Schlagwort-Archive: 13. Jh.

Peter Berling – Das Kreuz der Kinder

AutorPeter Berling
TitelDas Kreuz der Kinder
Seitenzahl504
VerlagUllstein
ISBN978-3-548-26919-1
Bewertung

Inhalt
Mahdia, 1221: Um die Fragen seines Sohnes nach dessen verstorbener Mutter Melusine beantworten zu können, bittet der Emir von Mahdia seinen Freund Rik van den Bovenkamp darum, eine Chronik über den „Kreuzzug“ zu verfassen, der Rik, Melusine und Tausende weiterer junger Menschen Richtung Süden geführt hat.
Frankreich, neun Jahre zuvor: Der Hirte Niklas hat eine Vision, in der ihm aufgetragen wird, junge Menschen um sich zu sammeln und mit ihnen Jerusalem friedlich einzunehmen. Bald schließen sich ihm immer mehr Kinder und junge Erwachsene an, die in ihrer Heimat keine Zukunft sehen.
Auch in der Nähe von Köln hält kurze Zeit später ein anderer Junge ähnliche Reden und sammelt Anhänger um sich.
Beide Gruppen ziehen gen Süden, einer ungewissen Zukunft entgegen…

Meine Meinung
Dieser Roman behandelt mit dem sogenannten Kinderkreuzzug ein Thema, das ich sehr spannend und interessant finde. Leider konnte er mich nicht so fesseln, wie ich es mir gewünscht hätte.
Dies liegt zum einen daran, dass ständig zwischen den Handlungssträngen hin- und her gesprungen wird, zum Teil mehrmals auf einer Seite, die spätere Handlung bildet also nicht nur den Rahmen für die Chronik, sondern ist selbst wesentlicher Bestandteil des Romans. Allerdings passiert hier über lange Zeit wenig. Gelegentlich streiten sich die ehemaligen Gefährten, die Rik helfen, die Chronik zu verfassen, mal kommt jemand hinzu, dann reist jemand anders wieder ab. Über viele Seiten war dies für mich eher uninteressantes Beiwerk, das von der eigentlich wichtigen Handlung abgelenkt hat, so dass ich mich manches Mal gefragt habe, ob denn dieser Handlungsstrang tatsächlich notwendig ist.
Zum anderen ist der Roman recht trocken geschrieben. Die Chronik ist eine Nacherzählung, die im Präsens gehalten wird. Nie hatte ich das Gefühl, dabei zu sein, die Ereignisse wurden mir nur erzählt. Selbst wenn Rik über seine eigenen Abenteuer berichtet, spricht er über sich in der dritten Person. Vielleicht hatte ich deshalb auch so meine Schwierigkeiten mit dem anderen Handlungsstrang, in dem gelegentlich Emotionen hochkochen, die ich nicht nachvollziehen konnte.
Die Sprache Berlings trägt nicht unbedingt zum Verständnis bei, da es doch sehr häufig Bandwurmsätze gibt, die schon mal über viele Zeilen gehen. So muss man sich teilweise stark konzentrieren, um die Sätze zu entwirren. Gelegentlich falsch gesetzte Kommas erschweren das Verständnis zusätzlich.
Die Charaktere finde ich schwierig zu beurteilen. Dadurch, dass es recht viele Personen gibt, zwischen denen ständig hin und her gewechselt wird, konnte ich für niemanden echte Sympathien entwickeln oder gar Entscheidungen nachvollziehen, der Erzählstil hat dies nur begünstigt. Einige Charaktere sind auch stark stereotyp, so dass ich mir schon gleich von ihrem ersten Auftreten an ihre Rolle vorstellen konnte, andere scheinen zwar vielschichtiger zu sein, doch wird dies meiner Meinung nach nicht deutlich.
Trotz all der Kritikpunkte fand ich den Roman interessant. Von mir aus hätte der zweite Handlungsstrang weggelassen werden können, dafür hätte ich gerne mehr über Rik und seine Weggefährten und über die Reise selbst gelesen, insbesondere, wenn es tiefere Einblicke gegeben hätte.

Fazit
Ein Roman mit viel Potenzial, das aber durch die Umsetzung nicht genutzt wurde. Der zweite Handlungsstrang hat in meinen Augen wenig beigetragen. Wer sich für das Thema der Kinderkreuzzüge interessiert kann einen Blick riskieren.

Lena Johannson – Die unsichtbare Handschrift

AutorLena Johannson
TitelDie unsichtbare Handschrift
Seitenzahl457
VerlagKnaur
ISBN978-3-426-50909-8
Bewertung

Inhalt
Köln, 2011: Während der Bergungsarbeiten am Kölner Stadtarchiv stößt die Lübecker Restauratorin Christa Bauer auf ein Schriftstück aus dem 13. Jahrhundert, aus dem ihr die Worte „Lübeck“ und „Betrug“ ins Auge springen! Fasziniert zieht sie weitere Erkundigungen ein.
Lübeck, 1226: Esther führt ihrem Bruder Kaspar, einem Schreiber, den Haushalt, stellt für ihn Tinte her und besorgt ihm neue Aufträge. Doch sie hat ein Geheimnis: Auch sie kann lesen und schreiben, was Frauen ihrer Schicht allerdings nicht erlaubt ist.
Eines Tages belauscht Esther zufällig ein Gespräch, in dem eine mögliche Urkundenfälschung diskutiert wird, durch die der Stadt Lübeck neue Privilegien verschafft werden sollen…

Meine Meinung
Die Urkunde, die Friedrich II. im Jahr 1226 als Abschrift des Originals von Kaiser Barbarossa vorgelegt wurde, ist wohl tatsächlich um einige Punkte ergänzt worden. Wie dies jedoch zustande gekommen ist, kann nur vermutet werden, und so bleibt viel Freiraum für Spekulationen. Lena Johannson hat diesen Freiraum genutzt, um ein Verwirrspiel um den Austausch der Urkunde zu entwickeln.
Die Rahmenhandlung, in der die Restauratorin der Urkundenfälschung auf den Grund gehen will, hätte meiner Meinung nach nicht sein müssen. Gerne lese ich so etwas als Einleitung, um einen Bezug zu unserer Zeit zu schaffen, doch immer wieder zwischendurch von Christa zu lesen fand ich unnötig und hat mich regelmäßig aus der Geschichte gerissen. Zwar erhält man dadurch einen Bezug zur heutigen Zeit, aber die Tatsache, dass die Urkunde keine reine Abschrift darstellt, ist wohl schon wesentlich länger bekannt. Somit sollte dies für eine Restauratorin keine Neuigkeit sein.
Die Handlung im Mittelalter fand ich dagegen schon wesentlich interessanter. Die Stadt Lübeck wird anschaulich beschrieben, auch alltägliche Dinge gehören dazu. So wird deutlich, wie schmutzig die Straßen Lübecks sind: Eine Frau verrichtet in der Öffentlichkeit ihr „Geschäft“, und Trippen, Holzschuhe, die man sich unter die eigentlichen Schuhe schnallt, um nicht direkt mit dem Unrat in Kontakt zu kommen, werden erwähnt. Die Herstellung von Tinte wird genauso beschrieben wie die Schwierigkeiten, an Aufträge zu gelangen.
Andere Aspekte der Geschichte konnte ich mir allerdings weniger vorstellen, wie zum Beispiel, dass es Frauen aus Esthers Schicht unter Strafe verboten gewesen sein soll, Lesen und Schreiben zu können. Sie will schließlich einen Händler heiraten, soll es ihr da verboten sein, ihm bei der Arbeit zu helfen? Ebenso hatte ich meine Probleme mit dem Namen der Hauptperson, stammt er doch aus dem Alten Testament. Ich verbinde ihn eher mit jüdischen Frauen und kann mir nur schwer vorstellen, dass eine Christin auf diesen Namen getauft wurde.
Auch die Handlung selbst hat ein paar Fragen aufgeworfen. Kann Esther eigentlich auch Latein lesen und schreiben, um überhaupt einen eigenen Urkundentext entwerfen zu können? Es wird nur beschrieben, dass Esther Lesen und Schreiben lernt, nicht aber auch andere Sprachen. Welche Rolle spielt eigentlich die alte Frau? Und was haben die Kartoffeln auf dem Acker zu suchen? Ein so offensichtlicher Anachronismus sollte doch wohl zu vermeiden sein.

Fazit
Ich hatte ein wenig mehr erwartet. Den sehr interessanten Beschreibungen des mittelalterlichen Lübecks und der Geschichte um den Austausch der Urkunden stehen ein paar Plotlöcher und eine eher langweilige Rahmenhandlung gegenüber.