Archiv für den Monat: August 2015

Tom Finnek – Unter der Asche

AutorTom Finnek
TitelUnter der Asche
SerieLondon Band 1
Seitenzahl655
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-16051-8
Bewertung

Inhalt
London, 1666: Nachdem ein Großteil der Stadt in Flammen aufgegangen ist, wird ein Franzose als Brandstifter ausgemacht und kurz darauf hingerichtet. Doch Geoffrey Ingram, ein Straßenjunge aus Southwark, weiß, dass der Franzose unschuldig ist. Er weiß besser als jeder Andere, wie das Feuer ausbrechen konnte, denn er ist dabei gewesen! Auf Anraten seines Lehrers, des Eremiten von St. Olave’s, schreibt er seine Geschichte nieder, die an dem Tag begann, als seine Schwester verschwand und sein Vater starb, eine Geschichte voller Lügen, Tod, unerwiederter Liebe, Misstrauen, Hass und jeder Menge Geheimnisse.

Meine Meinung
Das Auffälligste an diesem Roman ist der Aufbau, denn dieser Roman wird immer wieder aus anderen Perspektiven erzählt, der Schreibstil dabei an den jeweiligen Erzähler angepasst. Über einige längere Abschnitte ist Geoffrey Ingram der Ich-Erzähler, ein dreizehnjähriger Junge, der seine Sicht der Dinge so darstellt, wie sie ihm gerade einfallen, sprunghaft, von einem Thema zum anderen wechselnd, und immer wieder spricht der Junge seine Leser auch direkt an. Die anderen Abschnitte werden dagegen von einem personalen Erzähler beschrieben, der tatsächlich immer auch nur die Dinge wiedergibt, die die jeweilige Hauptperson des Abschnitts erfährt. Dadurch kommt es gelegentlich zu kurzen Überschneidungen der Handlung, wenn eine Szene mehrfach beschrieben wird, doch diese Überschneidungen sind nie überflüssig, immer erfährt man dadurch etwas Neues, was für die Handlung wesentlich ist.
Eine weitere Eigenart des Romans ist, dass er nicht zwingend chronologisch fortschreitet, sondern es immer wieder Sprünge in die Vergangenheit gibt, mal hier ein paar Monate zurück, da ein paar Jahre, um die aktuellen Entwicklungen erklären zu können. Immer wieder erwirbt der Leser dabei neue Erkenntnisse, die aber gelegentlich schon bald wieder umgeworfen werden, wenn sich ein neues Puzzleteil ins Gesamtbild fügt. Manche dieser Wendungen haben sich schon früh angedeutet, manche wiederum kamen für mich sehr überraschend.
Auch wenn der große Brand von London der Ausgangspunkt dieses Romans ist, so steht er jedoch nicht im Zentrum des Geschehens, vielmehr wird eine Geschichte gesponnen, wie es möglicherweise dazu gekommen sein könnte.
Unter der Asche ist eine Geschichte über eine Familie, in der es keinen Zusammenhalt gibt und die am Rande der Gesellschaft lebt. Jeder lebt und arbeitet überwiegend für sich, und als nach und nach alle Mitglieder der Familie nach und nach verschwinden denkt sich kaum jemand etwas dabei.
Die einzelnen Personen sind extrem vielschichtig aufgebaut, man weiß nie, woran man eigentlich mit ihnen ist. Aus der Sicht der einen Person werden sie so beschrieben, eine andere Person sieht sie dagegen völlig anders. So wirkt Geoff zunächst sehr pfiffig, ist er doch zu Beginn der eigentlichen Geschichte erst zwölf Jahre alt, dennoch reimt er sich nach und nach alles zusammen. Seine Schwester Jezebel dagegen sieht ihn als eine Nervensäge an, die immer viel zu neugierig ist und nichts für sich behalten kann. So manches Mal wird auch ein schon gefasstes Bild mal eben wieder umgeschmissen, so dass man hier kaum von Schwarz-Weiß-Malerei reden kann.
Nebenbei werden verschiedene andere Themen erwähnt. So erfährt man etwas über diverse reformatorische Strömungen wie die Quäker oder auch die Digger, die sich zur Zeit des Protektorats gebildet haben. Doch nicht nur religiöse Themen werden bedacht, so ganz nebenbei wird hier auch der Mord an einem Pfarrerssohn aufgeklärt, und auch ein Serienmörder, der als Southbank Slasher bekannt ist, spielt eine nicht unwichtige Rolle. Um einen Krimi handelt es sich allerdings nicht, weil diese Verbrechen nicht gezielt bekämpft, sondern eher beiläufig thematisiert werden.
Fiktive Personen werden gekonnt mit realen Personen und Ereignissen verwoben, so dass sich daraus ein stimmiges Gesamtbild ergibt. Nicht alle Geheimnisse werden zum Ende vollständig aufgeklärt, einige Fragen bleiben völlig offen, andere werden nur zum Teil gelöst. Trotzdem war das Ende für mich zufriedenstellend gelöst.
Auch wenn die Familie Ingram und damit die Ereignisse, die zur Brandnacht führen, fiktiv sind, so werden sie doch so stimmig beschrieben, dass man glauben könnte, dass es so und nicht anders gewesen sein muss. Nur gelegentlich hatte ich den Eindruck, dass der Zufall nun doch eine etwas zu große Rolle eingenommen hat, doch im Großen und Ganzen konnte mich die Handlung überzeugen.
Historische Nachbemerkungen in dem Sinne gibt es nicht, so bleibt leider unklar, was nun tatsächlich passiert und was erfunden ist. Am Ende des Buches findet man Anmerkungen, die nach Seitenzahl sortiert sind und Erklärungen zu Ereignissen, Personen und Worten bieten. Leider ist im Roman selbst nicht vermerkt, zu welchen Begriffen man Anmerkungen finden kann, so dass ich diese oft erst im Nachhinein gelesen habe.

Fazit
Bei Unter der Asche handelt es sich um einen Roman, der sich nicht in irgend welche Schubladen stecken lässt. Er vermag immer wieder zu überraschen und mit neuen Wendungen aufzutrumpfen und widerspricht sich dabei nie selbst. Eine klare Empfehlung für London-Fans, die auch verwirrenderen Geschichten etwas abgewinnen können, einen Roman über den großen Brand selbst sollte man hier allerdings nicht erwarten.

Judith Merkle Riley – Die Zauberquelle

AutorJudith Merkle Riley
TitelDie Zauberquelle
OriginaltitelThe Water Devil
ÜbersetzerDorothee Asendorf
SerieMargaret of Ashbury Band 3
Seitenzahl319
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-12679-8
Bewertung

Inhalt
London, 1360: Margaret de Vilers hat eigentlich alles im Leben, um glücklich zu sein: Zwei wilde Töchter, einen kleinen Sohn, einen gesunden Mann, den sie liebt – wäre da nicht der Schwiegervater, ein Griesgram, der ihr Leben immer wieder durcheinander bringt und der ständig in Geldnöten steckt.
Auch als er dieses Mal unangemeldet vor der Tür steht, soll Margaret aushelfen, denn Nachbarn der Familie de Vilers beanspruchen einen Teil des Landes für sich, ausgerechnet den, auf dem eine angeblich verzauberte Quelle liegt, als Beweis für den Besitzanspruch wird eine alte Urkunde vorgelegt. Doch Margaret kennt die richtige Leute, und so wird bald ein Plan geschmiedet…

Meine Meinung
In meiner Jugend habe ich die Bücher von Judith Merkle-Riley geliebt, sie waren mein Einstieg in die Welt der historischen Romane. Als ich die ersten beiden Bände vor ein paar Monaten mal wieder hervorgeholt habe, hat mir Die Stimme auch wieder ganz gut gefallen, mit Die Vision konnte ich im Vergleich allerdings wenig anfangen, zu abstrus waren einige Handlungen, und die vielen Geister waren mir einfach zu viel. Dieser dritte Band orientiert sich dagegen wieder eher am ersten, und auch wenn der Roman an sich nicht allzu ernst zu nehmen ist, kam er mir dann doch nicht ganz so abwegig vor wie der zweite Band.
Die Handlung ist an sich nichts Besonderes, Margaret und ihre Freunde nutzen alle zur Verfügung stehende Mittel, um eine bessere Fälschung als die Gegenpartei abzuliefern. Dabei ist eine Quelle, die von einem heidnischen Wassergeist bewohnt sein soll, von besonderer Bedeutung. Auch hier gibt es wieder viel überzogenen Humor, der deutlich macht, dass dieser Roman nicht allzu ernst genommen werden will, dabei wird wesentlich seltener als in Die Vision die Grenze zur Albernheit übertreten.
Der Inhalt gibt nicht allzu viel her, und so machen die innerfamiliären Probleme einen Großteil der Handlung aus: Margarets Töchter, die lieber Jungen wären und ständig neue Streiche aushecken, die rollige Lady Petronilla, die den gesamten Haushalt schikaniert und auf alle herabblickt, Hugo, der alle möglichen Moden mitmachen muss, dabei aber keinerlei Talent aufweist, und natürlich Margaret, die hin und wieder leuchtet und göttliche Stimmen hört.
Die Charaktere sind stark überzogen dargestellt, die zum Teil gewissen Klischees entsprechen, doch auf eine klare Einteilung in Schwarz und Weiß wird dabei weitestgehend verzichtet.
Leider gibt es gelegentlich Unstimmigkeiten zwischen den Bänden. So wird hier beispielsweise erwähnt, dass die Kapelle heruntergekommen und kahl ist, dabei wurde sie im letzten Band durch Margarets Unterstützung hergerichtet und sogar mit Malereien verziert. Das ist schade, scheint es doch so, als hätte die Autorin selbst keinen Überblick über bisher Erzähltes gehabt.
Der Sprachstil ist locker, manchmal ein wenig flapsig, im Großen und Ganzen passt er damit zur Handlung, die sich auch nicht ernst nimmt. Auffällig ist, dass die Sätze, die Sir Hubert brüllt, entsprechend in Großbuchstaben gedruckt sind, so dass sein lautes Auftreten gleich auf den ersten Blick sichtbar wird. Erzählt wird, wie schon im zweiten Band, abwechselnd in der Ich-Perspektive aus Margarets Sicht und aus der eines auktorialen Erzählers, so dass man auch hier teilweise zwei Beschreibungen zu einer Szene bekommt.
Der historische Hintergrund spielt im Gegensatz zu den ersten Bänden der Reihe eine untergeordnete Rolle, nur gelegentlich werden geschichtliche Ereignisse aufgegriffen, die für die Handlung jedoch weitestgehend unwichtig sind.

Fazit
Dieser abschließende Band der Reihe bringt wenig Neues, war doch die Geschichte schon in Die Vision zu einem zufriedenstellenden Abschluss gekommen. Wer also mit dem bisherigen Ende zufrieden war, sollte diesen dritten Band am besten nicht lesen, für mich wurde die Reihe durch Die Zauberquelle jedoch noch einmal aufgewertet.

Elizabeth Chadwick – Der Falke von Montabard

AutorElizabeth Chadwick
TitelDer Falke von Montabard
OriginaltitelThe Falcons of Montabard
ÜbersetzerHelmut Splinter
SerieNormannensaga Band 2
Seitenzahl576
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-36777-1
Bewertung

Achtung: Enthält kleinere Spoiler zu Die normannische Braut!

Inhalt
Normandie, 1120: Sabin FitzSimon ist ein mutiger Ritter, doch sein Ruf in Bezug auf Frauen ist sehr schlecht, gilt er doch als großer Schürzenjäger, auf den verbotene Früchte den größten Reiz ausüben.
Nachdem seine letzte Eroberung, eine Mätresse König Heinrichs, durch seine Schuld bei dem Untergang der Blanche Nef ums Leben gekommen ist, will er sich von Grund auf ändern, und so nutzt er die Gelegenheit, mit dem Ritter Edmond Strongfist ins Heilige Land zu reisen und sich ein neues Leben aufzubauen. Doch da ist auch noch Annaïs, Strongfists Tochter…

Meine Meinung
Bei der Falke von Monatabard handelt es sich um die Fortsetzung zu Die normannische Braut, Vorwissen ist jedoch nicht nötig, denn bis auf in wenige Szenen zu Beginn, die man auch ohne dieses verstehen kann, spielt die Vorgeschichte keine Rolle. Während allerdings im ersten Band über historisch belegte Ereignisse berichtet wird, handelt es sich hier um die Erlebnisse einer Hauptperson, deren Existenz zwar belegt, über die aber nichts bekannt ist.
Auch wenn der Klappentext und meine Inhaltsangabe einen Liebesroman vermuten lassen, so ist der Roman doch weit davon entfernt. Vielmehr ist die Liebesgeschichte eingebettet in die Geschichte des Königreichs Jerusalem, das eine ereignisreiche Zeit durchlebt. Es geht um die Schwierigkeiten, mit denen sich europäische Siedler auseinandersetzen müssen, den Widerstand der Sarazenen, Belagerung und Krieg, Verrat, aber auch Freundschaft und Vertrauen. Über etwa fünf Jahre begleitet der Leser die Hauptpersonen und erlebt ihre Entwicklung mit.
Sabin FitzSimon ist ein junger Mann, der sich den schlechten Ruf überwiegend deshalb zugelegt hat, um seine Stiefmutter und ihren neuen Mann, die er beide nicht besonders gut leiden kann, vor den Kopf zu stoßen. Die Gelegenheit, fern der Aufsicht seiner Stiefeltern ein neues Leben zu beginnen, ergreift er mit Freuden, ist er doch dort ein unbeschriebenes Blatt. Er ist fleißig, mutig, und obwohl es an Angeboten nicht mangelt, lässt er sich nicht mit vergebenen Frauen ein. Annaïs ist die folgsame Tochter, die dennoch ihren eigenen Kopf hat. Sie ist eine Frau ihrer Zeit, die ihren Vater liebt und seine Entscheidungen akzeptiert, aber nicht alles widerspruchslos hinnimmt.
Schon bald entwickelt sich mehr als Freundschaft zwischen den beiden, doch akzeptieren sie, dass eine Ehe zwischen ihnen unmöglich ist, denn Annaïs ist eine Erbin, Sabin nur ein mittelloser Bastard. Beide zeigen mehr als eine Seite, sie sind weit davon entfernt, perfekt zu sein.
Auch die meisten anderen Charaktere zeigen Persönlichkeit, auf reine Schwarz-Weiß-Malerei wird verzichtet. So ist beispielsweise Strongfist, wie der Name schon sagt, ein starker Krieger, der sich durch besonderen Mut im Kampf hervortut, sich aber von seiner Frau um den Finger wickeln lässt. Die wiederum ist nur auf den eigenen Vorteil bedacht, zeigt dann aber an entscheidender Stelle doch ganz andere Seiten. Und auch die Sarazenen sind vielschichtig, wie Menschen es nur sein können.
Der Schreibstil ist angenehm, nicht zu nüchtern, aber auch nicht übertrieben emotional. Blutige Beschreibungen kommen ebenso vor wie ein wenig Romantik, doch beides wird nicht in allen Einzelheiten beschrieben. Ab etwa der Hälfte des Romans gibt es immer mal wieder kleinere Längen, doch wird es selten langweilig, schon bald folgt die nächste spannende Szene.
Auf Zusatzmaterial wird hier leider verzichtet, einzig ein kurzes Nachwort mit einer kleinen Bibliographie ist enthalten, dabei wäre gerade bei einem Roman, der im Heiligen Land spielt, eine Karte recht hilfreich. Doch auch so kann man diesem Roman recht gut folgen.

Fazit
Ein netter Roman über die Blütezeit des Königreichs Jerusalem. Auch wenn es mit den neueren Romanen der Autorin nicht mithalten kann, ist Der Falke von Montabard ein lesenswertes Buch, in dem die Spannung nicht zu kurz kommt. Empfehlenswert für Leser der Autorin und für diejenigen, die auch mal über die Zeit zwischen den ersten Kreuzzügen lesen wollen.

Robert Low – Raubzug

AutorRobert Low
TitelRaubzug
OriginaltitelThe Whale Road
ÜbersetzerChristine Naegele
SerieDie Eingeschworenen Band 1
Seitenzahl465
VerlagHeyne
ISBN978-3-453-40905-7
Bewertung

Inhalt
Björnshafen in Norwegen, 965: Einige Jahre lang hat der junge Orm seinen Vater nicht gesehen. Als Steuermann der Eingeschworenen, einer Bande Söldner, ist er in der gesamten bekannten Welt unterwegs. Doch in dem Moment, in dem Orm auf Hilfe angewiesen ist, taucht Rurik wieder auf. Durch Zufall ist Orm zu dem Ruf gelangt, ein Bärentöter zu sein, und so wird er, obwohl er im Kampf unerfahren ist, von den Eingeschworenen aufgenommen.
Diese befinden sich auf der Suche nach Hinweisen auf einen besonderen Schatz, doch schon bald zeigt sich, dass es um viel mehr geht und dass sie nicht die einzigen sind, die ihn suchen.

Meine Meinung
Bei Raubzug handelt es sich um den Auftakt einer fünfbändigen Reihe. Der Roman ist allerdings in sich abgeschlossen und kann für sich gelesen werden, das Ende deutet allerdings eine Richtung an, in die sich die Reihe möglicherweise entwickeln wird.
Der Einstieg ist mir nicht leicht gefallen. Schon im ersten Kapitel wird der Leser mit einer großen Anzahl Namen bestürmt, und ständige kurze Rückblicke darüber, wie sich Orm in der aktuellen Situation findet, erleichtern den Überblick auch nicht gerade, so dass ich die ersten Seiten mehrmals gelesen habe, bis ich endlich verstanden habe, was passiert und wie der genaue Ablauf ist. Doch nach den ersten paar Seiten war ich richtig in der Geschichte drin und gespannt, wie es wohl weitergeht.
Im Zentrum des Romans steht der Ich-Erzähler Orm, ein unerfahrener Junge der sich im Kreise wilder, kämpferischer Männer beweisen muss. Einige neiden ihn seine Ruhm, den er durch Zufall erworben hat, und machen ihm das Leben schwer, andere werden ihm zu guten Freunden.
Dabei werden die meisten Personen recht oberflächlich beschrieben. Zwar ist dies für eine Ich-Erzählung nicht ungewöhnlich, doch ist es mir hier extrem negativ aufgefallen. Kaum eine Person wird genauer beschrieben, einzig Einar, der Anführer der Eingeschworenen, und Hild, eine finnische Gefangene, erhalten ein wenig Persönlichkeit. Selbst Rurik, Orms Vater, nimmt eher eine unwichtige Nebenrolle ein. Nur wenige der Männer werden zudem überhaupt mit Namen vorgestellt, was wohl daran liegt, dass es immer wieder zu Todesfällen kommt und neue Mitglieder aufgenommen werden und so ein ständiger Wechsel vorhanden ist. Dadurch ist es mir nicht leicht gefallen, überhaupt Sympathien für die Mitglieder dieser Kampftruppe zu entwickeln.
Die Sprache ist einfach und zweckmäßig gehalten, doch verzichtet Robert Low weitestgehend auf Flüche und Beschimpfungen, so dass der Bericht stellenweise nüchtern wirkt. Romantik sucht man hier vergebens, auch wenn sich zwischendurch zarte Gefühle zwischen Orm und Hild zu entwickeln scheinen, dafür nehmen Kämpfe und die Beschreibungen längerer Kriegshandlungen wie eine Belagerung viel Raum ein.
Die Geschichte folgt einer abenteuerlichen Handlung. Was zunächst als einfache Aufgabe erscheint, entwickelt sich nach und nach zu einer schwierigen Mission, deren Ziel sich nach und nach verschiebt. Doch während der Beginn noch recht glaubwürdig ist, wird es im späteren Verlauf immer abstruser und geht sogar in Richtung Fantasy. Dies hatte ich hier nicht erwartet, so dass es mich doch sehr irritiert hat. Dabei spielt der längst verstorbene Hunnenkönig Attila eine größere Rolle.
Neben einer Karte und einem Glossar zu überwiegend nordischen Begriffen runden historische Nachbemerkungen den Roman ab.

Fazit
Ein Reihenauftakt, der eine überraschende Wendung nimmt, die mich nicht ganz überzeugen konnte. Dennoch bin ich neugierig, wie es mit Orm weitergeht, ist doch das Ende gleichzeitig der Anfang einer neuen Ära. Für Leser, die sich für Wikinger und ihre Reisen interessieren, möglicherweise interessant, auch Leser von Bernard Cornwell könnten Gefallen an dieser Reihe finden.

Katia Fox – Der goldene Thron

AutorKatia Fox
TitelDer goldene Thron
SerieEllenweore-Trilogie Band 3
Seitenzahl767
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-16440-0
Bewertung

Achtung: Enthält Spoiler zu Das kupferne Zeichen und Der silberne Falke!

Inhalt
Tancarville, 1162: Als jüngster Sohn seines Vaters hat Guillaume kein Erbe zu erwarten. Die einzige Möglichkeit, ein Lehen zu erhalten, besteht für ihn darin, ein großer, erfolgreicher Ritter zu werden. Und so versucht er schon als Knappe, immer sein Bestes zu geben. Dies missfällt jedoch einigen seiner Kameraden, müssen sie sich an Guillaume messen lassen.
Eine Ablenkung von der Ausbildung bieten Guillaume die Sonntage, die er mit dem Schmiedelehrling Alan mit Schwertkampfübungen verbringt. Doch schon bald macht der junge Knappe eine überraschende Entdeckung, denn Alan ist gar kein Junge. Er beschließt, ihr Spiel mitzuspielen und das Geheimnis zu wahren…

Meine Meinung
Mit Der goldene Thron liegt hier der abschließende Band einer Trilogie vor, der parallel zu den beiden Vorgängern spielt. Während man die Vorgänger aber sehr gut für sich lesen kann, würde ich dies hier nicht empfehlen. Besonders im ersten Drittel werden sehr viele Szenen aufgegriffen, die bereits in Das kupferne Zeichen aus einer anderen Perspektive erzählt wurden, im späteren Verlauf werden es dann etwas weniger bekannte Szenen. Dies führt einerseits zu einigen Aha-Erlebnissen, weil sich manche Situation nun völlig anders darstellt, andererseits aber auch dazu, dass man das Gefühl hat, schon das meiste zu kennen. Dazu kommt, dass diese Szenen zum Teil völlig aus dem Zusammenhang gerissen sind. Diese Ereignisse sind in den anderen Bänden der Reihe wichtig, die auftretenden Personen bekannt, hier wirken sie wie Fremdkörper, weil sie nur kurz erwähnt, aber noch nicht einmal in ihrer Funktion beschrieben werden. Am schlimmsten fand ich jedoch, dass es an einer Stelle zu einer großen Bedrohung kommt, die dann mal eben aus der Welt geschafft wird, während Guillaume nicht anwesend ist. Der Leser erfährt hier überhaupt nicht, was genau diese Bedrohung war, wie sie abgewendet wurde und was mit den Tätern geschehen ist, weil dies alles in Das kupferne Zeichen beschrieben wird. Selbst wenn dieses Buch eine Ergänzung zu den anderen Bänden bildet, so erwarte ich hier trotzdem, eine vollständige Geschichte vorzufinden.
Ein weiteres Problem, das ich mit dieser Erzählweise hatte, war, dass diese doppelten Szenen um Ellen und Guillaumes Sohn William exponiert beschrieben werden, William tritt immer mal wieder in Erscheinung, doch die realen Kinder Guillaumes werden kaum erwähnt, von einigen werden nicht einmal die Namen genannt.
Guillaume le Maréchal, auch als William Marshal bekannt, war einer der bekanntesten Ritter des Mittelalters. Er diente fünf gekrönten Häuptern und war selbst Regent und hat ein für die damalige Zeit nahezu biblisches Alter von über siebzig Jahren erreicht. In dieser Position, immer an der Seite von Königen, hat er ständig über politische Ereignisse auf dem Laufenden sein müssen, immer das Für und Wider einzelner Aktionen abwägen müssen. Einem solchen Mann in einem Roman von gut 760 Seiten gerecht zu werden ist eine große Herausforderung, kommen hier die oben erwähnten Probleme dazu, ist es unmöglich.
Immer wieder werden Jahre übersprungen, was der Darstellung der Charaktere nicht gerade zuträglich ist. Guillaume selbst ist hier immer und ausschließlich der gute, treue Ritter, der nie einen schlechten Gedanken hegt und im Gegensatz zu anderen Beratern nie auf eigenen Vorteil bedacht ist. Er ist einfach zu positiv beschrieben, als dass die Beschreibungen glaubhaft sein könnten. Die meisten Personen auf seinem Lebensweg werden meist sehr oberflächlich beschrieben, selbst Isabelle, Guillaumes spätere Frau, die eine große Rolle in seinem Leben spielt, zeigt nicht viel Persönlichkeit.
Während Katia Fox mit ihren ersten beiden Romanen einen Blick auf die Handwerker und Kaufleute geworfen hat, sollte hier auf die herrschende Klasse, die Könige und die hohen Adeligen geschaut werden. Doch anstatt hier politische Ereignisse im Zusammenhang darzustellen, so dass man sie als Leser einfach nachvollziehen kann, werden sie oftmals oberflächlich und von sonstigen Begebenheiten losgelöst betrachtet. Hier begehrt einer der Söhne des Königs auf, da der nächste, aber warum eigentlich genau oder was dazwischen passiert ist, das wird allerhöchstens am Rande erwähnt. Mal schenkt ein König Guillaume seine Gunst, dann wieder scheint etwas gegen ihn im Gange zu sein, dann plötzlich ist wieder alle in Ordnung, aber warum nun genau, wer dahinter steckt, wer Guillaume warum in Misskredit gebracht hat, das wird nicht klar.
Ausgestattet ist der Roman mit einer kleinen Karte und einem kurzen Nachwort. Ein Personenregister hätte hier bei der großen Anzahl an Personen auf keinen Fall geschadet.

Fazit
Haben mir die ersten beiden Bände der Reihe noch recht gut gefallen und waren sie in sich stimmig, kann ich das von diesem Roman nicht gerade sagen. Wenn man dieses Buch lesen möchte, sollte man zwingend die anderen beiden Bände kennen, da die Erzählung sonst lückenhaft ist, doch auch so bietet Der goldene Thron nur einen groben Abriss über das Leben Guillaume le Maréchals.