Archiv der Kategorie: Rezensionen

Robyn Young – Rebell der Krone

AutorRobyn Young
TitelRebell der Krone
OriginaltitelInsurrection
ÜbersetzerNina Bader
SerieInsurrection Trilogie Band 1
Seitenzahl670
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-37246-1
Bewertung

Inhalt
Schottland, 1286: Der junge Robert Bruce, Enkel des Earl of Annandale, befindet sich in der Ausbildung zum Ritter, als Alexander III., der König von Schottland, unerwartet stirbt. Schottland steht ohne einen männlichen Thronerben da, und schon bald streckt der englische König Edward seine Finger nach der Krone aus. Doch in Schottland selbst gibt es auch mehrere Kandidaten, die einen Anspruch auf den Thron haben, unter ihnen Robert Bruce V., Earl of Annandale, und John Balliol, Lord of Galloway, die untereinander verfeindet sind.
Roberts Vater steht treu zu König Edward. Doch wem gilt Roberts Loyalität?

Meine Meinung
Dieser Roman ist der Auftakt einer Trilogie um Robert the Bruce, den späteren König von Schottland. Da es Lücken in seiner Biografie gibt, hat die Autorin einen recht großen Spielraum, dem jungen Mann Leben einzuhauchen und ihn so darzustellen, dass seine Entscheidungen nachvollziehbar sind. Einige Abweichungen von der überlieferten Historie werden glaubhaft beschrieben, wie zum Beispiel die Darstellung einiger Todesfälle als Morde.
Robert wird als Kind seiner Zeit dargestellt. Menschen aus unteren Schichten betrachtet er oft abwertend, wie es ihm beigebracht wurde, dennoch ist er größtenteils sympathisch, so dass ich gerne mit ihm mitgefiebert habe. Nicht immer wollten mir seine Entscheidungen gefallen, im Zusammenhang sind sie jedoch stimmig.
Nicht ganz klar geworden bin ich mir jedoch darüber, warum Roberts Vater seinem Erstgeborenen so ablehnend gegenübersteht. Zwar gibt es eine Erklärung, doch ist mir das zu wenig, um diese große Kluft zu begründen. Der Zwiespalt, in dem Robert im späteren Verlauf des Romans steckt, wird dafür umso überzeugender beschrieben.
Auch andere Charaktere sind vielschichtig und nicht stereotyp, Freunde wie auch Feinde. Einzig König Edward wird recht negativ charakterisiert, was seine Rolle als Gegenspieler in diesem Roman wird von Beginn an verdeutlicht, doch auch er hat Motive, die auch von Beginn an aufgezeigt werden.
Mit der Hexe Affraig kommt ein mystisches Element ins Spiel, wobei nicht eindeutig ist, ob sie tatsächlich eine Zauberin ist oder ob ihre Künste auf Aberglauben beruhen. Möglicherweise wird dies in einem der folgenden Bände aufgeklärt.
Schon in diesem ersten Band der Reihe finden einige Kämpfe statt, und auch wenn sie nicht allzu viel Raum einnehmen, wird hier nichts beschönigt. Übertrieben wird hier nicht, wer nicht gerne Beschreibungen von Kämpfen liest, sollte sich von ihnen nicht abschrecken lassen.
Die Handlung ist spannend beschrieben, Längen habe ich kaum festgestellt oder als solche wahrgenommen, zu sehr wollte ich wissen, wie es mit Robert weitergeht, obwohl ich grob mit der Geschichte vertraut bin.
Die Sprache ist für die Handlung angemessen, die Sätze nicht zu lang, so dass man der Geschichte sehr gut folgen kann. Auch verzichtet die Autorin darauf, zu viel nur zu erzählen, stattdessen ist man als Leser dabei, selbst bei Ereignissen, die einige Jahrzehnte zuvor geschehen sind. Diese Rückblenden werden durch Kursivschrift dargestellt, was mir gut gefallen hat, da dadurch die zeitliche Einordnung der Ereignisse erleichtert wird.

Fazit
Ein sehr gut geschriebener und spannender Auftakt, der neugierig auf die Fortsetzung macht. Wer sich für den schottischen Unabhängigkeitskampf unter Robert the Bruce und William Wallace interessiert, sollte hier genauer hinschauen.

Andrea Schacht – Die Lauscherin im Beichtstuhl

AutorAndrea Schacht
TitelDie Lauscherin im Beichtstuhl
Seitenzahl478
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-36263-9
Bewertung

Inhalt
Kloster Knechtsteden, 1502: Mirza ist eine dreifarbige Katze, die bisher bei der alten Moen gelebt hat. Doch kurz nach deren Tod wird sie von dem Gärtner Meiko aufgegriffen und ins nahegelegene Kloster gebracht, wo sie die Bibliothek vor Mäusen schützen soll. Mit dem Bibliothekar Pater Melvinius versteht Mirza sich ausgezeichnet, doch Meiko ist ihr ein Rätsel, da er mehr zu sein scheint, als er vorgibt.
Doch nicht nur er scheint ein Geheimnis mit sich herumzutragen, auch Meister Clemens, ein Maler, der mit der Ausschmückung der Basilika beauftragt wurde, legt ein merkwürdiges Verhalten an den Tag…

Meine Meinung
Bei diesem Roman handelt es sich um einen historischen Fantasyroman mit Krimi-Elementen, der aus Sicht einer Katze beschrieben wird, die auch die Hauptrolle spielt und wesentlich zur Handlung beiträgt. Man sollte also keinen allzu ernsten Roman erwarten, aus dem man viel über vergangene Zeiten lernen kann. Schließlich ist die Erzählerin eine Katze, die sich einfach nur mit ihrem Umfeld beschäftigt. Und so dient das 16. Jahrhundert hauptsächlich als Kulisse, nur durch wenige Gespräche zwischen den Menschen erhält man eine geschichtliche Einordnung.
Mirza ist eine noch nicht allzu alte Katze, die sehr neugierig ist und gerne Rätsel löst. Sie kann die Sprache der Menschen verstehen, auch wenn sie nicht immer alle Zusammenhänge erkennt, schließlich legen sich die Menschen mit ihren Regeln selbst Steine in den Weg. Und so erfährt sie nach und nach, wozu Geld dient und was Sünde ist. Auf eher ironische Weise werden Verhaltensmuster der Menschen aus kätzischer Sicht beschrieben, während Mirza selbst eher der Natur folgt und so ein wenig über den Katzenalltag plaudert, über Rolligkeit, tägliche Routen, Reviermarkierungen und Gefahren, wie sie für Katzen allgegenwärtig sind. Auch über die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen der Mäuse aus Kräutergarten, Apfelscheune und Bibliothek wird berichtet. Obwohl die Beschreibungen aus dem Katzenalltag recht nett beschrieben sind und ich gelegentlich schmunzeln musste, war es mir dann manchmal zu viel, auch durch diverse Wiederholungen.
Zu Beginn verhält sich Mirza also durchaus so, wie man sich das Leben einer normalen Katze vorstellt. Im späteren Verlauf weicht sie jedoch nach und nach davon ab und verhält sich zunehmend menschlicher, sie mischt sich in die Belange der Menschen ein und versucht, deren Probleme zu lösen. Die Darstellung finde ich durchaus gelungen, für einen Fantasyroman ist es auch durchaus passend.
Schon etwa ab der Mitte des Romans wird ein weiterer Fantasyaspekt hinzugefügt, der nach und nach mehr Raum einnimmt und mir gegen Ende dann doch etwas zu viel war.
Einen echten historischen Krimi darf man hier nicht erwarten, da viele der Rätsel schon recht bald zumindest im Ansatz geklärt werden, auch wenn die große Auflösung natürlich am Ende erfolgt. Die paar wirklichen Straftaten, die hier begangen werden, sind aber schon zu Beginn gelöst, da Mirza anwesend ist, als sie begangen oder geplant werden. Spannend finde ich den Roman trotzdem, schließlich wollte ich wissen, welche Geheimnisse die einzelnen Personen umgeben und wie die Menschen die Dinge auffassen, die Mirza schon lange weiß.

Fazit
Ein Katzenroman vor historischer Kulisse, der recht gut unterhält und auf humorvolle Weise geschrieben ist. Wer diese Art von Katzenromanen mag, könnte durchaus seine Freude an diesem Roman haben.

Charlotte Thomas – Der König der Komödianten

AutorCharlotte Thomas
TitelDer König der Komödianten
Seitenzahl700
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-16594-0
Bewertung

Inhalt
Veneto, 1594: Marco ist gerade achtzehn Jahre alt, als sein vermögender Onkel plötzlich stirbt. Bis zur Volljährigkeit soll er im Kloster weiter ausgebildet werden. Doch schon bald belauscht er ein Gespräch, in dem sein eigenes Ableben besprochen wird.
Aus Angst vor einem Anschlag flieht er nach Padua, wo er sich einer Gruppe Schauspieler anschließt, die durch das Land ziehen. Schon bald versucht er sich am Schreiben eines neuen Theaterstücks, in dem es um Doppelgänger geht.
In Venedig scheint sein Stück ihn jedoch einzuholen, denn immer häufiger wird er für jemand anderen gehalten. Geht seine Fantasie mit ihm durch, oder hat er tatsächlich einen Doppelgänger?

Meine Meinung
Bei diesem Buch handelt es sich um einen historischen Roman, der amüsant und locker geschrieben ist, so dass der Schreibstil direkt zum Thema passt. Insbesondere der Einstieg hat mir gefallen, hier habe ich laut auflachen müssen.
Der Ich-Erzähler Marco ist ein pubertierender Achtzehnjähriger, der nicht immer nur mit seinem Kopf denkt. So ergeben sich manch witzige Szenen, die mich zumindest haben schmunzeln lassen. Durch seine geringe Lebenserfahrung kommt es zu weiteren amüsanten Begebenheiten. Dabei ist sich Marco seiner Unerfahrenheit bewusst, was diese Schilderungen durchaus glaubhaft erscheinen lässt.
Auch die Komödianten sind überzeugend, wenn auch leicht überzogen dargestellt. Zwar gibt es hier einige Klischees – den Alten mit seinen verrückten Ideen, den Schönling, der auf Männer steht, die hübsche Frau, die allen den Kopf verdreht und ihren eifersüchtigen Ehemann, der seinen Frust in Alkohol ertränkt – doch gehen sie über die Stereotype hinaus und haben ihre eigene Persönlichkeit. Und so ist der Roman weit davon entfernt, ins Alberne abzudriften.
Während ich den Roman gelesen habe, kam es mir so vor, als ob extrem viele Zufälle beschrieben werden. Schon alleine, dass Marco in Venedig ständig für jemand anderen gehalten wird, während er selbst an seinem Stück schreibt, erschien mir doch zu weit hergeholt. Dies klärt sich jedoch am Ende auf und relativiert sich somit wieder, ganz konnten dieses Gefühl dadurch aber nicht vertrieben werden. Unerwartete Wendungen sorgen dafür, dass es selten langweilig wird. Einzig im Mittelteil gab es einige Szenen, die mich nicht ganz überzeugen konnten, doch auch hier hat sich am Ende gezeigt, dass sie nicht unwichtig sind.
Es gibt auch eine Liebesgeschichte, diese steht aber nicht im Zentrum des Romans. Vielmehr entwickelt sie sich nach und nach und fügt sich sehr gut in die übrige Handlung ein, so dass sie nicht aufgesetzt wirkt.
Sehr lehrreich fand ich die Informationen über die Komödien an sich, den Aufbau, den Unterschied der verschiedenen Arten, aber auch die Art und Weise der Präsentation. Allerdings sind diese Erklärungen mit Fachbegriffen in italienischer Sprache gespickt, die ich zum Teil einfach überlesen habe. Wer sich nicht für das Thema an sich interessiert, könnte diese Szenen aber durchaus als langweilig empfinden.

Fazit
Einen Roman wie Die Madonna von Murano oder Die Lagune des Löwen darf man hier nicht erwarten. Diese Art von Humor liegt wohl nicht Jedem, wer ihn nicht mag, wird wahrscheinlich wenig Gefallen an diesem Roman finden.

Neal Stephenson – Quicksilver

AutorNeal Stephenson
TitelQuicksilver
OriginaltitelQuicksilver
ÜbersetzerJuliane Gräbener-Müller und Nikolaus Stingl
SerieBarock-Trilogie Band 1
Seitenzahl1147
VerlagGoldmann
ISBN978-3-442-46183-7
Bewertung

Inhalt
England, Mitte des 17. Jahrhunderts: Wenn es nach seinem Vater, einem Puritaner, ginge, sollte Daniel Waterhouse Priester werden. Dieser interessiert sich aber viel mehr für die Mathematik und die Naturphilosophie. Schon bald freundet er sich mit seinem Studienkollegen Isaac Newton an, der immer öfter in seiner eigenen Welt zu versinken scheint.
Mitteleuropa, zur gleichen Zeit: Jack Shaftoe ist ein Tunichtgut, wie er im Buche steht, ein Landstreicher, Betrüger, gelegentlich auch Soldat und bald darauf Deserteur, wie es ihm gerade gelegen kommt. Durch die Syphilis ist er nicht immer klar im Kopf.
Während eines Kriegszugs gen Wien trifft er auf Eliza, die als Sklavin bei den Sarazenen lebt…

Meine Meinung
Dieser Roman besteht aus drei Büchern. In dem ersten geht es um Daniel Waterhouse und die Naturphilosophie, im zweiten um Jack und Eliza und um Handel, im dritten Buch dann um Daniel und Eliza und Politik.
Der Schreibstil ist dabei wenig konsequent. Mal wird einfach nur spannend erzählt, welche Abenteuer die Hauptpersonen erleben, mal ernst, mal humorvoll beschrieben. Dann wiederum gibt es seitenlange Beschreibungen der Forschungen, die von Newton oder der Royal Society durchgeführt werden, die ich nicht selten einfach nur langweilig fand. Einige Szenen sind in Form eines Theaterstücks oder eines Protokolls geschrieben, und insbesondere im dritten Buch gibt es viele Briefe. Ein Kapitel endet sogar mitten im Satz, so dass ich zunächst gedacht habe, dass es sich um einen Fehldruck handelt. Man kann sich also nie sicher sein, was einen auf der nächsten Seite erwartet.
Mit der Geschichte Englands im 17. Jahrhundert kenne ich mich wenig aus, insbesondere, was die diversen religiösen Strömungen angeht. Und so war es für mich nicht immer leicht, den Handlungen insbesondere im ersten Buch zu folgen. Ausführliche Fußnoten helfen ein wenig, für mich waren sie jedoch nicht ausreichend, so dass ich mich über das Buch hinaus informieren musste.
Und so war insbesondere das erste Buch für mich sehr schwer und eher langweilig zu lesen. Die nächsten beiden Bücher sind dagegen wesentlich ansprechender, obwohl auch diese ihre drögen Passagen hatten. Jacks Beschreibungen seiner Abenteuer sind gelegentlich etwas wirr, was aber wohl auch gewollt ist, denn seine Syphilis in einem späten Stadium sorgt dafür, dass er nicht ganz Herr seiner Sinne ist. Allerdings ist seine Geschichte hier nicht zu Ende erzählt, sie hängt ein wenig in der Luft und wird seine Fortsetzung wohl im zweiten Band, Confusion, finden.
Eliza ist eine Person, aus der ich nicht schlau werde. Sie stammt aus dem fiktiven Land Qwghlm, ist sehr gewitzt und vollführt einen ungeheuren Aufstieg, der wenig glaubwürdig ist. Doch scheint dieser Roman in einer Art alternativer Geschichte zu spielen, da es neben dem fiktiven Land Qwghlm eben auch andere Dinge gibt, die einfach als Tatsachen aufgestellt werden, die ich mir aber schwer vorstellen kann. Leider gibt es kein Nachwort, in dem der Autor über Abweichungen von der tatsächlichen Historie informiert hätte.

Fazit
Bei diesem Buch handelt es sich um einen Wälzer, der sich mit einigen verschiedenen Themen beschäftigt, keinen einheitlichen Stil aufweist und mit einem offenen Ende aufwartet. Wer leichte Lektüre für Nebenbei sucht, ist hier völlig falsch. Man sollte sich schon für einige der Themen interessieren, sonst wird man diesen Wälzer möglicherweise schon bald gelangweilt zur Seite legen.

Derek Meister – Rungholts Ehre

AutorDerek Meister
TitelRungholts Ehre
SerieRungholt Band 1
Seitenzahl544
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-37484-7
Bewertung

Inhalt
Lübeck, 1390: Der fünfzehnjährige Daniel ist Lehrling bei dem Händler und Ratsmitglied Rungholt und in dessen jüngste Tochter Mirke verliebt. Die erwidert seine Liebe, doch soll sie in wenigen Tagen mit Attendorn, einem wohlhabenden Händler und ehemaligen Bürgermeister der Stadt, verlobt werden.
Bei einem ihrer heimlichen Treffen stoßen Daniel und Mirke auf eine Leiche, die in der Trave treibt – ausgerechnet mit diesem Mann ist Daniel am Vorabend vor Zeugen aneinander geraten! Und so entschließt er sich, sein Heil in der Flucht zu suchen, wird aber sofort als Täter festgesetzt.
Um die Ehre seines Hauses wiederherzustellen, mischt sich Rungholt in die Ermittlungen ein, doch erweist sich dies als schwieriger als angenommen…

Meine Meinung
Bei diesem ersten Band einer Reihe handelt es sich um einen typischen Mitelalterkrimi. Neben dem Mordfall, der das direkte Umfeld des Ermittlers betrifft, spielen auch persönliche Dinge mit in die Handlung des Romans hinein. Dies sind in diesem Fall die Vorbereitungen für die Verlobungsfeier, die Umgestaltung des Hauses sowie einfach Zahnschmerzen des Protagonisten, aber auch Einblicke in seine Vergangenheit, die nicht direkt mit der Ermittlung zu tun haben, füllen die Seiten. Dies führt zu einer eher gemächlichen Ermittlungsarbeit – an einigen Stellen sogar zu gemächlich für mein Empfinden, steht Rungholt doch unter starkem Zeitdruck.
Zudem finde ich es unverständlich, dass die Vorbereitungen für die Verlobung einfach so weiter verlaufen, wenn ein Mitglied des Haushalts, noch dazu jemand, der in Rungholts Augen der Braut nahesteht wie ein Bruder, kurz vor der Hinrichtung steht. Ich hätte eher erwartet, dass eine Verschiebung zumindest in Erwägung gezogen wird, stattdessen wird einfach so getan, als wäre nichts passiert.
Rungholt ist zudem nicht unbedingt der Mensch, den man sich in der Rolle des Ermittlers vorstellt. Mit knapp fünfzig Jahren und etwa drei Zentnern Gewicht ist er kaum in der Lage, körperliche Anstrengungen zu bewältigen, zudem ist er kurzsichtig und verlegt regelmäßig seine Brille. Auch seine Persönlichkeit kann dies nicht ausgleichen, er ist aufbrausend und wird schnell handgreiflich, wenn etwas nicht nach seinem Willen geschieht. Ereignisse in seiner Vergangenheit haben ihn stark geprägt und beeinflussen ihn noch immer. Andererseits verfügt er über einen wachen Verstand sowie Vorwissen über Verhörmethoden, welches er ebenfalls in seiner Vergangenheit erworben hat. Auf die Vergangenheit wird nur andeutungsweise eingegangen, man erhält eine grobe Vorstellung darüber, was er erlebt haben könnte, doch aufgeklärt werden die Ereignisse nicht.
Die Krimihandlung ist relativ spannend beschrieben. Zwar bekommt man als Leser recht bald einen möglichen Täter präsentiert und weiß in dem Moment mehr als Rungholt, die Motive jedoch bleiben sehr lange unklar, zudem gibt es immer wieder interessante Wendungen. Andererseits gibt es gelegentlich Logiklöcher. So halte ich es für unwahrscheinlich, dass ein Händler aus Lübeck einen anderen, der zudem Ratsmitglied ist, nicht zumindest einmal gesehen hat. Selbst bei etwa 19.000 Einwohnern, die zu diesem Zeitpunkt in Lübeck gewohnt haben dürften, sollten Gildebrüder einander oberflächlich kennen.
Größtenteils ist der Roman in Hochdeutsch gehalten, nur gelegentlich wird Dialekt eingebunden. Einer der Freunde Rungholts wirft auch gerne mit lateinischen Sprichwörtern um sich. Ein Glossar hilft bei der Übersetzung, meist habe ich allerdings diese Sätze einfach ignoriert.

Fazit
Ein unterhaltsamer Krimi, der in seiner Handlung aber nicht immer schlüssig ist.