so hat es mir einfach kaum Spaß gemacht, immer wieder ähnliche Dinge zu lesen.
Ein weiterer Punkt, der mir nicht so zugesagt hat, sind die Visionen, die sowohl Märthe als auch Claudius haben. Auch der weiße Rabe Hesekiel, der nicht nur sprechen kann, sondern scheinbar auch noch weiß, was er wann zu sagen hat, und ein besonderes Gift, von dem ich bezweifle, dass es so etwas gegeben haben könnte, lassen den Roman doch stark in Richtung Fantasy kippen. Nun habe ich nichts gegen kleinere Ausflüge in diese Richtung, schließlich glaubten die Menschen zu dieser Zeit noch an Zauberei, doch war es mir hier einfach zu viel, das zusammenkam und das dem Roman die Glaubwürdigkeit genommen hat.
Während die Geschichte also vor sich her plätschert, streift sie noch andere Themen wie die Pest und Hexerei. Nach und nach steigert sie sich zu einem Höhepunkt, nur um dann völlig abrupt und halb offen zu enden. Mit dem Beginn des Romans hat das Ende kaum noch etwas zu tun, auch nicht mit der Mission, der sich die Freunde Märthes verschrieben haben.
Auch der Name des Romans ist ein wenig irreführend, denn der Kapuzinermönch Fresenius ist einfach nur Teil der Gruppe. Ein wichtiger zwar, schließlich war er früher im Krieg, weiß mit Sprengstoffen umzugehen und hat sich zudem noch eine gewisse Bildung angeeignet, doch ist er nicht der Anführer. Diese Rolle hat Märthe inne, die durch ihren gelegentlichen Blick in die Zukunft die Flüchtigen überhaupt erst zu einer Gruppe mit einem gemeinsamen Ziel zusammengeschweißt hat. Weitere Mitglieder sind der Graf Traubstedt, der auf Seiten der Bauern gekämpft hat und deshalb nicht nach Hause zurück kann, der Landsknecht Michael, dessen Frau ermordet wurde, der Bauer Rufus, der während der Schlacht seinen Arm verloren hat, der Geselle Hans, die Magd Katharina sowie der stumme Sebastian und seine kleine Schwester Marie. Für mich waren das fast schon zu viele Charaktere, zumal einige über weite Teile des Romans völlig unwichtig sind und einfach mitgeschleppt werden.
Die Gegenspieler der Gruppe, der falsche Mönch Claudius und sein Gefährte, der Ritter von Bogenwald, sind teuflisch böse, Claudius gibt auch geradewegs zu, seine Seele dem Teufel verschrieben zu haben. Im Gegensatz dazu kann man die Freunde Märthes allerdings nicht gerade als Heilige bezeichnen – zum Glück, sonst wäre das Buch wirklich langweilig geworden.
Der Schreibstil ist teilweise ein wenig auf alt getrimmt, auch kommt gelegentlich Dialekt vor, doch wird beides in Maßen eingesetzt, so dass dies nicht aufgesetzt wird und sich der Roman recht gut lesen lässt.
Gerne hätte ich von der Autorin (Hannes Wertheim ist ein Pseudonym der Autorin Sabine Werz) selbst gehört, was insbesondere von den Ereignissen in Köln den Tatsachen entspricht, aber ein erklärendes Nachwort oder sonstiges Zusatzmaterial war in den 1990ern einfach noch nicht üblich, so dass auch dieser Roman ohne diese auskommen muss.

Fazit
Der Roman beginnt interessant und spannend, lässt dann aber stark nach und driftet nach etwa der ersten Hälfte in ein Katz-und-Maus-Spiel ab, das mich dann nicht mehr so wirklich fesseln konnte. Schade eigentlich, denn der Ansatz war wirklich interessant. So ist der Roman einfach nur durchschnittlich.