Archiv der Kategorie: Rezensionen

Michael Blake – Der mit dem Wolf tanzt

AutorMichael Blake
TitelDer mit dem Wolf tanzt
OriginaltitelDance with Wolves
ÜbersetzerJoachim Honnef
SerieDer mit dem Wolf tanzt Band 1
Seitenzahl283
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-13348-2
Bewertung

Inhalt
An der westlichen Siedlungsgrenze der USA, 1863: Der amerikanische Bürgerkrieg tobt, doch nach einer Heldentat wird Lieutenant John J. Dunbar auf eigenen Wunsch in den Westen versetzt. Doch als er Fort Sedgewick erreicht, ist es verlassen, und aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände gerät seine Versetzung in Vergessenheit.
Auf sich alleine gestellt versucht Dunbar, dennoch einen geregelten Tagesablauf zu führen und das vernachlässigte Fort herzurichten. Gesellschaft leisten ihm einzig sein Pferd Cisco sowie ein alter Wolf – bis eines Tages Indianer auf ihn aufmerksam werden, die ein Auge auf sein Pferd geworfen haben.
Als er allerdings eine schwer verletzte junge Frau auf der Prärie findet und sie in das Lager der Comanchen bringt, ändert sich sein ganzes Leben…

Meine Meinung
Den meisten sollte der Titel des Buches bekannt sein, wurde es doch mit großem Erfolg verfilmt. Ich selbst kenne den Film bisher nicht, was für eine unabhängige Betrachtung des Buches wahrscheinlich nicht verkehrt ist.
Inhaltlich bietet der Roman nicht allzu viel Neues. Es geht um einen aufgeschlossenen, noblen Mann, der sich an der Natur um ihn herum erfreut und sich nach und nach für die Comanchen erwärmt und an ihrem Leben Anteil nimmt. Über seine Vergangenheit erfährt der Leser so gut wie nichts. Es werden zwar ein paar Andeutungen gemacht, doch werden diese nicht weiter ausgeführt. Dadurch bleibt die ganze Figur doch ziemlich blass.
Auch die anderen Charaktere werden auf wenige Eigenschaften reduziert, der Medizinmann ist weise, verständnisvoll und neugierig, der Krieger wild und ungestüm, und auch Die-sich-mit-der-Faust-behauptet bleibt ziemlich blass, obwohl hier wenigstens ein winziger Einblick in ihre Vergangenheit gegeben wird.
Gleiches gilt für den Alltag und die Zeremonien im Lager der Comanchen, sie werden nur oberflächlich betrachtet, wenn sie gerade für den Fortgang der Geschichte wichtig sind. Etwas mehr Betonung wird auf die Beschreibung der Natur, der Prärie, der Büffeljagd und die mutwillige Zerstörung durch die Weißen gelegt, doch auch diese Beschreibungen sind recht knapp gehalten.
Gelegentlich erfährt man durch Tagebucheintragungen, wie viel Zeit vergangen ist. Diese kommt mir jedoch meist viel zu kurz für all das Erlebte vor. So wird beispielsweise beschrieben, wie der Wolf sich an Dunbar gewöhnt, doch beläuft sich diese Gewöhnungsphase, in der Dunbar den Wolf noch nicht einmal täglich sieht, auf ein paar wenige Tage. Auch die Zeit, in der er sich mit den Indianern anfreundet und ihre Sprache lernt, erscheint mir viel zu knapp.
Der Schreibstil lässt leider sehr zu wünschen übrig. Die Sätze sind sehr kurz gehalten und einfach strukturiert, wodurch sie oft abgehackt wirken und wenig Spannung aufkam. Auch hatte ich so meine Probleme mit dem Satzbau, bei dem gelegentlich mal das Prädikat gefehlt hat, was ich auf die Übersetzung zurückführe. Ich hoffe doch, dass das im Original nicht der Fall ist. Außerdem werden dem Leser offensichtliche Dinge erst noch unter die Nase gerieben. So wird beispielsweise erklärt, dass der Name Loo-Ten-Nant, mit dem die Indianer Dunbar zunächst bezeichnen, sich von Lieutenant, seinem Rang, mit dem er sich vorgestellt hat, ableitet.
Wörter aus der Sprache der Comanchen kommen nicht vor, sondern werden in die Sprache des Buches, in diesem Fall also die deutsche, übertragen, selbst sämtliche Namen, von denen Dunbar die Bedeutung zunächst nicht kennt, werden übersetzt.
Die meisten der Probleme, die ich mit diesem Buch hatte, lassen sich dadurch erklären, dass es wohl direkt mit der Absicht geschrieben wurde, als Grundlage für einen Film zu dienen, für den vertiefende Informationen einfach unwichtig sind. Das erklärt zwar die Defizite, doch wird das Buch dadurch leider nicht besser…

Fazit
Das Buch hätte gut sein können, doch die sehr knappen, oberflächlichen Beschreibungen und der schlechte Schreibstil verhindern dies. Während ich die erzählte Geschichte um den noblen Soldaten ganz interessant fand, konnte mich die Umsetzung nicht überzeugen. Ich fand das Buch schlichtweg langweilig.

Sabine Weiß – Das Geheimnis von Stralsund

AutorSabine Weiß
TitelDas Geheimnis von Stralsund
Seitenzahl624
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-17146-0
Bewertung

Inhalt
Rügen, 1627: Zusammen mit ihren Eltern und ihrer kleinen Schwester lebt Sina bei Mönchgut auf der Insel Rügen. Bisher sind sie vom Krieg, der schon neun Jahre tobt, verschont geblieben, und Sinas größte Sorge ist, dass ihr Vater, der Kapitän eines Handelsschiffs, auf See verunglücken könnte.
Dieses Mal jedoch bringen die Seeleute beunruhigende Neuigkeiten mit: Das kaiserliche Heer ist im Anmarsch!
Tausende Söldner werden auf der Insel einquartiert, auf der es weder genügend Nahrung noch ausreichend Brennstoff gibt. Und so lassen auch die ersten Übergriffe nicht lange auf sich warten… Ist eine Flucht nach Stralsund vielleicht doch die bessere Wahl?

Meine Meinung
Dieser Roman beginnt mit einem Paukenschlag, denn anders als gewohnt spielt der Prolog nicht zeitlich vor dem ersten Kapitel, sondern ein paar Monate später. Die beschriebene Szene ist nach etwa hundert Seiten einzuordnen. Am Anfang stehend wirkt sie sehr verwirrend, kennt man doch die handelnden Personen nicht und weiß nicht, was da eigentlich genau beschrieben ist. Dies ist ein geschickter Schachzug, denn so war ich gespannt, wie es überhaupt dazu kommen konnte.
Die ersten Kapitel dagegen sind eher beschaulich, sehr ausführlich beschreibt die Autorin das Leben auf der Insel und charakterisiert einzelne Personen. Ohne die spannende Szene zu Beginn hätte ich diese Beschreibungen wohl als langatmig aufgefasst, doch so hat es einfach gepasst.
Sina erscheint hier direkt als verantwortungsbewusste ältere Schwester an der Schwelle zum Erwachsenenalter, die aber auch gelegentlich noch kindliche Züge zeigt. Schiffe faszinieren sie sehr, und ein kleines Boot, das sie selbst repariert hat, ist ihr großes Geheimnis. Die kleine Dorthie ist ein kleines Kind, das schnell zu begeistern ist und sich auch an neue Situationen schnell gewöhnt.
Leif ist erster Steuermann auf einem Handelsschiff, eine verantwortungsvolle Position, die er sehr jung erreicht hat. Er hat dazu ein großes Herz und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.
So ganz ohne Stereotype kommt dieser Roman aber doch nicht aus, denn insbesondere in den Reihen der Söldner finden sich so einige Charaktere, die ohne offensichtlichen Grund einfach nur böse sind oder aber unmoralisch und niederträchtig handeln.
Schwerpunkt dieses Romans ist das Leben, das Leid der Menschen und die Liebe. Letztere spielt eine wichtige Rolle, ist aber nicht so dominant, dass sie alles andere überlagert, wie es in vielen anderen Romanen der Fall ist. Außerdem ist dies die Geschichte zweier Schwestern, die auf sich alleine gestellt sind und mit der Situation zurechtkommen müssen.
Während mir die Geschichte über weite Teile sehr gut gefallen hat, fällt das Ende hier leider ein wenig ab. Das war mir dann doch ein wenig zu viel, ohne den Epilog hätte mir der Roman möglicherweise besser gefallen.
Der historische Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges ist immer präsent. Die Gründe für den Krieg sind dabei nebensächlich, wichtig ist, was gerade in der Gegend passiert. So werden die Einquartierung der Söldner auf Rügen und die Belagerung Stralsunds anschaulich beschrieben, sie tragen wesentlich zur Handlung bei, verkommen also nicht zur Kulisse. Auch die Haltung der anderen Länder und der Hanse während dieses Konflikts wird anschaulich beschrieben. Vorwissen wird nicht benötigt, kann aber keinesfalls schaden.

Fazit
Mir hat dieser Roman überraschend gut gefallen, auch denn das Ende ein wenig überzogen ist. Dabei wird der historische Hintergrund überzeugend dargestellt, aber nicht haarklein beschrieben, die Liebesgeschichte nett ausgearbeitet, aber nicht zu dominant. Wer sich für das Thema interessiert, aber nicht allzu tief in die Wirren des Krieges einsteigen will, sollte hier einen Blick riskieren.

Vielen Dank an Bastei Lübbe und Lovely Books für das Leserunden-Exemplar!

Antonia Hodgson – Das Teufelsloch

AutorAntonia Hodgson
TitelDas Teufelsloch
OriginaltitelThe Devil in the Marshalsea
ÜbersetzerKatharina Volk
SerieTom Hawkins Band 1
Seitenzahl490
VerlagKnaur
ISBN978-3-426-65345-6
Bewertung

Inhalt
London, 1727: Eigentlich hätte Tom Hawkins Landpfarrer werden sollen, doch die Frauen und das Glücksspiel haben dies verhindert. Stattdessen lebt er in der Stadt und genießt das Leben.
Eines Tages haben sich seine Schulden allerdings auf zwanzig Pfund angehäuft, und so findet er sich plötzlich im Schuldgefängnis Marshalsea wieder.
Tom, der einem kürzlich gestorbenen Gefangenen sehr ähnlich sieht, erhält ein Angebot, das er nicht ausschlagen kann: Wenn er die Todesumstände des Mannes innerhalb eines bestimmten Zeitraums aufdecken kann, würden seine Schulden bezahlt werden.
Im Marshalsea herrschen allerdings eigene Gesetze, und nicht jeder ist mit den Ermittlungen einverstanden…

Meine Meinung
Als ich diesen Roman das erste Mal aufgeschlagen habe, wollte ich eigentlich nur kurz hineinschnuppern, doch plötzlich war ich mitten in der Geschichte drin und konnte kaum noch mit dem Lesen aufhören.
Der Ich-Erzähler Tom Hawkins ist nicht der typische Romanheld. Seinen Lebensunterhalt verdient er mit dem Glücksspiel, auch Frauen und Alkohol spielen eine große Rolle in seinem Leben. Trotzdem besitzt Ehre und Anstand und erwartet diese auch in anderen Menschen. Dass er im Marshalsea auf Menschen trifft, die es damit nicht so genau nehmen, macht den Aufenthalt für ihn dort umso schwerer. Das Gefängnis selbst und die Lebensumstände dort werden sehr detailliert beschrieben: Ohne Geld geht fast nichts, wer sich die Miete für ein Zimmer nicht leisten kann, muss auf der anderen Seite der Mauer, auf der Common Side, leben, wo der Kampf ums Überleben mit jedem Tag neu beginnt.
Auch die anderen Menschen, Insassen, Bewohner und Gefängnismitarbeiter, werden lebendig dargestellt, dennoch weiß man bei vielen von ihnen über lange Zeit nicht, was von ihnen zu halten ist. Insbesondere Samuel Fleet ist jemand, der Spaß daran hat, andere Menschen gegeneinander aufzubringen und dem man eigentlich alles zutraut. Interessant ist, dass viele der Charaktere eine historische Vorlage haben, die dem Tagebuch eines ehemaligen Insassen entnommen wurden, wie man im Nachwort erfahren kann.
Die Ermittlungen in dem Mordfall verlaufen hier nicht, wie in historischen Krimis oft der Fall, eher gemächlich, stattdessen ist es durch den Zeitdruck und den Widerstand gegen die Ermittlungen fast durchweg spannend. Nur an einer Stelle verliert der Roman ein wenig an Fahrt, um danach mit neuem Antrieb wieder durchzustarten. Bei den Ermittlungen kommt Tom meist auf schlüssige Ergebnisse, allerdings handelt er doch recht oft vorschnell und wenig durchdacht, was ihn schon mal in Bedrängnis bringt. Und so habe ich mich schon gefragt, ob er nichts aus seinen Fehlern lernt, selbst wenn er unter Zeitdruck steht.
Gegen Ende hatte ich mit einer anderen Entwicklung gerechnet, doch passt diese Version viel besser zu Tom als das, was ich erwartet hatte, und so kommt dieser Roman zu einem würdigen Abschluss. Eine Fortsetzung ist allerdings schon angekündigt, ich bin gespannt, wie diese wohl aussehen wird.
In ihrem Vorwort erklärt Antonia Hodgson unter anderem, dass sie versucht hat, eine authentische Sprache zu verwenden. Sie ist dreckig und es wird nicht wenig geflucht. Ich kann mir aber vorstellen, dass durch die Übersetzung viel Authentizität verloren gegangen ist und das Original hier noch viel mehr hergibt.

Fazit
Ein wenig anders als die historischen Krimis, die ich bisher gelesen habe, konnte mich das Debüt von Antonia Hodgson überzeugen, auch wenn noch ein wenig Luft nach oben offen ist. Für Krimileser und Londonfans durchaus einen Blick wert.

Vielen Dank an Droemer Knaur für das Rezensionsexemplar!

Cornelia Briend – Brombeerblut

AutorCornelia Briend
TitelBrombeerblut
SerieCearas Wege Band 1
Seitenzahl280
VerlagKnaur
ISBN9783426427743
Bewertung

Inhalt
Irland, 982: Die sechzehnjährige Ceara, illegitime Tochter König Brendans, dem Anführer der Ifernan, ist fern der Heimat aufgewachsen, da ihr Vater sie nicht anerkannt hat. Doch nun liegt es in seinem Interesse, eine heiratsfähige Tochter zu haben, und so wird sie nach Irland zurückgeholt.
Ceara ist sich darüber bewusst, dass sie zum Wohle ihres Volkes heiraten soll, denn die Ifernan liegen im Krieg mit den Corco Mruad, und ein starker Bündnispartner ist in solch einer Situation wünschenswert.
Doch schon bald nach der Verlobung zeigt sich, dass ihr Verlobter Olcán nicht der ist, der er zu sein vorgibt, und auch sonst ist vieles anders, als es scheint…

Meine Meinung
Romane, die in Irland spielen, üben auf mich eine magische Anziehungskraft aus. Und so konnte ich auch an diesem Buch nicht vorbeigehen, obwohl meine Erwartungen eher gering waren.
Ich hatte damit gerechnet, hier einen eher leichten Roman vor historischer Kulisse vorzufinden, in dem es auch an Romantik nicht mangelt und der mit einem typischen Happy End abschließt. Ich hätte mich kaum mehr irren können.
Romantisch wird es durchaus, doch die irische Geschichte verkommt keinesfalls nur zur Kulisse.
Die Liebesgeschichte ist zwar fast von Beginn an präsent, doch wird sie immer wieder durch den Konflikt zwischen den verschiedenen Parteien in den Hintergrund gedrängt.
Tatsächlich sind zumindest einige der Charaktere historisch belegt, auch wenn nach über tausend Jahren nicht mehr allzu viel über sie bekannt ist. Die Ereignisse in Irland, der immerwährende Konflikt zwischen den einzelnen Königen und Clans, tragen viel zur Handlung bei. Besonders viel Wert wird auf die Darstellung der irischen Rechtsprechung gelegt, die nicht nur ein Mal erwähnt wird. Da Ceara einen Großteil ihres Lebens fern der Heimat verbracht hat, ist sie mit den Gepflogenheiten nicht vertraut und wird zusammen mit dem Leser darüber aufgeklärt.
Auch ohne einen kleinen Blick auf irische Mythologie kommt dieser Roman nicht aus. So kommt es mehrfach zu einer unheimlichen Begegnung mit einer merkwürdigen Frau…
Die Charaktere sind ein wenig stereotyp geraten. Olcán ist hier der Böse, andere Charaktereigenschaften scheint er nicht zu besitzen. Ceara dagegen ist bescheiden, will niemandem im Weg stehen, zusätzlich ist sie noch eine begnadete Künstlerin. Und Finn, der Heiler der Corco Mruad, ist nicht nur ein sehr gebildeter Mann, sondern kann auch noch gut mit dem Schwert umgehen, ist liebevoll und nachsichtig.
An vielen Stellen ist die Handlung recht knapp beschrieben, wichtige Ereignisse folgen fast pausenlos aufeinander. An manchen Stellen muss man auch genau lesen, um Zusammenhänge nachvollziehen zu können.
Mit gerade einmal 280 Ebook-Seiten ist dieser Roman nicht gerade umfangreich. Vielleicht hätten ein paar mehr Seiten dem Roman ganz gut getan, um mehr Platz für die Charakterentwicklung und für das Fortschreiten der Handlung zu bieten. Verdient hätte er es. Hier setze ich große Hoffnungen in die Fortsetzung.
Trotz der Kritikpunkte hat mir der Roman gut gefallen, und besonders der Epilog, der wohl stark polarisiert, hat mich überrascht. Das hätte ich jetzt so nicht erwartet.
Um das Lesen der irischen Namen zu erleichtern, hat die Autorin die Schreibweise der meisten Namen vereinfacht und die Burgen mit deutschen Namen versehen. In einem Personen- und Ortsregister kann man auch Erklärungen zur Aussprache der nicht vereinfachten Namen finden. Im Anhang dagegen kann man die Originalschreibweisen nachlesen, auch finden sich dort weitere Erklärungen zu wichtigen irischen Begriffen.

Fazit
Gerne hätte der Roman ausführlicher sein dürfen, doch auch so stellt er eine gute Mischung aus Romantik und Einblick in die irische Geschichte und Rechtsprechung dar. Auch wenn kein Vorwissen benötigt wird, sollte man sich zumindest ein wenig für Letztere interessieren, um den Roman richtig genießen zu können.

Vielen Dank an den Knaur-Verlag, Lovely Books und die Autorin Cornelia Briend für das Leserunden-Exemplar!

Maren Winter – Das Lied des Glockenspielers

AutorMaren Winter
TitelDas Lied des Glockenspielers
Seitenzahl447
VerlagRoRoRo
ISBN978-3-499-24993-8
Bewertung

Inhalt
Lübeck, 1665: Früher ein aktives, vorlautes Mädchen, ist die junge Kaufmannstochter Cäcilie seit einigen Jahren verstummt und nach außen hin völlig verrückt. Ihr Onkel ist bestrebt, sie in ein Kloster zu stecken, während ihr Vater sie gerne an ihren Vetter Thiedemann verheiraten würde, der sie allerdings wie eine Schwester liebt.
Liron Dulcius, ein musikalischer Habenichts, ist nach Lübeck gekommen, um in der Kirche St. Marien um Arbeit als Kalkant oder gar Glockenspieler zu bitten. Als er auf Cäcilie trifft, ist er sofort fasziniert. Er erkennt, dass sie nicht wirklich stumm ist und hofft, ihr durch seine Musik ihre Stimme zurückzugeben.

Meine Meinung
Normalerweise bin ich jemand, der bei einem Roman hauptsächlich auf den Inhalt und weniger auf den Schreibstil achtet. Über Details lese ich in der Regeln einfach hinweg, Aufmerksamkeit schenke ich dem Stil meist nur dann, wenn er sehr kompliziert und dadurch das Buch schwer zu lesen ist.
Hier jedoch konnte ich kaum anders, denn der Roman handelt nicht nur von Musik, sondern man kann sie zwischen den Zeilen fast hören. Es werden immer wieder Geräusche beschrieben, selbst die ganz leisen Töne haben hier eine große Wirkung. Auch die Namen der Hauptpersonen leiten sich von den Bezeichnungen für verschiedene barocke Instrumente ab. Dies fand ich im Nachhinein ein wenig übertrieben, doch da mir die meisten Begriffe nicht bekannt waren, obwohl ich selbst Barockmusik sehr gerne mag, hat es mich während des Lesens nicht weiter irritiert.
Zudem wird immer wieder beschrieben, wie musiziert wird. Hier geht es um die Orgel, da um das Glockenspiel. Ich kann mir vorstellen, dass diese Szenen für Menschen, die sich wenig mit Musik und den Instrumenten dieser Zeit auskennen, langweilig oder gar verwirrend sein könnten, auch wenn die Fachbegriffe im Anhang erklärt werden.
Die Handlung selbst ist jetzt nicht groß überraschend und beinhaltet eigentlich wenig Neues: Durch Musiktherapie soll eine junge Frau ein Trauma überwinden. Doch was genau damals eigentlich passiert ist bleibt lange im Dunkeln, niemand scheint etwas zu wissen. Aufmerksame Leser werden aber schon früh erste Hinweise entdecken, wodurch die Auflösung recht vorhersehbar wird. Trotzdem ist die Geschichte zu Beginn nett zu lesen und wird gegen Ende immer spannender. Sie verläuft über etwa ein Jahr mit gelegentlichen Pausen. Leider gibt es nur selten Angaben zur Jahreszeit, so dass man genau lesen muss, um zu erkennen, wie viel Zeit zwischen den Kapiteln vergangen ist.
Gut gefällt mir, dass die Charaktere nicht einseitig beschrieben werden, sondern verschiedene Seiten zeigen. Ein Beispiel dafür ist die Magd Trine, die gerne mit Männern zusammen ist, Cäcilie aber auch eine gute Freundin ist. Und Thiedemann ist auch sehr schwer einzuordnen, mal verhält er sich absolut standesgemäß, hochnäsig den niedriger Gestellten gegenüber, dann wiederum pflegt er einen sehr kameradschaftlichen Umgang mit ihnen, so dass diese nie wissen, woran sie gerade mit ihm sind.
Liron als Hauptperson hat mir besonders gut gefallen. Er ist extrem musikalisch und kann kleinere Ungenauigkeiten heraushören, obwohl er erst spät an die Musik herangeführt wurde. Zudem ist er ein guter, geduldiger Zuhörer, der auch in die Menschen hineinhört, wenn diese stumm bleiben – eine gute Voraussetzung bei der Arbeit mit einem stummen Mädchen.
Cäcilie selbst ist eine sehr interessante Person. Nach außen hin gibt sie sich gelegentlich extra sehr verwirrt, da ihre Gedanken aber dem Leser bekannt sind wird klar, dass sie ihre Ziele verfolgt.
Aus dieser Zusammenstellung wird klar, dass es hier wohl zu einer Liebesgeschichte kommen wird. Diese steht aber auch eher im Hintergrund, nur gegen Ende wird mehr Gewicht darauf gelegt.
Eingebettet ist die Handlung in die Geschichte Lübecks, die Konflikte zwischen den Handwerkern und den Händlern spielen eine größere Rolle und dienen nicht bloß als historische Kulisse. Die Stadt selbst ist lebendig beschrieben, man trifft auf Menschen aus den verschiedensten Schichten.

Fazit
Inhaltlich bietet der Roman wenig Neues, ist dabei aber sehr nett und auch spannend erzählt. Ich hatte meine Freude mit diesem Buch, kann mir aber vorstellen, dass es für Leser ohne Musikkenntnisse eher uninteressant sein könnte.