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Liliana Le Hingrat – Das dunkle Herz der Welt

AutorLiliana Le Hingrat
TitelDas dunkle Herz der Welt
Seitenzahl763
VerlagKnaur
ISBN978-3-426-51759-8
Bewertung

Inhalt
Nürnberg, 1430: Vladislav Basarab ist als Geisel des ungarischen Königs Sigismund aufgewachsen. Seit seiner Jungend ist Janós Hunyadi einer seiner besten Freunde und treuesten Weggefährten.
Dies ändert sich jedoch, als Vlas in den Orden der Drachenritter aufgenommen wird und János nicht, obwohl er doch Gerüchten zufolge ein Bastardsohn des Königs ist. Als Vlas dann auch noch die Liebe der Frau gewinnt, die János heiraten will, obwohl Vlas doch eine glückliche Ehe führt, verkehrt sich die Freundschaft in Hass und Missgunst.
Und so setzt János alles daran, zu verhindern, dass Vlas sein Erbe, die Walachei, gegen seine Vettern für sich beanspruchen kann…

Meine Meinung
Liliana Le Hingrat beschreibt in ihrem Debütroman ein Ereignis, das als balkanischer Rosenkrieg bekannt ist. Dieser geschichtliche Hintergrund ist sehr interessant, insbesondere, da man hierzulande selten Romane über die Geschichte Osteuropas zu lesen bekommt. Obwohl diese stark mit der Geschichte anderer Länder verwoben ist, war diese mir weitestgehend unbekannt, nur wenige Namen hatte ich zuvor schon einmal gehört. Zudem beschäftigt sich der Roman mit dem Konflikt der Religionen und Konfessionen, denn die Walachei war eine Pufferzone zwischen dem katholischen und orthodoxen Christentum wie auch dem Islam. Dabei hatte ich den Eindruck, dass die katholische Kirche im Gegensatz zur orthodoxen Kirche und dem Islam sehr schlecht wegkommt.
Der Einstieg in den Roman fiel mir nicht gerade leicht. Dies hängt auch damit zusammen, dass man zunächst sehr viel mehr über János und Vlas‘ Gefährten Roxolan liest als über Vlas, der doch die Hauptperson sein soll. Im Laufe des Romans ändert sich dies jedoch, sobald die Personen alle vorgestellt sind und die politische Situation beschrieben ist.
Diese Zeit ist spannend und informativ dargestellt, auch wenn es nicht gerade einfach ist, den Überblick zu behalten. So ist es recht leicht, zu verstehen, in welch einer Zwangslage sich Vlas, bedrängt von den Osmanen aus dem Süden und den Katholiken aus dem Westen, befindet, dass er keine andere Wahl hat, als das eine oder andere Bündnis einzugehen, was dann von der anderen Seite als Verrat gesehen wird.
Die Namen der Personen waren für mich weitestgehend ungewohnt, manche klingen zudem recht ähnlich, so dass ich bei einigen eine Weile gebraucht habe, bis ich mich an sie gewöhnt hatte. Die Autorin hat stellenweise versucht, Personen gleichen Namens unterschiedliche Spitznamen zu geben, damit man sie leichter auseinander halten kann, dennoch habe ich einige Male das recht ausführliche Personenregister heranziehen müssen.
Der Roman setzt recht spät im Leben Vlad Draculs, hier meist Vlas genannt, an. Dadurch erfährt man nur aus Rückblenden, wie eng die Freundschaft mit János wirklich gewesen ist. Im Roman selbst wird dies leider nicht deutlich, da er gleich mit der Entzweiung beginnt. Dies ist schade, wurde hier doch einiges an Potenzial verschenkt, um den Leser enger an die Charaktere zu binden und die Vorgeschichte zu zeigen, statt nur zu beschreiben. Auch bleiben einige der Charaktere dadurch recht blass, insbesondere Vlas selbst. Man weiß nicht, was ihn antreibt oder wie er zu anderen Personen steht. Im Lauf der Handlung ändert sich dies zwar, je mehr man über ihn liest, jedoch hatte ich selten das Gefühl, ihn richtig zu kennen.
Auch bei anderen Personen hatte ich leichte Schwierigkeiten. So habe ich mich gefragt, ob verletzter Stolz und Neid ausreicht, um einen solchen Hass auf einen anderen Menschen zu empfinden, wie ihn János Vlas gegenüber entwickelt oder was Clara, die junge Edelfrau, sich davon verspricht, sich mit Vlas zusammenzutun. Und dann ist da noch Roxolan, ein Freund, Gefährte und Beschützer Vladislavs, der, unterwiesen in heidnischen Praktiken, besondere Kräfte besitzt. Auch wenn ich nichts gegen einen kleinen Fantasyanteil in historischen Romanen habe, so fand ich ihn hier doch unnötig, die Geschichte wäre sicher auch ohne diese Magie ausgekommen.
Auf Vlas‘ Sohn Vlad Draculea, den späteren „Pfähler“, wird hier besonderes Augenmerk gelegt, plant die Autorin doch einen weiteren Roman, in dem es doch um eben diese bekannte Persönlichkeit gehen soll, die als Inspiration für Bram Stokers Dracula diente.

Fazit
Ein interessanter Roman über den balkanischen Rosenkrieg und den Vater des Mannes, der als Vlad „der Pfähler“ in die Geschichte eingegangen ist, der leider zu Beginn ein wenig Potenzial verschenkt. Durch die etwas sperrige Erzählweise ist es kein Buch für zwischendurch, für Interessierte an osteuropäischer Geschichte aber auf jeden Fall empfehlenswert.

Vielen Dank an Droemer Knaur für das Rezensionsexemplar!